Aus dem Briefwechsel des Frhr. Leo v. Seckendorff
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gesellten sich Hölderlin, Fr. Schlegel, Gerstner, Kölle, Siegfr. Schmidt
und einige Ungenannte mit weiteren Beiträgen. Und nicht minderen
Erfolg hatte der Musenalmanach, der im folgenden Jahre erschien und
ebenfalls eine Beihe der besten Namen in sich vereinigte. Sein letztes
literarisches Unternehmen war die Herausgabe der Zeitschrift ,Prome-
theus“, zu der er sich mit Joh. Ludwig Stoll verband. Unter seinen
nacbgelassenen Papieren finden sich ein ausführliches Programm, ein
Yerzeichnis der Mitarbeiter und verschiedene andere bemerkenswerte
Aufzeichnungen J), die zeigen, welche Bedeutung er der neuen, eine
geistige Brücke zwischen dem Norden und Süden bildenden Monats-
schrift beilegte. Es glückte ihm, selbst Goethe dafür zu gewinnen,
der ihr sein Pestspiel „Pandoras Wiederkunft“ anvertraute. Sechs
Hefte erschienen, die beiden letzten ausschliesslich das Werk Secken-
dorffs 1 2), da setzte der Ausbruch des Krieges und bald darauf der Tod
ihres Begründers auch dem kurzen Leben dieser Zeitschrift ein Ziel.
Noch mit mancherlei literarischen Plänen und Entwürfen hatte sich
Leo, wie wir aus seinem schriftlichen Nachlasse wissen, getragen. Er
dachte an einen „Teutschen Percy“, eine Sammlung deutscher Lyrik
von den ältesten Zeiten bis Opitz, vorwiegend Volkslieder, und im An-
scbluss daran auch Yolksmelodien, an eine „Bibliothek der altteutschen
Poesie“, Bearbeitungen alter Heldenlieder und romantischer Stoffe, an
eine „Theatralische Bibliothek“, die Übersetzungen ausländischer Dramen,
Bemerkungen über Theaterwesen, aber auch Originaldichtungen bringen
sollte, und beabsichtigte, falls ein Verleger sich fände, unter dem Titel
Eos eine periodische Zeitschrift über Kunst und Leben zu begründen.
Dazu ist es nicht mehr gekommen; aber auch ohne dies verdient
seine Tätigkeit als Herausgeber und seine Pflege literarischer Inter-
essen Anerkennung. Was dann sein eigenes poetiscbes Schaffen angeht,
so wohnte in ihm freilich nicht der göttliche Funken, fehlte ihm die
dichterisehe Intuition und plastische Gestaltungskraft. Was wir von
eigenen Gedichten von ihm besitzen, geht nicht über das bescheidene
Mittelmass hinaus. Das beste, was er geschaffen, sind seine zahlreichen
Übersetzungen: ein gewisses Formen- und Spracbtalent und die Gabe
1) Ich habe meine darauf bezüglichen xkbschriften aus dem Wonfurter Archiv
und Exzerpte Johannes Proelss, der einen Aufsatz über L. v. Seckendorff plante,
iibergeben; Proelss starb aber bald darauf, und ich weiss nicht, was aus ihnen ge-
worden ist. Es würde sich, schon wegen der Beziehungen zu Goethe, wohl lohnen,
der Sache im Wonfurter Archiv nochmals nachzugehen, ich muss dies aber Anderen
überlassen.
2) „Das 5. und 6. Heft allein von mir.“
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gesellten sich Hölderlin, Fr. Schlegel, Gerstner, Kölle, Siegfr. Schmidt
und einige Ungenannte mit weiteren Beiträgen. Und nicht minderen
Erfolg hatte der Musenalmanach, der im folgenden Jahre erschien und
ebenfalls eine Beihe der besten Namen in sich vereinigte. Sein letztes
literarisches Unternehmen war die Herausgabe der Zeitschrift ,Prome-
theus“, zu der er sich mit Joh. Ludwig Stoll verband. Unter seinen
nacbgelassenen Papieren finden sich ein ausführliches Programm, ein
Yerzeichnis der Mitarbeiter und verschiedene andere bemerkenswerte
Aufzeichnungen J), die zeigen, welche Bedeutung er der neuen, eine
geistige Brücke zwischen dem Norden und Süden bildenden Monats-
schrift beilegte. Es glückte ihm, selbst Goethe dafür zu gewinnen,
der ihr sein Pestspiel „Pandoras Wiederkunft“ anvertraute. Sechs
Hefte erschienen, die beiden letzten ausschliesslich das Werk Secken-
dorffs 1 2), da setzte der Ausbruch des Krieges und bald darauf der Tod
ihres Begründers auch dem kurzen Leben dieser Zeitschrift ein Ziel.
Noch mit mancherlei literarischen Plänen und Entwürfen hatte sich
Leo, wie wir aus seinem schriftlichen Nachlasse wissen, getragen. Er
dachte an einen „Teutschen Percy“, eine Sammlung deutscher Lyrik
von den ältesten Zeiten bis Opitz, vorwiegend Volkslieder, und im An-
scbluss daran auch Yolksmelodien, an eine „Bibliothek der altteutschen
Poesie“, Bearbeitungen alter Heldenlieder und romantischer Stoffe, an
eine „Theatralische Bibliothek“, die Übersetzungen ausländischer Dramen,
Bemerkungen über Theaterwesen, aber auch Originaldichtungen bringen
sollte, und beabsichtigte, falls ein Verleger sich fände, unter dem Titel
Eos eine periodische Zeitschrift über Kunst und Leben zu begründen.
Dazu ist es nicht mehr gekommen; aber auch ohne dies verdient
seine Tätigkeit als Herausgeber und seine Pflege literarischer Inter-
essen Anerkennung. Was dann sein eigenes poetiscbes Schaffen angeht,
so wohnte in ihm freilich nicht der göttliche Funken, fehlte ihm die
dichterisehe Intuition und plastische Gestaltungskraft. Was wir von
eigenen Gedichten von ihm besitzen, geht nicht über das bescheidene
Mittelmass hinaus. Das beste, was er geschaffen, sind seine zahlreichen
Übersetzungen: ein gewisses Formen- und Spracbtalent und die Gabe
1) Ich habe meine darauf bezüglichen xkbschriften aus dem Wonfurter Archiv
und Exzerpte Johannes Proelss, der einen Aufsatz über L. v. Seckendorff plante,
iibergeben; Proelss starb aber bald darauf, und ich weiss nicht, was aus ihnen ge-
worden ist. Es würde sich, schon wegen der Beziehungen zu Goethe, wohl lohnen,
der Sache im Wonfurter Archiv nochmals nachzugehen, ich muss dies aber Anderen
überlassen.
2) „Das 5. und 6. Heft allein von mir.“