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Heidelberger Zeitung — 1886 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.52469#0378

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einer normalspurigen Nebenbahn von Willingen über
Vöhrenbach nach Furtwangen betr. Commissionsantrag:
Ueberweisung beider Petitionen an die Regierung zur Kenntniß-
nahme. Abg. Fieser glaubt, daß das Donaueschinger
Projekt den Vorzug verdiene. Die Bahn würde in der
ebenen Thalsohle mit geringem Gefall gehen, während das
Villinger Projekt 20 Kilometer von 26 Km. über Berg
und durch Wald fahren würde. Schildert aus seiner mehr-
jährigen Erfahrung als Staatsanwalt in Villingen die
Verhältnisse in geologischer und wirthsch östlicher Beziehung,
kommt zu dem Schluß, daß Villingen gegen Donaueschingen
zurückstehen müsse. Der Gemeinderath von Vöhrenbach sei
allerdings für Villingen, indeß hätten aber 100 Gewerbe-
treibende der Stadt für Donaueschingen unterschrieben.
Abg. Osiander hält Fieser entgegen, daß von den 100
Vöhrenbacher Gcwerbtreibenden 51 zugleich auch für Villin-
gen unterzeichnet hätten. Schildert die Bedeutung Villingens
als Frachtmarkt und das dortige rege industrielle Leben.
Weist bezüglich der Bregthalbahn darauf hin, daß von
Furtwangen bis Wolterdingen ganze 8 Km. seien, mit nur
3 Orten: Bregenbach, Hammereisenbach und Zindelstein, mit
zusammen nicht einmal 400 Einwohnern. Auch spreche für
das Villinger Unternehmen der leicht zu bewirkende An-
schluß an die Württemberger Bahn. Reg.-Comm. Zittel:
Die Regierung habe sich zu dem Bregthalbahnprojekt schon
lange freundlich gestellt, die industriereichen Städte Vöhren-
bach und Furtwangen hätten sich aber nunmehr dem Con-
currenzumernehmen angeschlossen, womit die Bregthalbahn
ihren Hauptzweck verliere. Das Villinger Projekt also habe !
eine Verzögerung herbeigcführt, die aber nicht zu bedauern
sei, weil dadurch beide Unternehmen hinsichtlich zulänglicher
Finanzirung gewonnen haben und beiderseits ein leistungs-
fähiger Unternehmer gewonnen wurde. Die Staatsregie-
rung werde nach eingehender Prüfung aller Verhältnisse,
der volkswirthschaftlichen und geologischen, in der Lage sein,
sich zu entscheiden, aber schwerlich alle Interessen befriedi-
gen können. Das Villinger Projekt sei für die untern
Bregthalgemcinden ohne jeden Nutzen, während das Breg- '
thalprojekt Furtwangen und Vöhrenbach zwar nicht ganz,
aber doch theilweise befriedige. Die Abgg-Leipf und
Hebting betonen, daß man die Möglichkeit einer späteren
Fortsetzung der Höllenthalbahn von Neustadt aus in Be-
tracht ziehen müsse. Abg. Fieser weist auf den Reich-
thum Villingens hin, das einen Wald von 3 Millionen
Werth besitze und an sich alle Bedingungen des Gedeihens
habe. Gerade in dem Moment, als das Donaueschinger
Projekt gesunde Finanzirung und Aussicht gehabt habe,
seien auch die Villinger gekommen, um die Sache abermals
zu verzögern. Abg. Klein spricht für die Bregthalbahn
und bedauert, daß mit dem Wort von der etwaigen Fort-
setzung der Höllenthalbahn vielleicht wieder Petitionen wach- !
gerufen werden. Abg. Burg ist für Villingen. Fieser
selbst habe die Bedeutung Villingens hervorgehoben; das sei
es ja eben. Abg. Osiander bemerkt Fieser, daß die
Villinger erst nach dem im vorigen Herbst erfolgten An-
schluß Furtwangens sich ihrer Sache hätten energisch an-
nehmen können. Der Commissionsantrag wird angenom-
men. Abg. Friderich stellt Namens der Commission den vom j
Abg. Frech unterstützten Antrag, die Kammer wolle die Kreis-
steuervorlage mit den Aenderungen der 1. Kammer annehmen. !
