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W. Köhler / Philipp Melanchthon und die Reform
der Universität Heidelberg 1557
Sogleich bei Antritt seiner Regierung, als ihm die Vertreter der Uni-
versität im März 1556 einen silbernen Ehrenbecher überreichten, hatte
der Kurfürst Ottheinrich erklärt, er wolle die Anstalt wieder empor-
bringen, und wenn es ihn auch den letzten Heller kosten sollte. Im
März 1557 erging ein Ruf an Philipp Melanchthon, nach Heidelberg zu
kommen „zur Beratung über die Akademie“1. Ohne Genehmigung des
sächsischen Kurfürsten, seines Landesherrn, konnte Melanchthon nicht
zusagen; er selbst hatte keine sonderliche Neigung. „Es ist zwar mein
Vaterland (Melanchthon stammte aus dem pfälzischen Bretten), und
ich weiß, daß dort gelehrte und lautere Männer sind, mit denen zu ver-
kehren mir angenehm wäre“; aber er mag sich nicht noch mehr aufladen,
noch dazu fremde Dinge. Er weiß auch, daß in Heidelberg „Meinungs-
verschiedenheit“ herrscht — zu denken ist an die konfessionellen Ge-
gensätze; die grundsätzliche Entscheidung für die Reformation war noch
nicht gefallen — und er fürchtet endlich die Internationalitäf: „Es sind
dort Menschen verschiedener Nationen, Niederländer, Franzosen und
andere.“ Nur nicht wieder in ein „wuthaftes Gezänke der Geister“ hinein-
geraten! Lieber sterben und in die himmlische Akademie eingehen, wie
damals gerade der Wittenberger Professor Andreas Maier gestorben
war! Auch die besondere briefliche Bitte des Heidelberger Predigers
Heinrich Stoll an der Heiliggeistkirche stimmt ihn nicht freudiger. Da
Johann Friedrich von Sachsen ablehnte, wurde Melanchthon die pein-
volle Entscheidung erspart.
Mitte Oktober befand sich Melanchthon zu einem Religionsgespräche
im benachbarten Worms; unter dem 14. Oktober erging eine neue Ein-
ladung des pfälzischen Kurfürsten an ihn, der die Heidelberger Univer-
sität drei Tage später ein lebhaft unterstützendes Schreiben folgen ließ.
Man bat um seine Hilfe bei dem „Zusammenbruch der Wissenschaft bei
uns“. „Es gibt ja nicht viele, die das leisten können, was Du leistest.“
1 Ed. Winkelmann, Urkundenbuch der Universität Heidelberg 2. Heidelberg
1886 Nr. 1006-10.
 
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