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Thiu thredde ned isted: huuersa thet kind is stoknakad ieftha huslas
and thenna thiu thiustera nacht and thi nedtkalda winter ur tha thuner
hleth, sa farther ara monna hwelic inna sin hof and inna sin hus, and
theth wilde diar secht thene hola bam and thera berga hli, alder hit sin
lif on behalde; sa weniath thet vniereghe barn and wepth thenna tha sine
nakeda lite and sin huuslase and sinne feder, ther him reda scholde with
thene winther kalda and with thene heta hungher, thet hi sa diape and sa
dimme is vnder eke and vnder erthe bislaghen and bisieten and bitacht.
Hir vmbe sa mot thiu moder hire kindes eruue setta and sella, vmbe theth
hiu aget pli and plicht, alsa longhe sa hit vnierich is.
(v. Richthofen, Friesische Rechtsquellen S. 44 ff.)
(auf deutsch: Das ist die erste Not. Wo immer ein Kind gefangen und
gefesselt wird, nördlich über das Meer oder südlich in das Gebirge, so
darf die Mutter ihres Kindes Gut verpfänden und verkaufen und ihr
Kind lösen und sein Leben retten. Die zweite Not ist die: wenn da arge
Jahre kommen und der heiße Hunger über das Land fährt, und das Kind
Hungers sterben würde, so darf die Mutter ihres Kindes Erbe verpfänden
und verkaufen und kaufen ihm damit Kuh und Korn und lauter solche
Sachen, womit sie ihm das Leben rettet. Die dritte Not ist die: wo immer
ein Kind ist stocknackt oder hauslos, und dann die düstere Nacht und der
notkalte Winter über die Zäune sich ausbreitet, so fährt da ein jeder in
seinen Hof und in sein Haus, und das wilde Tier sucht den hohlen Baum
und der Berge Schutz, um da sein Leben zu behalten; dann weint das un-
jährige Kind und betrauert seine nackten Glieder und seine Hauslosigkeit
und seinen Vater, der ihm helfen sollte gegen den kalten Winter und
gegen den heißen Hunger, daß er so tief und so dunkel im Sarg und unter
der Erde eingeschlossen, festgehalten und bedeckt ist. Deshalb darf die
Mutter ihres Kindes Erbe verpfänden und verkaufen, weil sie die Gefahr
und Verantwortung hat solange es noch unjährig ist.)
Kögel, Geschichte der deutschen Literatur I 255, schließt aus dem
Umfang des Stückes, aus seiner Rundung und seinem Schwung, daß es
eine Dichtung für sich gewesen ist, die eigentlich nicht in das Gesetzbuch
gehört.
2.
Eine angelsächsische Antwortformel auf die Klage um Land aus der
Mitte des 11. Jahrhunderts lautet (Liebermann, Gesetze der Angel-
sachsen I 400):
ic agnian wille to agenre achte thaet thaet ic haebbe and naefre de
myntan
ne plot ne ploh, ne turf ne toft,
ne furh ne fotmael, ne land ne laesse,
 
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