Geschieht ohne Debatte. Abg. L ei Pf berichtet über die Bitte von
Einwohnern von Pforzheim um Regelung des Verkehrs beim
Brettener Bahnübergang. Commissionsantrag: Ueberwei-
sung der Bitte um Errichtung eines eisernen Fußstegs an
die Regierung zur Kenntnißnahme, sonst Tagesordnung.
Nach längerer Debatte und nach Ablehnung eines Antrags
Kraatz u. Gen. wird der Commissionsantrag mit 20 gegen 19
Stimmen angenommen. Abg. Müller von Radolfzell
berichtet über die Bitte der Gemeinden Hardheim, Höpfingen,
Schwcinberg, Königsheim, Tauberbischofsheim u. s. w. um
Fortsetzung der Sekundärbahn Seckach-Walldürn über Hard- !
heim nach Tauberbischofsheim. Commissionsantrag: Tages-
ordnung. Abg. v. Buol bemerkt, die Bittsteller wollten
nur, daß die Anlage der Bahn Buchen-Seckach-Walldürn
so geschehe, daß eine spätere Fortsetzung nach ihrem Wunsch i
möglich sei. Stellt mit Junghanns und Roßhirt Antrag
auf Ueberweisung zur Kenntnißnahme, wird vom Abg. i
Friderich bekämpft, das^Haus geht mit großer Mehrheit
zur Tagesordnung über. — Präsident Lamey theilt eine
Zuschrift des Staats Ministeriums mit: Die Regie- !
rung sei in der 54. Sitzung der 2. Kammer von den
Abgg. Lender und Gen. interpellier worden, ob sie ge- ;
denke, die kirchenpolitische Gesetzgebung des Landes nach
dem Vorgang Preußens einer gesetzlichen Revision entgegen-
zuführen. Die Regierung ist gegenwärtig nicht
in der Lage, auf eine Behandlung der ge-
stellten Frage einzugehen und eine Beant-
wortung der Interpellation geben zu können.
Abg. Winterer bemerkt bezüglich der Petitionen bezw.
Aufhebung des gesetzlichen Verbots der Aushülfe in der
Seelsorge, daß die Commission deren Berathung nach
Hebung an den Schluß des Landtags verlegt hat. Dies
habe auch die erste Kammer gethan. Für Samstag Abend
je: eine Feststellung des Commissionsberichts beabsichtigt
gewesen, nachdem aber am Samstag früh die Interpella-
tion Lender erfolgte, habe der Vorsitzende der Commission
geglaubt, die Abendsitzung absetzen zu sollen, indem man
der Meinung war, die Antwort der Regierung auf die
Interpellation abwarten zu sollen. Erst heute früh sei der
Bericht fertig gestellt worden und den Mitgliedern des
Hauses zugekommen. Es stehe also von der Petitionscom-
inission nicht das Geringste entgegen, heute Abend oder
morgen früh zu berathen, wenn es nöthig sei. Doch habe
sich Angesichts der Interpellation Lender die Commission
gefragt, ob es angesichts derselben angezeigt sei, der
Kammer eine Beschlußfassung anzurathen, denn durch
dieselbe seien die Perspektiven sehr erweitert, von

denen die Ordensmissionen nur ein kleiner, nicht einmal
sehr hervortretender Theil seien. Er glaube, es sei am
besten, eine Berathung dieses Gegenstandes auf diesem
Landtag nicht mehr eintreten und die Sache auf sich be-
ruhen zu lassen. Nun ist aber die Nachricht gekommen,
das Ministerium sei nicht im Stande, die Interpellation
gegenwärtig zu beantworten; dies könne begreiflicherweise
den Beschluß der Commission nicht alteriren, die es für
angemessen erachte, auch nicht zu verhandeln auf dem ein-
zelnen Gebiet. Er stelle daher den Antrag, diese Peti-
tionen auf sich beruhen zu lassen. Abg. Kiefer: Es
liege in der Natur der Sache, daß diese kirchenpolitische
Frage durch die Interpellation Lender und Gen. eine viel
größere Tragweite erhalten hat. Er sei verwundert, daß
sie so spät einkam, umsomehr, als der erzbischöfliche Stuhl
nicht besetzt ist und die Regierung nicht in der Lage ist, mit
einem eigentlichen Vertreter unserer katholischen Kirche in
Verhandlung zu treten. Die Sache liege, wie Ab-
geordneter Winterer sehr richtig bemerkt habe, jetzt so,
daß durch Anzeige der Interpellation des Abg. Lender
die in den Petitionen vorliegende Frage zu den größten
Dimensionen erweitert ist. Jetzt sind die Petitionen nicht
mehr isolirt, sie sind ein kleiner Theil einer großen gesetz-
geberischen Perspektive. Es könne im Hause Niemand im
Zweifel sein, wie er persönlich stimmen werde, nämlich
unbedingt für den Commissionsantrag (Tagesordnung). Wie
die Sache jetzt liegt, sollte man sie nicht mehr behandeln.
