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Haeckel, Ernst
Die Radiolarien (Rhizopoda radiaria) ; eine Monographie (Band 3): Die Acantharien oder Actipyleen Radiolarien — 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.3110#0015
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I. Ber Organismus der Acantharien. 5

daher Holotrypasta oder Porulosa, ohne Osculum und Operculum, und stimmen in dem Mangel einer solchen

Hauptöffnung mit den Peripyleen überein; sie unterscheiden sich aber von diesen letzteren wesentlich

dadurch, dass ihre Poren-Canäle viel weniger zahlreich, durch weite porenlose Zwischenräume getrennt

und in bestimmte Gruppen, Linien oder Felder regelmässig geordnet sind. Bei den Peripyleen hingegen

sind die Poren-Canäle weit zahlreicher, haben gleichen Abstand und sind gleichmässig über die ganze

Oberfläche der Central-Kapsel vertheilt.

Die Central-Kapsel der Acantharien wurde in den bisherigen Darstellungen der Radiolarien allgemein mit der-
jenigen der Spümellaeien zusammengefasst und keine wesentliche Verschiedenheit der beiden Porulosen-Legionen in dieser
Beziehung angenommen. Auch Hertwig, welcher (1879) zuerst die abweichenden Structur-Verhältnisse der Osculosen
(Nassellarien und Phaeodarien) entdeckte, erkennt in der Kapsel-Structur der Peripyleen und Actipyleen (seiner
„Acanthometreen") keinen Unterschied und nimmt an, dass in beiden Legionen „feinste Poren in grosser Menge gleich-
mässig über die Kapsel-Membran vertheilt sind" (1. c. p. 106). Ich habe mich jedoch durch genaue vergleichende Un-
tersuchung zahlreicher Acantharien in den letzten Jahren überzeugt, dass auch in dieser wichtigen Beziehung die
Acantharien von den Spumellarien wesentlich verschieden sind (vielleicht mit einziger Ausnahme der primitiven,
Actissa sehr nahe stehenden AstrolopMden). Die Zahl der Membran-Poren ist bei den Actipylea allgemein viel geringer
als bei den Peripylea und sie sind regelmässig gruppenweise geordnet.

Nucleus. Der Zellkern der Acantharien zeichnet sich durch sehr eigenthümliche Verhältnisse
der Lagerung, Bildung und Spaltung aus, namentlich durch besondere Formen lappenartiger Knospung,
welche zu den characteristischen Eigenschaften dieser selbständigen Legion gehören und hei anderen
Radiolarien nicht wiederkehren. Die Lage des Nucleus ist schon bei den jungen einkernigen Acantharien
stets excentrisch, da die centrogene Skeletbildung, die constante Entstehung der ersten radialen
Skelettheile im Mittelpunkte der Central-Kapsel, den ursprünglich centralen Kern auf die Seite drängt.
Die Mehrzahl der Acantharien ist praecocin, wie die meisten Polycyttarien, indem der primäre Nucleus
schon frühzeitig in viele kleine Kerne sich spaltet.A) Indessen erleidet diese Regel viele Ausnahmen
bei Acantharien verschiedener Familien, z. B. Stauracantha, Xiphacantha, Phatnacantha und Pristacantha unter
den Acanthometren, Stauraspis, Echinaspis, Dodecaspis, und Phalnaspis unter den Acanthophracten. Hier
bleibt der primäre einfache Kern als ein excentrischer, ellipsoider oder unregelmässig rundlicher Körper
auch bei der ausgebildeten Form lange bestehen und zerfällt erst spät (vielleicht erst kurz vor der
Sporenbildung) durch Spaltung in viele kleine Kerne. Da diese serotine Kernspaltung bei einzelnen
Arten von sehr verschiedenen Gruppen sich findet, muss erst durch weitere Untersuchungen festgestellt
werden, wie weit sie bei den Acantharien verbreitet, und von welchen Umständen sie abhängig ist.B)
Die Mehrzahl dieser Legion scheint praecocine Kernspaltung zu besitzen und frühzeitig durch einen
eigenthümlichen Sprossungs - Process viele kleine Kerne zu bilden; bei den meisten ausgewachsenen
Acantharien liegen dieselben in einer oder zwei Schichten unter der Oberfläche der Central-Kapsel;
wächst ihre Zahl noch bedeutend, so füllt sich fast der ganze Raum der Kapsel zwischen den Stacheln
mit kleinen Kernen an; diese sind bald homogen, bald bläschenförmig, von 0,002—0,012 mm Durch-
messer; gewöhnlich kugelig und mit einem kleinen Nucleolus versehen.0)

A) Die zahlreichen Kerne, welche in der Central-Kapsel der meisten reifen Acantharien sich finden, sind zuerst
in meiner Monogr. 1862 beschrieben und abgebildet worden, als „kugelige, wasserhelle, mit kleinen dunkeln Körnchen
versehene Bläschen" (Lit. Nr. 6, p. 374, Taf. XV, Fig. 2, 5; Taf. XVI, Fig. 2, 4; Taf. XXI, Fig. 7 etc.). Ihre nähere
Beschaffenheit und eigenthümliche Entstehung sind zuerst von R. Hertwig genau dargestellt worden (Lit. Nr. 11,
1879, p. 11—24, Taf. I—III).

B) Die Thatsache, dass bei einer Anzahl von Acantharien der Nucleus sich nicht sehr frühzeitig (wie bei der
Mehrzahl dieser Legion), sondern erst sehr spät in viele kleine Kerne spaltet, ist zuerst von R. Hertwig bei einer Acan-
thometren-Art (Xiphacantha serrata) und bei einer Acanthophracten-Art (Phatnaspis Mülleri = Raliommatidium Mülleri)
beobachtet worden (1. c. p. 11 und p. 27). Indessen scheint diese serotine Kernspaltung bei Acantharien beider Ord-
 
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