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N: 199.

Mittwoch, 25. Auguſt




durch die Poſt


2 7 2



Rundſchau.

&® Heidelberg, 23. Auguſt. Im Vor-
dergrund der deutlchen Angelegenheiten ſteht
immer noch die Zoll- und Handelsfrage,
Ob die Conferenzen in Berlin bereits er-
öffnet ſind, wiffen wir heute noch nicht.
Inzwiſchen ergehen ſich wieder mehrere Zei-
fungen in den widerſprechendſten Vermu-
huͤngen! Waͤhrend Stuttgarter und Münch-
ner Blätter ſich mit Zuverſicht für Wah-
rung des Zollvereins ausſprechen meldet
die / Mittelrheiniſche Zeitung“ abs „ſicherer
Duelie“, daß in der erſten Sitzung der
Conferenzen die preußiſche Regierung alle
weitern Verhandlungen mit den Regterun-
gen, welche die in ihrer Erklärung vom
20, v. M. aufgeſtellten beiden präjudiciellen
Punkte nicht unbedingt zugeſtehen wollen,
für abgebrochen erklären werde. Auch der
Correſpondent der „ Franff, Poßzeitung “
hält die RNeconftituirung Des Zollvereins
unier den jetzigen Unſtänden fuͤr ſehr unz-
wahrſcheinlich. Dies ſind xatürlich nur Ge-
rücte, und die nächſten Tage werden zel-
gen, ob ſie Glauben verdienen. Voxlauftg
iſt noch kein Grund vorhanden, ſie fuͤr
mehr alg leere Exfindungen zu halten.
Unfere Anſicht haben wir im Leitartikel der
Sonntagsnummer des Journals bereits
ausgeſprochen, und ſo viel wır heut direct
erfahren, ſoll man in Berlin der von den
Coalifirten in Stuttgart abgefaßten Note
eine Antwort entgegen ftellen wollen, Ddie
eine völlige Verſlaͤndigung ermöglicht. Letz-
teres erſcheint uns immer noch als das
Glaubwuͤrdigere, weil es den Drang der
Umſtäͤnde für ſich hat.

Während der Vertagung der hohen Bun-
desverſammlung beforgt der Bundesaus-
ſchuß die laufenden Geſchäfte, ſo daß die
Bundesferien keinerlei Berzögerung drän-
gender Angelegenheiten perurſachen können.

Ein für Baden hochwichtiges und er-
freuliches Ereigniß iſt der Abfchluß eines
Eifenbahnvertrags mit der Schweiz, dem
wir nächſtens einen ausführlichen Bericht
widmen wollen.

In Holſtein tritt mit dem bereiis be-
gonnenen Einmarſch däniſcher Truppen an
die Stelle des deutſchen wieder das däniſche
Commande.
Durch die Wiederübernahme des Mini-
ſteriums von Seiten des Herrn von der
Pfordten ſind alle Gerüchte von einem be-
vorſtehenden Miniſterwechſel in Bayern
und der vielſeitig (von uns nicht) hieran
geknüpften Modification des kirchtichen Re-
Iime wentgflens fuͤr die nächſte Zeit that-
ſächlich widerlegt.

‚ 3n allen Gegenden unſers Vaterlandes
entfaltet ſich wieder mehr, als in den letz-
ten Jahren woͤßlich war, das den Deutichen
eigenthümllche und vom Auslaud mit Recht
als ein beſonderer Vorzug hoch geprieſene
geiſtige und wiſſenſchaftliche Leben. So
Datten wir z B. erſt neulich aus Stockaͤch
voͤn der Verſammluͤng des Vereing bad,
Aerzte zur För derung der Staars-
Arzneifunde, und aus Kaͤrlsruhe von
Wichtigen Beiirägen zur füddeutſchen
Gefchichtetenſtniß zu berichten, Yuc



außerhalb Baden herrſcht in dieſer Bezieh-
ung eine erfreuliche Regſamkeit, das be-
weiſen 3, B. die fo eben ın Dresden unter
dem Vorſitz Sr. Königl. Hoh. des Prinzen
Johann tagenden deutſchen Alterthums-
forfder, die neulıch im Thüring'ſchen
abgehaltene Schullehrerverſammlung,
und mehrere ähnliche Zufammenfünfte , 10
wie die allgemeine Theilnahme, die ſich
von Seiten des Publikums den Gelehrten-
und Sprachforſchungen, 3, B. dem Grimm-

der traurigen Erregbaͤrkeit in confeſſto-
nellen und kirchtichen Dingen noch
kein Ende abzufehen, und ein vernünftiger
Redacteur duͤrfte bald mit dem . greien
Apoſtel Johannes an der Spitze jeder
Nummer ſeines Blattes predigen! Seid
verträglich! Das zweite ©ebot des Herrn
iſt dem erſten gleich! Kindlein liebet ein-
ander!“

Auch der Napſt und die fardiniſche

für Annahme des franzöſiſchen Ehegeſetzes
ausgeſprochen hat, einer Verſöhnung ferner
als je zu fein. Inzwiſchen geht es mit der
Organiſation des päpſtlichen Heeres nicht
vorwärts und das Berbleiben fremder Trup-
pen im Kürchenſtaat ſcheint auch für die
Zukunft eine Nothwendigkeit bleiben zu
wollen.