Es liege das im Interesse der Stellung, welche dieses Haus
der Regierung gegenüber einnehmen muß. Abg. Roßhirt (theil-
wcise unverständlich): Nachdem die Regierung die Antwort
verweigere, trete folgerichtig an Stelle der Interpellation
die Verhandlung über die Missionsanträge. Hofft, daß der
erzbischöfliche Stuhl bald wieder besetzt werde und Unter-
handlungen mit dem päpstlichen Stuhl stattfinden. Hofft,
Preußens kirchenpolitische Initiative werde auch auf Baden
anregend wirken und erwartet Vorschläge für den nächsten
Landtag. Abg. Junghanns bemerkt, nachdem Lamey
Roßhirt wiederholt unterbrochen, daß die Interpellation
Lender eine Anfrage und kein Antrag an die Regierung ge-
wesen sei, er würde die Petitionen nicht empfohlen
haben, weil er der Meinung sei, daß wir solche Dinge
nicht erbitten sondern fordern sollten! (Oho!) Was denken
Sie, daß es für einen Eindruck aufs Volk machen würde,
wenn Sie an diesen Petitionen von 700 Gemeinden, welche
gleich Anfangs des Landtags eingegangen sind, sich vorbei-
drücken?! Glauben Sie denn, daß Sie den größten Theil
des Landes mit solchen Mitteln führen können! Diese Peti-
tionen gehören in eine Forderung umgewandelt! Präsident
Lamey: Das ist eine halb revolutionäre Redensart! Wir
sind übrigens auch noch Männer, uns solcher Forderungen
zu erwehren! Junghanns setzt sich mit den Worten:
„Sie werden eines Tages gezwungen werden, das anzu-
nehmen, was wir fordern!" Kiefer: Sie wollen uns
zwingen? Der Herr Junghanns will uns zwingen! Fieser
(liberal): Wir sind die Männer, Rede und Antwort zu
stehen, wenn Sie's (die Ultramontanen) absolut verlangen.
Was Sie aber dann für eine Antwort bekommen, haben
Sie zu verantworten. Sie fordern! Es gibt kein
anderes Recht für den Staatsbürger und wenn er auch
ultramontan ist, als zu bitten, wenn er ein Staatsgesetz
von der Kammer geändert haben will! Sonst ist das Revo-
lution! Nach solchen Aeußerungen scheine es Pflicht der
Liberalen, zu verhandeln. (Zustimmung.) Abg. v. Buol
bedauert das ungünstige Zusammentreffen der Umstände,
die Verwaisung des erzbischöflichen Stuhls und die
Schließung der Kammer. Wünscht für später die Einbe-
rufung eines außerordentlichen Landtags. Abg. Kiefer:
Man sollte nach den Aeußerungen von da drüben fast
meinen, es herrsche bei uns die preußische Maigesetzgebung.
Der Abg. Junghanns ist mit dem Vorwurf der Vertuschung
gegen alle Ordnung und Billigkeit gegen uns vorgegangen.
Auch er müsse jetzt wünschen, daß noch verhandelt werde.
