I. Der Organismus der Acantharien.
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gegeben hatte), sondern auch in Lösungen von kohlensaurem Natron (1 Proc.) und sogar von Kochsalz
(10—20 Proc); er schliesst daraus, dass dieselben aus einer Eiweiss-Substanz (Vitellin) bestehen (L.N. 17,
p. 400). Ich kann diese Ansicht nicht theilen, da ich bei allen genauer untersuchten Acanthin-Skeleten
einen Theil der wichtigsten Eiweiss-Pieactionen vermisse, z. B. die Xanthoprotein-Reaction, die Rothfärbung
durch Millon's Reagens u. s. w. Dieselben werden weder durch Salpetersäure noch durch Jod gelb ge-
färbt. In verdünnter Mineralsäure lösen sie sich rascher als in concentrirter. Meine gewöhnliche Methode,
die Acanthinskelete der Acantharien rein darzustellen (an Tausenden von Präparaten stets mit demselben
Erfolge erprobt), besteht darin, dass ich das Präparat in einem Tropfen concentrirter Schwefelsäure er-
hitze und dann ein Tröpfchen rauchender Salpetersäure zusetze ; alle anderen Bestandtheile (die gesammte
Central-Kapsel sowohl als das Calymma) werden dadurch in kürzester Zeit zerstört und gelöst; das
Skelet bleibt vollkommen rein zurück und widersteht der vereinigten Einwirkung der Mineral-Säuren
noch längere oder kürzere Zeit; bei fortgesetztem Erhitzen wird es zuletzt ebenfalls vollständig gelöst.
Ich halte daher das Acanthin nicht für eine Albumin-Substanz, sondern für eine dem Chitin verwandte
Skelet-Substanz.
Zahl und Anordnung der Radial-Stacheln. Bei der grossen Mehrzahl der Acantharien, min-
destens bei 95 Procent der beschriebenen Arten, besteht das Skelet ganz constant aus 20 Radial-Stacheln.
Diese sind nach einem eigenthümlichen, von Johannes Müller zuerst entdeckten geometrischen Gesetze
vertheilt, welches ich ihm zu Ehren „Müller's Gesetz von der Stellung der Stacheln" genannt hatte
(1862, Monogr., pagg. 40—45, 371, 372). Alle Acantharien, welche diesem MüLLER'schen Gesetze unter-
worfen sind (— die beiden Ordnungen der Acanthoniden und Acanthophracten —) kann man als Icosa-
cantha zusammenfassen, im Gegensatze zu den Adelacantha, bei welchen die Zahl der Radial-Stacheln mehr
oder weniger als 20 beträgt; zu diesen letzteren (bei welchen auch die Stellung der Stacheln meistens
unregelmässig ist) gehört nur die kleine Gruppe der Actineliden.
Icosacanthen-Gesetz. Im ersten Theile meiner Monogr. (1862, p. 40) hatte ich dem „MüLLER'schen
Stellungs-Gesetze" folgende Fassung gegeben: „Zwischen 2 stachellosen Polen stehen 5 Gürtel von je
4 radialen Stacheln; die 4 Stacheln jedes Gürtels sind gleichweit von einander und auch gleichweit von
demselben Pole entfernt, und alterniren so mit denen der beiden benachbarten Gürtel, dass alle 20 zu-
sammen in 4 Meridian-Ebenen liegen"; letztere schneiden sich unter Winkeln von 45°. Für das klare
Verständniss dieses merkwürdigen, durch constante Vererbung auf alle Icosacanthen übertragenen „Müller-
schen Stellungsgesetzes" ist es sehr vortheilhaft, an dem Bilde des Erd-Globus mit seinen Axen und
Polen festzuhalten. Der Hauptaxe des Globus entspricht die stachellose Axe der Icosacanthen, um welche
herum die 20 Stacheln gesetzmässig gruppirt sind. Diese Axe steht senkrecht auf der Aequatorial-Ebene
des Globus, in welcher die 4 Stacheln des mittleren Gürtels liegen, und zwar paarweise gegenständig,
in 2 auf einander senkrechten Axen. Oft sind diese 4 Aequatorial-Stacheln grösser und von anderer
Form als die 16 übrigen Stacheln.
Durch die Aequatorial-Ebene wird der Globus in eine nördliche und eine südliche Halbkugel ge-
theilt; in jeder Hemisphäre liegen 8 Stacheln; ihre Spitzen fallen in 2 Parallelkreise, von denen der
grössere ungefähr dem Tropen-Kreise, der kleinere dem Polar-Kreise entspricht. Demgemäss nennen wir
die 4 Stacheln des grösseren Kreises Tropen-Stacheln und die 4 Stacheln des kleineren Kreises Polar-
Stacheln. Die 8 Polar-Stacheln liegen in denselben beiden, auf einander senkrechten (perradialen) Meri-
dian-Ebenen, wie die 4 aequatorialen ; dagegen liegen die 8 Tropen-Stacheln in 2 anderen auf einander
senkrechten (interradialen) Meridian-Ebenen, welche die ersteren unter Winkeln von 45° schneiden.