Bon der immer feſter werdenden Haltung
der franzöſiſchen NMegierung, dem zur
Verſoͤhnung hianeigenden SifHeresen-Conflict
zwiſchen England und den vereintg-
ten Staaten, der vorläuftg bewältigten
lirchlich⸗politiſchen Emeute in Griechen-
land; den Haͤndelsvertrags Unterhandlun-
gen zwiſchen Frankreich und Holland,
der mißlichen Stellung unſrer Glaubens-
brüder ın der Türket und den wichtigen
Vorgaͤngen in Buenos Ayres haven
wir in der Tagsgeſchichte bereits Bericht
erſtattet. In den übrigen Stagten geht für/
den Augendlick wenig vor/ was uuſere Leſer
beſonders intereſſiren könnte.

Deutſchland.
Karlsruhe, 22. Auguſt. Dem Verneh-
men nach wird Se, E Hoheit der Negent
ſich demnächſt nach Oeſtexreich begeben, um
wie die Schw. Kr. berichtet, den dortigen
großen Militärmanövernanzuwohnen, Ueber
die Zeit der Abreiſe iſt etwas Beſtimmtes
zur Zeit noch nicht bekannt.
SHeidelberg, 23. Aus! Aus Helgo-
fand erhalten mir die Trauerkunde vom
Tod des durch ſeine Wetterprephezeihungen
allbekannten Profeſſor Stieffel &r wurde
vom Schlag getroffen und die Aeroͤte geben
einen orgahiſchen Herzfehler als Urlache
ſeines Todes an ı4n
Mannheini, 22. Aug. (B. L.) Einen
Beweis ſolider Bauart der Gegenwart ha-
ben wir geſtern in Ludwigshafen erlebt.
Dort ſtürzie das Haus, welches ein Ein-
wohner der neuen Haͤfenſtadt vor Mo-
naten zun4 Stockwerken hatte errichten laſ-
ſen, mitegroßem Gekrache in ſich felbſt zu-
ſammen. Glücklicherweiſe wurde niemand
bei dem Ungtücke beſchädigt, als der Be-

ſitzer, der, wenn ihm nicht Entſchädigung
wird, empfindlichen Verluſt erleiden wird.

Aus Mannuheim, 19. Auguſt, berichtet
die Schw. K, König Ludwig von Bayern
beſuchte geſtern wieder unſere Stadt von
Ludwigshafen aus, deſſen Aufblühen ihm
noch ebenſo ſehr am Herzen ‚ Itegt, als in
den Tagen, da er als Monarch dieſe mer-
kantiliſche Schöpfung hervorrief, die dank-
bar ſeinen Namen trägt! Ueberhaupt ſind
unſere Pfälzer Nachbarn fehr befliffen, dem
alten Könige überall ihre beſondere Vereh-
rung an den Tag zu legen und den Auf-
enthalt im ſchönen Rheingau ſo angenehm
alg möglich zu machen! Geſtern widmete
er längere Zeit dem Beſuche der Säle im
großherzl. Schloſſe, in denen die rheiniſche
Kunfausftelung und die ſtändige Bilder-
gallerie ihren Platz haben. Unter der Füh-
rung des Galleriedireetors Weller, den der
kunſtliebende Fürſt in Scherz und Ernſt an
manche Tage ſeines römiſchen und Müns-
chener Aufenthalts erinnerie, widmete der-
ſelbe vorzuglich den Schöpfungen vaͤterlän-
diſcher Kuͤnſtler wohlwollende und pruͤfende
Aufmerkſamkeit. Dabei zeigte ſich ſeine Er-
innerung an Perſbnlichkeiten, an Bilder,
deren Entſtehung in eine frühe Zeit ſttel,
ſo friſch daß ſie Bewunderung erregte. In
der Gaͤllerie z. B, fragte er ſogleich nach
einem Wouvermann, einer Erinnerung aus
ſeinen Jugendjahren, den er an der ge-
wohnten Stelle ſogleich vermißt hatte, ob-
gleich ſeit jener Zeit mehr alg 30 Jaͤhre
bewegten Lebens hingegangen waren.

»Ueber Menzingen und die Markungen
Landshauſen und Rohrbach entlud ſich am
19. Aug. ein von heftigem Orkan und Hagel
dealeitetes Ungewitter. Auch in Mingolsheim,
Malſch, Malſchenberg, Rettigheim, Nothen-
berg und Mühlhauſen haben-an demfelben
7 die Trauben und der Tabak ſehr ge:
itten.

ANeukirch, 22. Aug Ich erſuche Sie
im Namen zurückgebliebener Freunde und
Verwandten um Aufnahme naͤchfolgenden
Berichtes über das Schickſal der im laufen-
den Jahre von hier Ausgewanderten! Der
Artifel, deſſen Wahrheit auch durch Privat-
briefe beſtaͤtigt wird, iſt Nr. 94 der „Allg.
Ausmwanderungszeitung , einem Boten zwi-
ſchen der alten und neuen Welt? entnoms
men, aus Neworleans, 19 Juli datirt,
nnd lautet woͤrtlich: Das Schiff Living
Age, welches am 15. Mai von Havre hier
eintraf, brachte 250 Einwaͤnderer aus der
Gemeinde Neukiech in Baden, welche auf
Koſten der Gemeinde verſchifft waren! Noch
niemals habe ich Einwanderer in einem ſo
elenden Zuſtande hier anfommen ſehen. Halb
verhungert, mit Lumpen bedeckt, im ſchmutzig-
ſten Zuſtande, wurden dieſe arme Menſchen,


geworfen. Ohne Obdach, ohne Freunde
waren dieſe Unglücklichen der Verzweiflung
preisgegeben und verfluchten in herzzer-
reißenden Ausdrücken die grauſamen Urheber
ihres Elendes 250 Meuͤſchen, wovon die
größle Halfte aug Kinderm und der Neft
aus ſolchen Leuten benand/ weiche großten-
heils , augenblicklich der Wildihätigkeit zur
 
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