Abg. Gönner sieht seine ursprüngliche Meinung, man
solle den Schein meiden und verhandeln, durch die
heutigen Vorkommnisse bestätigt. Abg. Lender be-
dauert, daß die letzten Augenblicke des Zusammenseins in
diesem Hause sich so gestaltet haben (Fieser: Bei Ihnen
sitzen die Schuldigen). Ein Zusammenhang zwischen seiner
Interpellation und den Petitionen bestehe allerdings inso-
fern, als letztere einen Theil der Gesetzgebung berühren,
der revidirt werden soll, und wenn die großh. Regierung
erklärt, jetzt nicht in der Lage zu sein, die Interpellation
zu beantworten, so sehe ich das nicht als eine Verweigerung
der Antwort überhaupt, oder als Zurückweisung an, son-
dern erkläre mir dies dahin, daß die thatsächlichen Ver-
hältnisse zur Zeit derart find, daß die Regierung sich nicht
aussprechen kann. Auf der anderen Seite aber kann die
Detailfrage ganz gut besprochen werden. Er hoffe zuver-
sichtlich, daß wir dahin kommen werden, nicht blos in dieser
einen Frage die bessernde Hand anlegen zu können. Er
glaube und vertraue, daß dasjenige, was den Katholiken
des größten deutschen Staates gewährt werde, auch von
keinem rechtlichen Mann den Katholiken Badens vorenthalten
werde. Von ihrem Standpunkt aus könnten sie nicht sagen,
wir wollen die Petitionen nicht behandeln. Auf der an-
deren Seite sage er offen, daß wenn die Sache in einer
Weise behandelt werden sollte, wie es den Anschein habe,
daß dann auch er es vorziehen würde, darauf zu verzichten.
Abg. Winterer weist die Klerikalen darauf hin, daß
doch auch die erste Kammer, die lange nicht so beschäftigt
sei, die Ordenspetitionen bis zum Schluß hinausgeschoben
habe, zudem sei er persönlich in den Commissionen mit
Berichten besonders belastet gewesen. Ec wünsche, daß die
Sache an die Commission zurückverwiesen werde. Abg.
Kiefer hält das nicht für nöthig, wenn man die mora-
lischen Gewalten so packe wie der Abg. Junghanns in
seinen Ausdrücken, so müsse man frisch Farbe bekennen.

Abg. Fieser weist darauf hin, daß die Zurückverweisung
schon der kurzen Zeit wegen nicht gehe. Bei der Abstim-
mung ist die große Mehrheit der Liberalen für Verhand-
lung, ebenso die Abgg. Junghanns, v. Buol und Roßhirt
(Wacker fehlt), dagegen die Minderheit der Liberalen, die
Mehrheit der Ultramontancn (Lenders Anhang) — 20
gegen 20 — Präsident Lamey bewirkt durch Stichentscheid
Verhandlung. Die Sitzung währte von 9—'/,2 Uhr.
Die Mittagssitzung währt von 4—6'/, Uhr. Wir heben
unter Vorbehalt für ausführlichen Bericht zunächst nur her-
vor, daß in maßvoller Weise für die Petitionen Lender
und Förderer, gegen dieselben Kiefer, Fieser und
Winterer sprachen. Fieser wies aus dem Beobachter
nach, daß die Missionsagitation im Freiburger Vereinshaus
begonnen worden sei (Erzählung des Domkustos Mayer
vom „Ungeziefer vertilgenden Kapuziner"), um durch Be-
arbeitung des Volks in Missionen die liberale Mehrheit zu
zertrümmern. Das Haus stimmt mit Ausnahme der Ultra-
montanen geschlossen für Uebergang zur Tagesordnung.
Berlin, 13. April. (Herrenhaus.) Die Tribünen
sind wieder stark besetzt und das Haus ist gefüllt. Am
Ministertische: Die Minister v. Goßler und Friedberg.
Nachdem Referent Adams in Kürze die Annahme der
Commissionsbeschlüsse befürwortet, ergreift bei der Special-
discussion Bischof Kopp das Wort. Er danke dem Fürsten
Bismarck für die gestrigen Ausführungen. Die Zusicherung
des Reichskanzlers, eine weitere Revision der Maigesetze
eintreten zu lassen, habe ihn hoch erfreut. Darin würden
alle Katholiken mit ihm ein Zeichen des Vertrauens sehen.