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gegeben hatte), sondern auch in Lösungen von kohlensaurem Natron (1 Proc.) und sogar von Kochsalz
(10—20 Proc); er schliesst daraus, dass dieselben aus einer Eiweiss-Substanz (Vitellin) bestehen (L.N. 17,
p. 400). Ich kann diese Ansicht nicht theilen, da ich bei allen genauer untersuchten Acanthin-Skeleten
einen Theil der wichtigsten Eiweiss-Pieactionen vermisse, z. B. die Xanthoprotein-Reaction, die Rothfärbung
durch Millon's Reagens u. s. w. Dieselben werden weder durch Salpetersäure noch durch Jod gelb ge-
färbt. In verdünnter Mineralsäure lösen sie sich rascher als in concentrirter. Meine gewöhnliche Methode,
die Acanthinskelete der Acantharien rein darzustellen (an Tausenden von Präparaten stets mit demselben
Erfolge erprobt), besteht darin, dass ich das Präparat in einem Tropfen concentrirter Schwefelsäure er-
hitze und dann ein Tröpfchen rauchender Salpetersäure zusetze ; alle anderen Bestandtheile (die gesammte
Central-Kapsel sowohl als das Calymma) werden dadurch in kürzester Zeit zerstört und gelöst; das
Skelet bleibt vollkommen rein zurück und widersteht der vereinigten Einwirkung der Mineral-Säuren
noch längere oder kürzere Zeit; bei fortgesetztem Erhitzen wird es zuletzt ebenfalls vollständig gelöst.
Ich halte daher das Acanthin nicht für eine Albumin-Substanz, sondern für eine dem Chitin verwandte
Skelet-Substanz.
Zahl und Anordnung der Radial-Stacheln. Bei der grossen Mehrzahl der Acantharien, min-
destens bei 95 Procent der beschriebenen Arten, besteht das Skelet ganz constant aus 20 Radial-Stacheln.
Diese sind nach einem eigenthümlichen, von Johannes Müller zuerst entdeckten geometrischen Gesetze
vertheilt, welches ich ihm zu Ehren „Müller's Gesetz von der Stellung der Stacheln" genannt hatte
(1862, Monogr., pagg. 40—45, 371, 372). Alle Acantharien, welche diesem MüLLER'schen Gesetze unter-
worfen sind (— die beiden Ordnungen der Acanthoniden und Acanthophracten —) kann man als Icosa-
cantha zusammenfassen, im Gegensatze zu den Adelacantha, bei welchen die Zahl der Radial-Stacheln mehr
oder weniger als 20 beträgt; zu diesen letzteren (bei welchen auch die Stellung der Stacheln meistens
unregelmässig ist) gehört nur die kleine Gruppe der Actineliden.
Icosacanthen-Gesetz. Im ersten Theile meiner Monogr. (1862, p. 40) hatte ich dem „MüLLER'schen
Stellungs-Gesetze" folgende Fassung gegeben: „Zwischen 2 stachellosen Polen stehen 5 Gürtel von je
4 radialen Stacheln; die 4 Stacheln jedes Gürtels sind gleichweit von einander und auch gleichweit von
demselben Pole entfernt, und alterniren so mit denen der beiden benachbarten Gürtel, dass alle 20 zu-
sammen in 4 Meridian-Ebenen liegen"; letztere schneiden sich unter Winkeln von 45°. Für das klare
Verständniss dieses merkwürdigen, durch constante Vererbung auf alle Icosacanthen übertragenen „Müller-
schen Stellungsgesetzes" ist es sehr vortheilhaft, an dem Bilde des Erd-Globus mit seinen Axen und
Polen festzuhalten. Der Hauptaxe des Globus entspricht die stachellose Axe der Icosacanthen, um welche
herum die 20 Stacheln gesetzmässig gruppirt sind. Diese Axe steht senkrecht auf der Aequatorial-Ebene
des Globus, in welcher die 4 Stacheln des mittleren Gürtels liegen, und zwar paarweise gegenständig,
in 2 auf einander senkrechten Axen. Oft sind diese 4 Aequatorial-Stacheln grösser und von anderer
Form als die 16 übrigen Stacheln.
Durch die Aequatorial-Ebene wird der Globus in eine nördliche und eine südliche Halbkugel ge-
theilt; in jeder Hemisphäre liegen 8 Stacheln; ihre Spitzen fallen in 2 Parallelkreise, von denen der
grössere ungefähr dem Tropen-Kreise, der kleinere dem Polar-Kreise entspricht. Demgemäss nennen wir
die 4 Stacheln des grösseren Kreises Tropen-Stacheln und die 4 Stacheln des kleineren Kreises Polar-
Stacheln. Die 8 Polar-Stacheln liegen in denselben beiden, auf einander senkrechten (perradialen) Meri-
dian-Ebenen, wie die 4 aequatorialen ; dagegen liegen die 8 Tropen-Stacheln in 2 anderen auf einander
senkrechten (interradialen) Meridian-Ebenen, welche die ersteren unter Winkeln von 45° schneiden.
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