Das Mithreura bei Heidelberg.
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auf Mithrasdenkmalen aufFallen werden. a8) Wenn sich
dem Forscher bis in die neue Welt hin, wohin uns keine Ver-
bindungswege leiten, solche Verwandtschaften darbieten, wie
dürfen wir uns wundern, in den westlichen Ländern der alten
Welt aus dem hohen Asien herverpflanzte Cultusmonumente
vor den Thoren unsrer Stadt 29) anzutreffen, da wir die Wege
kennen, welche die welterobernden Römer gezogen, und die
Oertlichkeiten, wo sie sich in den Donau- und Rheinländern
niedergelassen ?
3. Bevor wir zur Erklärung der Bildwerke unsers Denk-
mals schreiten, ist das hierher Gehörige der Cultushand-
1 ungen zu bemerken. Letztere zerfallen im Mithrasdienst in
fünf Arten: Prüfungen ([Kasteiungen, Züchtigungen), Sacra-
mente, Weihen £und Mysteriengrade), Opfer uncf Feste. Zu
unserm Zwecke haben wir hauptsächlich die vier ersten zu
betrachten.
Ueber die Prüfungen, wie über diese Cultushandlungen
überhaupt haben wir mit wenig Ausnahmen Berichte der Kir-
chenväter und derer, die aus ihren Schriften geschöpft haben.
Nun stimmen sie zwar in der Zahlangabe sämmtlich überein,
dafs es nämlich achtzig gewesen ; sie beschränken sich jedoch
auf die beispielsweise Aufzählung weniger, und stimmen auch
im Bericht über die Folgenreihe keinesweges unter einander
überein. Obschon ich nun für mich eine Tabelle über diese
Differenzen gemacht habe, so will ich die Leser doch damit
verschonen, in einer Anmerkung 30) pflichtmäfsig die Quellen
angeben, und sofort hier im Text die verhältnifsmäfsig voll-
ständigste Angabe mittheilen. Die Kaiserin Eudocia berichtet
also: Der Candidat zu den Mithrasweihen mufste folgende Prü-
fungen 31) bestehen: erstens, wenn es geboten ward, bis auf
fünfzig Tage hungern ; zweitens viele Tage weit herum
schwimmen 5 drittens das Feuer berühren; viertens zwanzig
Tage lang ira Schnee liegen 5 fünftens zwei Tage lang Geifse-
lung ertragen; sechstens sich in die Wüste zurückziehen, und
dort Fasten halten; wobei ausdrücklich beigefügt wird: nebst
einigen anderen Prüfungen mehr; worunter wir ohne Zweifel
auch geistige zu verstehen haben. Hierbei ergeben sich meh-
rere Betrachtungen: Zuvörderst über das Lebensgefährliche
dieser Prüfungen; welches die Berichterstatter selbst zum
Theil bemerken; wodurch sich schon von vorn ein sehr fana-
tischer Geist dieser Culte bemerklich macht, ein der alten
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auf Mithrasdenkmalen aufFallen werden. a8) Wenn sich
dem Forscher bis in die neue Welt hin, wohin uns keine Ver-
bindungswege leiten, solche Verwandtschaften darbieten, wie
dürfen wir uns wundern, in den westlichen Ländern der alten
Welt aus dem hohen Asien herverpflanzte Cultusmonumente
vor den Thoren unsrer Stadt 29) anzutreffen, da wir die Wege
kennen, welche die welterobernden Römer gezogen, und die
Oertlichkeiten, wo sie sich in den Donau- und Rheinländern
niedergelassen ?
3. Bevor wir zur Erklärung der Bildwerke unsers Denk-
mals schreiten, ist das hierher Gehörige der Cultushand-
1 ungen zu bemerken. Letztere zerfallen im Mithrasdienst in
fünf Arten: Prüfungen ([Kasteiungen, Züchtigungen), Sacra-
mente, Weihen £und Mysteriengrade), Opfer uncf Feste. Zu
unserm Zwecke haben wir hauptsächlich die vier ersten zu
betrachten.
Ueber die Prüfungen, wie über diese Cultushandlungen
überhaupt haben wir mit wenig Ausnahmen Berichte der Kir-
chenväter und derer, die aus ihren Schriften geschöpft haben.
Nun stimmen sie zwar in der Zahlangabe sämmtlich überein,
dafs es nämlich achtzig gewesen ; sie beschränken sich jedoch
auf die beispielsweise Aufzählung weniger, und stimmen auch
im Bericht über die Folgenreihe keinesweges unter einander
überein. Obschon ich nun für mich eine Tabelle über diese
Differenzen gemacht habe, so will ich die Leser doch damit
verschonen, in einer Anmerkung 30) pflichtmäfsig die Quellen
angeben, und sofort hier im Text die verhältnifsmäfsig voll-
ständigste Angabe mittheilen. Die Kaiserin Eudocia berichtet
also: Der Candidat zu den Mithrasweihen mufste folgende Prü-
fungen 31) bestehen: erstens, wenn es geboten ward, bis auf
fünfzig Tage hungern ; zweitens viele Tage weit herum
schwimmen 5 drittens das Feuer berühren; viertens zwanzig
Tage lang ira Schnee liegen 5 fünftens zwei Tage lang Geifse-
lung ertragen; sechstens sich in die Wüste zurückziehen, und
dort Fasten halten; wobei ausdrücklich beigefügt wird: nebst
einigen anderen Prüfungen mehr; worunter wir ohne Zweifel
auch geistige zu verstehen haben. Hierbei ergeben sich meh-
rere Betrachtungen: Zuvörderst über das Lebensgefährliche
dieser Prüfungen; welches die Berichterstatter selbst zum
Theil bemerken; wodurch sich schon von vorn ein sehr fana-
tischer Geist dieser Culte bemerklich macht, ein der alten