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erfolgen sollte und die in der Hauptsache auch für die spätere landschaft-
liche Erweiterung das formale Ordnungsprinzip abgegeben haben: Denn darin
liegt das Merkwürdige der Schwetzinger Gartenschöpfung, daß die landschaft-
lichen Teile sich als Gürtelzone um den formalen Kern herumlegen. Daß also
nichts natürlich Gegebenes den Zusammenhang der Formen bestimmte, wie
Brown das gefordert hatte, sondern eine ähnliche Situation vorliegt, wie wenn
ein regulärer Stadtbezirk von Gürtelanlagen umgeben wird. Praktisch ist dieser
Fall später in Mannheim eingetreten (vgl. unten S. 175ff.). Wenn man sich in
doktrinärer Weise den formalen und den natürlichen Gartenstil als ausschlie-
ßende Prinzipien vorstellen wollte, müßte aus Schwetzingen ein unerfreulicher
Kompromiß geworden sein. Der tatsächliche Ausfall lehrt aber, daß die bei-
den Stile sich gegebenenfalls zur künstlerischen Einheit sehr wohl verbinden
lassen. Sckell hat sich frühzeitig daran gewöhnt, mit der Größe der barocken
Richtlinien zu rechnen. Theoretisch hat er sie als Sinnbild der souveränen Herr-
schaftlichkeit keineswegs verworfen. In Nymphenburg, wo die Aufgabe der
Umarbeitung und die Austeilung der Pointen merkwürdig ähnlich lagen, ist
seinem klassischen Stil späterhin das reiche Lebensgefühl der barocken An-
lage als eigentümlicher Wert zugeflossen. In den Stadtanlagen des Klassizis-
mus beobachtet man das gleiche, daß man die barocken Alignements beibe-
hält und ihre Monumentalität im Sinne der modernen Verkehrsnotwendig-
keiten ausgestaltet.

Die Wahl Schwetzingens als Sommerresidenz mag einigermaßen befremden
wegen der Reizlosigkeit und Unfruchtbarkeit des Geländes. Sie entspricht dem
Geschmack des Spätbarock an der unbedingten Ebene und reicht in unserem
Fall in eine Zeit zurück, die das Verkehrsmoment, die mittlere Lage zwischen
Heidelberg und Mannheim, und die Ausnutzung des gegebenen Jagdgeländes
als übergeordnete Gesichtspunkte gelten ließ. Für eine Anlage im französischen
Stil war der Platz schließlich nicht ungeeignet. Der älteste Plan, den wir ken-
nen, wird im Gärtenamt der Krongutsverwaltung in München aufbewahrt.
Er zeugt davon, daß man auf die vollständigste ornamentale Durchdringung
des Geländes hingearbeitet hat, möglicherweise nicht völlig unbeeinflußt von
holländischen Gartenformationen. Höchstwahrscheinlich ist der besprochene
Plan identisch mit dem vom Kurfürsten Karl Theodor im Jahre 1753 geneh-
migten Entwurf des Oberhof gärtners Petri. Spätere Pläne beweisen, daß dieser
erste Entwurf im wesentlichen zur Ausführung gelangt ist1).

!) Man vergleiche als zweites Stadium den Grundriß in Jardins anglo-chinois, 2. cahier
Nr. 19; abgebildet bei M. L. Gothein, Geschichte der Gartenkunst, 1. Aufl., II, Nr. 508. —
Ein weiterer Plan im Gärtenamt München, bereits mit Einzeichnung der landschaftlichen
Partien; vgl. unsere Abbildung S. 125.

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