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Hartlaub, Gustav Friedrich; Gogh, Vincent van [Ill.]
Vincent van Gogh: Rohrfederzeichnungen — Hamburg, 1948

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https://doi.org/10.11588/diglit.17238#0028
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mehr kontinuierliche Entwicklung. An den Zeichnungen erkennt
man, daß er sich —wie es ja auch oft in den Briefen heißt—in der
Provence gar nicht so weit von der Heimat entfernt fühlte, trot}-
dem hier das Dunkle und Schattige ins Strahlend-Starkfarbige
und Schattenlose umgestülpt erschien. So manche Motive — etwa
die in die Tiefe fliehenden Alleen, mit denen der Zeichner weit
mehr ausdrückt, als bloße Perspektivstudien beabsichtigen können,
oder die im Gelände verlorenen, schwer über die Ertle gebeugten
Bauernfiguren in ihren grobstilisierten Umrissen — sind uns
schon in Brabant begegnet und kehren jetjt unter einem ver-
änderten Himmel wieder. In gewisser Weise scheint es so, als
setjten die Zeichnungen'in Südfrankreich, wenn auch auf anderer
Ebene, die von Holland fort. Die Pariser Übergangszeit, der Um-
gang mit den Impressionisten und „Pointillisten", welcher fin-
den Maler so entscheidend werden sollte, spielt in der chrono-
logischen Folge der Zeichnungen eine geringere Rolle.

IV .

Wir haben daran erinnert, daß der graphische Ausdruck den
ä 11 e r e n Zweig von Vincents Schaffen darstellt. In gewisser
Weise steht Vincents Malweise selber der graphischen Art nahe.
Er selber hat gelegentlich den Ausdruck „Farbzeichnungen" ge-
braucht. In der Tat spielt bei van Gogh, sehr anders als bei den
Impressionisten oder auch bei einem Cezanne, das Gerüst der
Umrisse eine große Rolle: die einheitlich starken Farbflächen, die
er nebeneinandersetjt, werden bei ihm von farbigen Konturen
eingefaßt, welche zusammen die Komposition des Bildes aus-
machen. Charakteristisch ist, daß der Maler gern die Sonne,
welche man in Wirklichkeit am hellichten Tage nicht ohne Blen-
dung sehen kann und die bei den Pleinairisten natürlich immer
nur in ihren Wirkungen als Freilicht und farbiger Schatten im
Medium der Atmosphäre vorkommt, selber wiedergibt: als un-

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