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Hartlaub, Gustav Friedrich; Gogh, Vincent van [Ill.]
Vincent van Gogh: Rohrfederzeichnungen — Hamburg, 1948

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https://doi.org/10.11588/diglit.17238#0030
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einzelnen Flächen durch verschiedene Systeme und Formen von
Federstrichen abwechslungsreich zu „mustern" — regelmäßige
Gruppen von- Punkten und linearen Elementen, wie Wellen und
Wirbel, auf dem hellen Untergrunde auszustreuen und dadurch
das hervorzuzaubern, was wir Äquivalente der farbigen Buntheit
genannt haben. Das ist kein Zeichnen in der alten Art, kein
„Weglassen", kein Aussparen des Grundes. Reines Schwarz in
geschlossener, gedeckter Fläche spricht wenig zu uns — dies der
große Unterschied der zeichnerischen Wirkungen Vincents auch
zum Schwarzweißkontrast unserer modernenKünstlerholzschnitte.
Neben ausgespartem Weiß, welches, wenn es eng von schwarzen
Akzenten umgeben ist, durch den Kontrast heller wirkt, als wenn
es sich ausbreiten kann, gibt es nur verschiedene Gradationen des
Schwarz, vor allem aber jene verschieden gemusterten Flächen —■
entsprechend der gleichmäßigen Wiederholung gleichförmiger
Pinselstriche innerhalb bestimmter Felder der Gemälde.
Auf diese Weise hat es Vincent zuwege gebracht, daß seine aus-
geführten, in ihrer Weise selbständigen Zeichnungen keine Farbe
mehr brauchen, nicht nach „Kolorierung" verlangen, weil sie ihre
eigene innere „Farbigkeit" besitjen. Van Gogh hat sich auf
seine Weise ein so ausreichendes und vollgültiges Ausdrucks-
mittel geschaffen, daß es möglich wäre, eine im Grunde richtige
Vorstellung von seiner Kunst zu gewinnen, auch wenn es über-
haupt nur sie und keine Ölbilder gäbe.

V

Die von uns abgebildeten Blätter sind alle in Südfrankreich
zwischen März 1888 und Mai 1889 entstanden. Wir versuchen es,
ihnen ihre besonderen Werte, das also, womit sie für van Goghs
allgemeinen Kunstcharakter exemplarisch sind, ein wenig „ab-
zufragen". •

Zuerst die beiden Bildnisse (Nr. I und II). Der Postmeister

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