Dagegen hätten die Worte Miqnel's gestern sehr erkaltend
gewirkt. Er selbst bittet, seine Erklärungen als die eines
loyalen Mannes anzunehmen. Wenn der h. Stuhl jetzt
die ständige Anzeigepflicht bewillige, dann werde derselbe
sich an dieses Zugeständniß gebunden fühlen; darin, daß
der heil. Stuhl die Materie einer weiteren Revision nicht

näher bezeichnet habe, sehe er ein Zeichen eines großartigen
Vertrauens. Der Bischof betont, daß die Curie entgegen-
kommen wolle. Die Bedenken, welche man an die letzte
Note Jakobini's geknüpft habe, seien unzutreffend. Was
zu revidiren sei, könne Miquel nicht sofort bezeichnen» er
selbst auch nicht. Da der große Staatsmann sich mit dem
Papste die Hand reicht, meint Bischof Kopp, so brauchen
wir nicht an einzelnen Worten und Fassungen zu deuteln-
Er warnt Miquel vor verhängnißvollen Schritten und em-
pfiehlt die Annahme feiner Amendements 1 und 2. Den
Unterantrag 3, welcher das Lesen der Messen (nicht nur
der stillen) und das Spenden der Sacramente (nicht nur
der Sterbcsacramente) straffrei lassen will, zieht der Bischof
zurück. Während Kopp's Rede ist der Kultusminister zn
dessen Platze herangetreten und hört aufmerksam zu. Nach
Kopp nimmt Forchhammer das Wort, während dessen
Rede der Reichskanzler eintritt. Hierauf ereifert sich der
feudalconservative Landrath v. Manteuffel in scharfen
polemischen Wendungen gegen die gestrigen Ausführungen
Miquel's und gegen die Resolution v. Bernulh. Zur
Kennzeichnung der letzteren gebrauchte er die Ausdrücke,
wie „mondsüchtig", „halb Molluske, halb Säugethier" u.s.w.
Miquel habe durch seine gestrige Rede alles wieder zerstört,
was man in der Commission geschaffen hatte. Oberbürger-
meister Miquel erklärt zu seiner Vertheidigung, daß er
heute genau auf demselben Boden stehe, wie in der Com-
mission. In derselben hätte er mit seinen Freunden bis
an die äußerste Grenze der Zugeständnisse gehen, hätte aber
zugleich die Würde des Staates wahren und einen
dauernden Frieden schaffen wollen. Er werde niemals
auf das Recht der Berufung an den Staat verzichten-
Was habe die Curie für ein weites Entgegenkommen des
Staates denn geboten? Mit den Maigesetzen, wie sie sind,
sei er niemals einverstanden gewesen. Er wolle aber b^
der Abschaffung derselben nicht wieder denselben Fehler
machen, der bei der Schaffung derselben gemacht worden
sei. DaS Volk wolle einen offenen ehrlichen
Frieden, der die Würde des Staates wahre. (Lebhaftes
Bravo.) Oberbürgermeister Struckmann richtet an den
Kultusminister in dringlichster Weise die Frage, wie die
Frage der Anzeigepflicht stehe und wie die Regierung dazu
sich verhalte? Die Geschichte lehre, daß die Curie die An-
zeigepflicht stets so auffaßte, daß die letzte Entscheidung
beim Papste liege, daß man auch jetzt noch dieser Auf-
fassung huldige, lehre ein Artikel der Germania. Reichs
kanzler Fürst Bismarck constatirt zunächst, daß die Nut
Jacobini's vom 26. März unzweifelhaft ein amtliches SlcteM
stück sei. Das Staatsministerium sei in diesem Stadium
nicht gesonnen, Antwort auf die gestellte Frage zu gebeN-
er sei nicht berufen, den Intentionen der Curie eine o '
stimmte Auslegung zu geben, wenn sich Differenzen um
die Auslegung ergeben, werde das Ministerium nach stus
Auffassung zu verfahren haben. Der Kanzler weist .,",
Germania als die Interpretin der Anzeigepflicht zuruu'
wenn die Germania die berechtigte Interpretin wäre, wur
er überhaupt nicht mit Rom unterhandeln. Die GermaU
wolle den Unfrieden, der Papst wolle Frieden, Bei
Abstimmung wird Artikel 1 derVorlage mit groll
Majorität angenommen. Nachdem ein Unterawen
ment Dietze, welches die deutsche Staatsangehörigkeit .
angestellten Kirchenlehrer fordert, angenommen, wird o
Amendement Kopp zu Artikel I u in namentUA
Abstimmung mit 123 gegen 46 Stimmen u
dann der ganze Artikel angenommen. DerReichskanz
stimmt für das Kopp'sche Amendement. Der
trag Kopp lautete: Im Artikel 1u den Absatz:
ter und Lehrer können diejenigen Personen nicht
gestellt werden, welche der Staat als minder 6^
bezeichnet hat," zu streichen. Der Antrag Roth §
den Rest der Vorlage mit den Amendements Kopp
anzunehmen, wird abgelehnt. Hierauf werden die uv
Paragraphen durchweg in der Commissionsfassung m>
 
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