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V

BellageB

Journal.


Mithwoch, den 25. Februar

1852. *

' Belgien. 8
. Brüſſel, 18. Febr. Die bel giſche Re-
gierung hat eine Beſchlußnahme gefaßt, der
zufolge alle polniſchen Officiere, die ſich im
beigiſchen Heere befinden, aus deſſen Reihen
entfernt werden ſollen. Man hat bereits
damit begonnen, dieſen Beſchluß in Vollzug
“ zu fetzen. Der Brigadegenal Kruzewsfi
hat einen Urlaub auf unbeſtimmte Zeit ex-
haͤiten! Man erwartet eine innigere Annä-
— Berung zwiſchen Rußland und Belgien.
MWie es heißf, würde die ruſſiſche Regierung
einen bevolimächtigten Geſandten in Brüſſel
bezlaubigen und einen Handelsvertrag mit
Belgien labſchlichen.
England.

Loudon, 18 Fedr. Geſtern ſollte der


Loͤrds feinen Sitz als Peer einnehmen, wei-
gerte ſich aber, obgleich Proteſtant, den Ad-
uͤrationseid zu ſchwoͤren, indem er e$ ſeinem
Gewiffen widerſprechend fand, eidlich zu be-
iheueru, daß der Papſt „keine Jurisdiclion,
Gewall oder Autorität
Reichen habe“. Mehrere für Irland gül-
tige Parlamentsacte, meinte er, widerſpre-
@en diefem Satz. Er erbot ſich den Eid
der katholifchen Peers zu leiſten. Die Be-
mübungen des Lordkanziers Truro, den jun-
gen Grafen eines andern zu helehren (cs
Faͤndle fich hier bloß von „gefeßlidher“ Zu-
risdietion des Papſtes u. $ w.) waren ver
_ geblich. Es folgte eine Berhandlung, m
Wweicher der Herzog von Wellington, Lord


gerung alg unftatthaft erflärten, und Lord
Clancarty mußte ſich ſofort von den Schran-
fen deg Haͤuſes zurückziehen und den


AA ; *
— 21. Febr. In der geſtrigen Sitzung
des Unterhauſes wurde das Amendement


einer Majorität vou 11 Stimmen ange-
nommen. VEn
Yord S, Nuffel Hat unmittelbar darauf
ſeine Entlaſſung eingereicht.
Amerika.
New:York, 7, Febr. Koſſuth hat in
Pittsburgund der Umgegend 6000 Zoltars
— gefammölt. Am meiſten zu Ddiejer Summe
dat die Arbeiterclaffe beigetragen, mit
—_ Dder Koͤſſuth durch die Befuche, welche er in
_ Gießereien, Fabriken 20, abgeftattet, mehrfach
perſonlich in Berührung gefommen i{ft, _ Ye-
_ der der Senatoren des Staates Ohio
dat 5 L. fuͤr den Koffuth - Fonds gezeichnet,
und man glaubt, daß diẽ Mitglieder des
Repraͤfentanten-Hauſes ein Gleiches thun
werden⸗ * 4

Montevideo, 6. Jan. Urquiza und


gegen Roſas eröffnet. Eine brafilifche
„ Notheilung von 4000 Mann iſt zu Urquiza
deſtoͤßen, um, ihn zu witerfiüßen, NManz
cilla, Schhwager don Rofas, verluchte es,
diefer Ybtheilung den Uebergang über den
” Parana zu wehren, und beſches aus Dden
Batterien von St. Nicolao die Transport«
dampfboote. Auf beiden Seiten blicben ets
nige Todte; aber die Brafilianer erzwangen
den Üebergang und Mancilla 30g in Eil.
märfchen auf Buenos- Ayres zurück. Der
Reft der braſiliſchen Armee ſtaͤnd in Colo-
nia. Urquiza feßte am 24. Dezember
über den Paraͤna und traf, mit dem Gros

»


ſeiner Heeresmacht auf dem rechten Ufer ſte-
hend, Anftalten, gegen Buenos-Ayres vor-
zurücken. Die argentiniſche Provinz Santa-
He, weldhe in dem gegenwärtigen Krieg in

