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Dritter Abschnitt.

Physiologische Fragmente,

Siebentes Cauitel.

Vegetale Functionen.

(§§ 201—217.)

§ 201. Mechanismus der Functionen. Die Lebenserscheinungen der Radiolarien beruhen sämmt-
lich auf mechanischen Functionen ihres einzelligen Organismus und sind gleich den vitalen Pro-
cessen aller anderen Organismen auf physikalische und chemische Naturgesetze zurückzuführen. Alle
Vorgänge, welche im Leben der Radiolarien zu Tage treten, sind somit schliesslich (im letzten Grunde)
durch Anziehung und Abstossung der kleinsten Theilchen zu erklären, welche die Theile ihres einzelligen
Körpers zusammensetzen; und diesen elementaren Bewegungen der Theilchen liegt wiederum die Em-
pfindung von Lust oder Unlust zu Grunde. Viele zweckmässige Einrichtungen im Organismus der
Radiolarien könnten den Anschein erwecken, dass sie das vorbedachte Product von zweckthätigen
Ursachen {causae finales) seien. Diesem täuschenden Anschein gegenüber soll hier ausdrücklich bemerkt
werden, dass dieselben ganz allgemein als das nothwendige Resultat mechanischer Ursachen (causae
efficientes) mittelst der Entwicklungslehre nachgewiesen werden können.

Die physiologische Erkenntniss der Radiolarien ist bei weitem noch nicht so vorgeschritten wie die morpholo-
gische, so dass die unvollkommenen Mittheilungen darüber, welche ich hier der Vollständigkeit halber folgen lasse, nur
als vorläufige Fragmente, nicht als fertige Resultate angesehen werden dürfen. Da meine neueren Untersuchungen der
Radiolarien zum grössten Theil nur ihre Morphologie betrafen, bin ich im Allgemeinen nicht viel über diejenigen physio-
logischen Anschauungen hinausgekommen, welche ich ausführlich bereits vor 22 Jahren in meiner Monographie entwickelt
hatte (L. N. 33, pg. 127—165). Neuerdings ist die vegetale Physiologie der Radiolarien sehr wesentlich durch den
Nachweis ihrer Symbiose mit den Xanthellen gefördert worden. (§ 205, L. N. 22, 39, 42). Ausserdem hat in neuester
Zeit (1885) Kakl Brandt mehrere wichtige Beiträge zur Physiologie der Polycyttarien geliefert (L. N. 52).

§ 202. Vertheilung der Functionen. Die Vertheilung der Functionen auf die einzelnen Theile
des einzelligen Organismus entspricht bei den Radiolarien zunächst ihrer anatomischen Zusammensetzung,
so dass in physiologischer Beziehung ebenso wie in morphologischer Central-Kapsel und Extracapsulum als
 
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