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82

I.
KARL FRIEDRICHS EINSTELLUNG ZU DEN
DREI KONFESSIONEN
Ein anschauliches Zeugnis, wie ein hervorragender Vertreter der Aufklärung
sich die ideale Haltung eines absoluten Fürsten zu den verschiedenen Konfes-
sionen seiner Untertanen dachte, findet sich in einem, in erster Linie volks-
wirtschaftlichen Werk: „Karl Friedrichs von Baden brieflicher Verkehr mit
Mirabeau und du Pont“3. Der junge Landesherr hatte sich mit gründlichem
Fleiß in die staatswirtschaftlichen Theorieen der Physiokraten eingearbeitet.
„Er spricht wenig und denkt viel und liest gern, um sich zu belehren“ sagt sein
Biograph Freiherr von Drais. So war er 1756 an des älteren Mirabeau’s ano-
nyme, damals sehr viele begeisternde Schrift „L’ami des hommes“ geraten.
Ei sandte, nachdem er ebenfalls des Grafen du Pont de Nemours physiokra-
tische Vorschläge studiert hatte, einen selbstverfaßten Abriß der neuen Lehre
an Mirabeau; dazu die Bitte um Rat, wie er die allzugroße Grundbesitztei-
lung gesetzlich hemmen und für eine gerechte Steuer vom Mehrertrag Unter-
lagen auswerten solle. Auf den weiteren Briefwechsel hin beschließt er eine
Reise nach Paris mitsamt seiner Gemahlin und seinen Söhnen. Mirabeau
weilte leider gerade in Südfrankreich. Doch kam es zu einer achtungsvollen
Freundschaft mit du Pont, der später sogar der Geschäftsträger Badens beim
französischen Minister wurde. Damals mußte er dem Erbprinzen volkswirt-
schaftliche Vorträge halten, während Karl Friedrich plötzlich abreiste. Der
herannahende Tod seines Bruders rief ihn zurück, um die letzten Vorberei-
tungen zur Übernahme der Markgrafschaft Baden zu treffen.
Du Pont legt dann sein großes Vertrauen auf die Regierung Karl Friedrichs
in einem echt französisch überschwänglichen Glückwunschschreiben nieder:
Die Vorsehung verdoppele die Größe seines Landes. Es sei eine der wertvoll-
sten Gunstbezeugungen des Himmels dies Glück, ihn fortan über zwei Reli-
gionen herrschen zu lassen. Entsprechend der Neigung seines Herzens dürfe
der junge Fürst jetzt volle Gewissensfreiheit gewähren. Er könne versichern,
daß er seine neuen katholischen Untertanen durchaus gleichmäßig achten
würde — nur nach ihrer Haltung Gott, dem Herrscher und vor allem ihren
Mitmenschen gegenüber; nicht aber werde er jemanden je nach dessen Auf-
fassungen vom Jenseits begünstigen. Schon manche hätten Gewissensfreiheit
einzuführen versucht, aber leider ungeschickt. Karl Friedrich werde sie richtig
gewähren, für von der Landeskirche abweichende religiöse Meinungen und
3 Hrsg, von der Badischen historischen Kommission, durch Carl Knies 1892. 2 Bde. Bd. 1,
S. 132 ff. Es handelt sich um den Vater des in der französischen Revolution bekanntgewor-
denen Mirabeau.
 
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