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2. DIE ENTWICKLUNG DES LANDSCHAFTS.

GARTENS

Es ist dargelegt worden, daß die Gartenkunst eine Ausnahmestellung gegen-
über anderen künstlerischen Fächern einnimmt. Das macht es notwendig,
eine methodische Frage aufzuwerfen, die für die übrigen Kunstzweige als ge-
löst angesehen zu werden pflegt: wieweit die Gartenkunst historisch faßbar sei,
und welcher der beiden Gartentypen die zuverlässigeren historischen Merk-
male an sich trage. Weiter fragt es sich, ob der Wandel vom formalen Garten
zum Landschaftsgarten entwicklungsgeschichtlich erfaßt werden könne als
eine interne Wandlung von Form zu Form, wie sie in typischer Weise auf
dem Wege von der Renaissance zum Barock beobachtet wird. Und drittens
legt die Eigenart des Landschaftsgartens uns die Frage nahe, ob innerhalb
seines etwa zweihundertjährigen Bestehens eine logische Weiterentwicklung
stattgefunden habe und somit eine periodische Einteilung in mehrere Stil-
phasen vorgenommen werden dürfe.

Das eine steht fest, daß die historische Faßbarkeit gärtnerischer Kunstwerke
als bedingt anzusehen ist. Wir haben diese Tatsache bereits verknüpft mit
der geringen Stabilität der Denkmäler. Gärten sind dem Wandel alles Natür-
lichen unterworfen, und was sie von Lebendigkeit in sich aufnehmen, sucht
sich der Historie zu entziehen. Verhältnismäßig stabil verhalten sich im Gar-
tenbereich der Grundriß, die Bodengestaltung, Architektur, Staffage, alles
Steinerne im Garten. An diese Elemente hat man daher in der Regel die Ge-
schichte der Gartenkunst anzugliedern gesucht, und soweit sie die typischen
Inhalte des formalen Gartens ausmachen, überliefert dieser vielleicht die histo-
rischen Züge treuer, obwohl das natürliche Wachstum gegen das ursprüng-
liche historische Bild gerichtet ist. Der Landschaf tsgarten dagegen istin höherem
Grade dem Naturablauf unterworfen. Je mehr der künstlerische Schwerpunkt
in die Vegetation verlegt wird, desto mehr leidet die historische Erfassung unter
der Unstabilität des Pflanzenwuchses. Dafür wird das Anwachsen des Gar-
tens, dem durch botanische Erfahrung vorausgedacht werden kann, nicht not-
wendig eine Fälschung der ursprünglichen künstlerischen Absicht mit sich
bringen. Im Gegenteil. Durch das Wachstum verbessert sich die Vedute und

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