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Karl Preisendanz
Aus Friedrich Sylburgs Heidelberger Zeit
Friedrich Sylburg, einer der bedeutendsten Vertreter des Spät-
humanismus in Deutschland, als fruchtbarer Herausgeber griechischer
und lateinischer Texte, profaner wie kirchlicher, eine der fesselndsten
Gelehrtenerscheinungen1 seiner Zeit (1536—1596) ", verbrachte die letzten
paar Jahre seines arbeitsvollen Lebens in Heidelberg. Nicht als Vertreter
eines akademischen Lehrstuhls, den er wie kein anderer verdient hätte, den
er aber gar nicht erstrebte, sondern als freier Gelehrter, der seine Ar-
beitskräfte und Kenntnisse dem Druck- und Verlagsherrn Hieronymus
Commelin seit 1591 zur Verfügung stellte, wie er schon zehn Jahre hin-
durch 3 bei den Nachfolgern des Druckverlegers Andreas Wechel in Frank-
furt sich als wissenschaftlicher Korrektor und Berater betätigt hatte.
Der Gedanke, Frankfurt zu verlassen oder verlassen zu müssen, taucht
in Sylburgs Briefen schon 1589 auf: er lag mehr in den Verhältnissen be-
gründet als in Sylburgs eignem Wunsch und Bedürfnis, wie einer seiner
Briefe an Konrad Rittershausen in Altorf zeigt: „Da durch die Kriege in
Frankreich und Belgien der Buchhandel schwere Einbuße leidet, müssen
meine Prinzipale demnächst hohe Summen zulegen, und so haben sie mir
freigestellt, anderswo mein Glück zu versuchen4.“ Verschiedene Möglich-
keiten boten sich Sylburg im Lauf der nächsten Zeit, aber die Auffor-
derung seines „alten Freundes“5 Hieronymus Commelin, zu ihm nach
Heidelberg überzusiedeln, setzte sich schließlich mit dem Erfolg durch,
daß Sylburg nach manchen Überlegungen, Hemmungen und Ungewiß-
heiten am 20. September 1591 zum Übergang aus der Messestadt Frank-
furt nach Heidelberg wenigstens auf einen Winter sich entschlossen
hattec; vielleicht wollte er zunächst nur einmal sich einfühlen, bevor er
sich durch eine Bindung festlegte. Schon am 4. April 1591 hafte er dem
Augsburger Freund D. Höschel geschrieben, er hoffe, in Heidelberg eine
Hs des Chrysostomos für ihn zu finden; aber zugleich bemerkt er:
„Mit Wechel und Commelin habe ich noch nichts abgemacht. Stephanus7
wird bald kommen, wie ich hörte. Sobald ein sicherer Beschluß gefaßt
ist, werde ich dich benachrichtigen.“ Gewiß hat Sylburg während seines
Heidelberger Besuches, der mit unbestimmbarer Dauer zwischen Ostern
und der Frankfurter Herbstmesse lag8, mit Commelin über die Ge-
staltung seiner Zukunft verhandelt, und mit den Heidelberger gelehrten
 
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