Beſitz die Communication zwiſchen Buenos-
Ayreg und den übrigen argentiniſchen Pro-
vinzen abſchneidet, hat ſich nach Urquiza’s
Landung ſofort für denſelben erklärt. Mit
des Dictators Roſas Macht hat es ein
Ende. Seine beſten Officiere gehen mit
ihren Truppen über. Er muß ſich auf der
Defenſive halten. In Santos Lagares
concentrirte er ſeine Streitkräfte um dort
den Feind abzuwarten. Die Stimmung in
Buenos-Ayres iſt gegen ihn und macht ſich
in dieſem Sinne ohne Rückhalt Luft.

. Fenilleton.
Ein deutſcher Edelmann.
(Fortfegung )

Adalbert war ihr gleich anfangs von dem
Grafen von Armentieres vorgeſtellt worden und
glaubte bemerkt zu haben, daͤß ſie ihn während
des kurzen Gefprächs, welches er mit {br ge-
führt mit feltſam gefpanntem Ausdruck be:
trächtet und daß ihr Blick ihn mehrmals im

auf Rechnung der Neugierde gefhrieben, welche
jede fremde Srıfcheinung anfangs mehr oder
minder zu erregen vflegt, ſo hatte er jene län-
gere Zeit hindurch nicht mehr beachtet als jede
andere Dame. Durch einen Vorfall eigenthüm-
licher Art war jedoch ploͤtzlich ſeine ganze Auf-
merkſamkeit auf die Marquiſe gelenkt worden.
Als er ſich eines Abends —es war beim Be-
ginn des Winters — auf einem glänzenden
Ball befand, den der Graf von Armentieres
gab, und vom Tanzen ermüdet in einem Ne-
denzimmer faß und von hier aus in das bunte
Sewimmel des goldſchimmernden Salong hin-
einfchaute, hörte ev plötzlich in dem anſtoßenden
Cabinet ein lautes Geſpräch, in welchem zu wie-
derholtenmalen ſein Name genannt wurde. Der
Graf von Geroldseck ſcheint mit Blindheit ge:
ſchlagen zu ſein, rief, eine kräftige tiefe Stimme

Marquife ven Remouling gibt ſich ſeit ein
paar Monaͤten die erdenklichſte Mühe, ſeine
Blicke auf ſich zu ziehen‘, aber wer nicht fieht
oder ſehen kann, das iſt der Herr Graf von
Geroldseck! Andere Leute würden vor Ent-
zaͤcken närrifch werden, wenn die Marquiſe ſie
nur ein mal anfhHaute, deckamirte eine zweite
Stimme, welche einem ſchmaͤchtenden Höflinge

ling ſchreitet mit Nordyols Zemperatur im Her-
zin Durch den Llebesfrühling ihrer Blicke! Ih
habe mich übermenſchlich angeſtrengt/ ihre Gunſt
zu gewinnen, habe ihr die feinſten Complimente
gemacht und die unethörteſten Schmeicheleten
gefagt — verächtliche Mienen und [hnöde Worte
find alle8, mag ich geerntet! Was iſt denn
in Hinficht auf SGalanterie auch von einem

Der Graf gefällt mir fonſt ganz außerordent-
lich! ev iſt ein ritterlichen, Muthiger Mann,
der ſich im Felde gewiß hohen Rahm erwerben
mürde; für den Hof fiheint er mir aber ſchlecht
zu paſſen. Wer ſich nicht auf Galanterie ver-
ſieht bringt es hier zu nicht®. — Ich glaube,
in Deutſchland müffen ſich ‚die Damen den
Herren zu Füßen werfen, wenn ſie geliebt ſein

