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Haeckel, Ernst
Die Radiolarien (Rhizopoda radiaria) ; eine Monographie (Band 3): Die Acantharien oder Actipyleen Radiolarien — 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.3110#0013
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I. Der Organismus der Acantharien. 3

Als wesentlichsten Bestandtheil des weichen Körpers unterschied ich die Central-Kapsel, als Grundlage
des Skelets wies ich eine neue organische Substanz, das Acanthin nach.

Richard Hertwig führte in seiner Abhandlung über den „Organismus der Radiolarien" (Lit. Nr. 11)
zuerst den Nachweis, dass derselbe auch bei den Acanthometreae einzellig ist, dass er sich aber von dem
der übrigen Radiolarien durch besondere Bildungs-Verhältnisse des Acanthin-Skelets und des Weich-
körpers unterscheidet, namentlich die eigenthümliche Spaltung des Zellkerns und die Differenzirung der
Pseudopodien. Er unterschied als drei Familien der Acanthometrea I. die Acanthometrida, II. die Diploconida
und IH. die Acanthophradida.

Für die Bezeichnung der ganzen Legion dürfte am passendsten der Name Acantharia beibehalten
werden, welchen ich 1881 vorschlug (Lit. Nr. 12). Den Begriff Acanthometra behalten wir in dem ur-
sprünglichen Sinne von Johannes Müller bei, für die Acantharien ohne Gitterschale, deren Skelet bloss
aus Stachel-Radien besteht. Die zweite Ordnung, bei welcher die Querfortsätze der Stachel-Radien zur
Bildung einer Gitterschale zusammentreten, nennen wir nach Richard Hertwig's Vorgang Acanthophrada.

Verhältniss der Acantharien zu den übrigen Radiolarien. Sämmtliche Acantharien, sowohl die
schalenlosen Acantliometren, als die beschälten Acanthophraden, sind echte Radiolarien, indem ihr Weich-
körper sich aus Central-Kapsel und Calymma (oder Gallerthülle der ersteren) zusammensetzt. Auch
pflanzen sie sich durch Geissel-Sporen fort, die in der Central-Kapsel entstehen, ebenso wie die übrigen
Radiolarien. Sie unterscheiden sich aber von den drei übrigen Legionen dieser Classe durch folgende
bestimmte und beständige Merkmale: 1. Das Skelet besteht nicht aus Kieselerde oder aus einem organi-
schen Silicat, sondern aus Acanthin, einer eigenthünalichen organischen Substanz. 2. Das Skelet ist stets
centrogen, ursprünglich aus soliden Radial-Stacheln zusammengesetzt, welche im Mittelpunkte der Central-
Kapsel zusammentreffen. 3. Der Nucleus der Central-Kapsel liegt daher von Anfang an excentrisch und
zerfällt frühzeitig durch einen eigenthümlichen Knospungs-Process in zahlreiche kleine Kerne, aus denen
später durch wiederholte Theilung die Kerne der Geissel-Sporen entstehen. 4. Die einfache Membran
der Central-Kapsel besitzt keine grosse Hauptöffnung (Osculum) wie bei den Phaeodarien und Nasseilarien,
sondern sie ist von sehr zahlreichen und feinen Poren durchbrochen; diese sind aber nicht gleichmässig
überall vertheilt (wie bei den Spumellarien), sondern in bestimmte Gruppen regelmässig geordnet.

Unter den übrigen Rhizopoden sind die Heliozoen den Acantharien am nächsten verwandt. Denkt
man sich die Axenstäbe in den starren Pseudopodien unseres gewöhnlichen Actinosphaerium erhärtet (und
in Acanthin verwandelt), und eine poröse Membran zwischen der kernhaltigen Marksubstanz und der va-
cuolisirten Rindensubstanz seines einzelligen Körpers abgelagert, so entsteht die einfachste Form der Acan-
tharien, Adinelius. Anderseits kann man aber diese letztere auch von Adissa, der einfachsten Spumellarien-
Form, dadurch ableiten, dass deren radiale Pseudopodien sich zum Theil in feste Acanthin-Nadeln verwandeln.

Individualität. Der Körper sämmtlicher Acantharien besitzt zeitlebens den morphologischen Werth
einer einzigen Zelle. In seiner Jugend ist dieser einzellige Organismus stets einkernig, im reifen
Alter vielkernig. Der Uebergang aus dem einkernigen in den vielkernigen Zustand erfolgt bei den
meisten Acantharien frühzeitig (praecocin), hingegen bei anderen erst spät (serotin).

Malacom und Skelet. Die anatomische Analyse lässt am einzelligen Organismus der Acantharien

zunächst allgemein zwei wesentlich verschiedene Bestandtheile unterscheiden, den Weichkörper oder das

Malacom, und das feste Gerüst oder Skelet. Obwohl das letztere erst ein secundäres Product des ersteren

ist, erscheinen doch beide anatomisch scharf getrennt. Das Malacom besteht, wie bei allen übrigen Ra-
it*
 
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