Seufiet. Sie find ja jenſeit des Rheins ge-








wefen, Marquis — haben Sie ſich der deut-
ſchen Dame nicht angenommen? — UAdh, - e8
iſt ein entfetzliches Land, ermiederte Der erfte; .
ich war frob, als ich wieder frenzöſiſche Zuft \
athmete! Kalt, groß und tugendhaft — entfeß-
lich tugendhaft ift dort alle8, mas den Namen
Menſch trägt. In einem Monat hab' ich hier
doppelt ſo viele Eroberungen gemacht als dort
in zwei Jabren. — Haben ſte denn nie nach
der Marquiſe geſtrebt? fragte der Schmaͤchtende
mit neugierigem Ton! Allerdings hab’ ih
das gethan Abbe, entgegnete jener; nachdem
mich der Graf von Armentieres aber von fetz
nen Plänen unterrichtet, die er hinſichtlich der
Marquiſe entworfen hat, bin ich aus Freund-
ſchaft für ihn zurückgetreten und habe .


Dadon ift mir ja gar nichts bekannt. ;
Eigentlich follte e& noch ein Geheimniß Slet-


5a ich aber auf Ihre Verſchwiegenheit rechnen
fann, fo will ich ohne Rückhalt zu ihnen reden,
lieber Abbe! Sie wiſfen, daß die Marquiſe
eine Anverwandte des Grafen von Armentieres
iſt und daß diefer fehon lange darauf Denkt,
diefelbe mil dem-Sproß eines alten Hauſes zu
verbluden! Außerdem wird Ihnen nicht unbe-
kaͤnnt feln, daß der Oraf, deſſen Mutter aus
einer angeſehenen deutſchen ‚Familie ftaämmte,
eine große Vortiebe für Deutſchland hegt und
alles, wa8 von dorther Fommt, mit Enthuſtas-
mus aufninunt. Deshalb- hat er ſich dean auch .
wiederum fo fehr, für den jungen Grafen von
Geroldseck interefſirt und ihn auf alle Weife
ausgezeichnet. Sein Intereſſe für denſelben
mußte ſich natürlich noch bedeutend fteigern, al8
ibm die Marquife mit ihrer gewohnten Offen“
herzigkeit erflärte, daß ihr der ſtattliche, biedere
Deutfche beffer gefalle als fämmtliche Herzoge,
Grafen und Marquis in Paris und Verſailles.
Sn feinem Entzuͤcken begann er ſogleich von
Berlobung und Heirarh zu reden; . die Marz
quife aber, welche ſich die unglückliche Goͤttin
Diana zum Vorbild erwählt hat und ihre Frei-
heit über alles liebt, lachte ihn aus und meinte,
Lieben und Heifathen feien zwei ſehr verſchiedene
Dinge, und verbat ſich mit der groͤßten Be-
flimintheit jede Eheſtifterel? — wenn der Herr


werde er ſich ſchon melden und ſte ihm ſchon
So befindet ſich unfer,
zraͤflicher Wirth in einer ganz verzweifelten
Lage. Auf der einen Seite möchte er gern
f S { . .
Hier wurde das Gefpräch durch einen drit-
ten unterbrochen, welcher geräuſchvoll eintrat
und mit lauter Stimme rief: Da ſeh' mir ei-
ner die trägen Plauderer! Lafſen die ſchoͤnſten
Menuets vorübergehen! wiegen ſich hier auf
den Divans und ſchwaͤtzen Ich habe die ſtreng-
ſten Befehle alle derartigen Delinquenten fofort
zum Tanzſalon zurüczuführen. —
Adalbert hörte wie alle drei unter lautem
Gefpraͤch dabongingen, _ Bald war rtingsum
alle8 ſtill; — nur die Klänge der Muſik und
die verworrenen. Stimmen aus dem großen


herüber. Gleich bet den erſten Worten des
Marquig : der Graf von Geroldoͤeck ſcheint mit


aufgeſprunhen in der Abſicht, zum Tanzſalon
zurückzukehren, da er nicht Zeuge eine® 8
fpraͤchs fein wollte, welches nicht für ſein 4
beftimmt: waͤr; abet eine dichte, unduxchorinaliche
ruppe von Taͤnzenden und Zuſchauern unz
mittelbax vor der in den Salon führenden Thür
 
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