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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 203-228 (01. September 1902 - 30. September 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23861#0560
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nen warten I! ll d die Klöster k o m Nl e n
d o ch!" So t'ailn doch nnr jemand schreiben, der that-
sächlich die Gewalt in Händen zn haben glaubt und mehr
weih als andere.

L.6. Offmburg, 21. Sept. Die vom hicsigen National-
liberalen Verein einberufene Protestversammlung
gegen die Zulassung von Männerklösteln war aus Offen-
burg und den Nachbarbezirken Achern, Bühl, Rastatt,
Triberg, Haslach, Kehl und Altenheim so zahlreich be-
sucht, daß die weite Kopfhalle kaum alle Zuhörer auf-
nehmen konnte. Der Vorsitzende, Rechtsanwalt Burger,
enlbot den Parteigenoffen einen herzlichen Willkommgruß
und erteilte dann dem Referenten Rechtsanwalt Rombach
das Wort, der in einer 2stündigen, mit großem Beisall
aufgenommenen Rede die Klosterfrage bcleuchteie und ins-
besondere die Hansjakob'sche Schrift „Der Kapuziner
kommt" einer vernichtenden Kritik unlerzog- Nach weiteren
Ausführungen des Prof. Keller-Freiburg wurde einstimmig
eine Uesolution angenommen in der die Regierung ersuchl
wird, die Männerklöster nicht zuzulassen. M

Aus der Karlsruher Zeitung

— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
den liachbenannten Bedienstetcn Seiner Hoheit des Prinzen
Friedrich Karl vvn Hessen AnSzeichnungcn verliehen und zivar:
dem Haushofmeister E ck die kleine goldene und dem Hofkurscher
Rebmann die silberne Verdienstmedaille.

— Der erste Gehilfe, Finanzassistent Friedrich Hummel
bei der Evang. Stiftschaffnei Mosbach ist zum Buchhalter da-
selbst ernannt worden.

Aus Stadt und Land.

_ _ Heidelberg, 2S. September.

-r- Berein Frnuenbilduiig-Frauenstudnim. Der Vorstand
der hiesigen Vereinsabteilung giebt seinen Mitgliedern bekannt,
datz üie 5. Generalversammluug dcs Bundes deutscher Frauen
vereine, dem auch die hiesige Abteilung angehört, vom 4.—7.
Oktober in Wiesbaden abgehalten wird. Die Empfangsfeier
sindet am 8. Oktober abends halb 8 Uhr im Kurhause statt.
Die Plenarsitzungen tagen am 4., 6., 6. und 7. Oktober vor
mittags von 9—1 Uhr, die Kommissionssitzungen am 4., 6.
und 7. Oktöber nachmittags von 8—6 Uhr im Kasino Fried-
richstratze 22. Oeffentliche Vorträge finden abends 8 Uhr
im Viktoriahotel statt und zivar: Sonnabend, 4. Oktober über:
4. Wissen und sittliche Kultur. Ref.: Frl. H. Lange-Berliu,
2. die Reform der Höheren Mädchenschule. Ref.: noch unbe'
stimmt. Am Montag, 6. Oktober: 1. Die wirrschaftlichen Ur
sachen der Prostitution, Nef.: Frl. A. Pappritz-Berlin, 2. Die
Gefährdung der Jugend und das Fürsorgeerziehungsgesetz
Ref.: Frau H. Bicber-Böhm-Berlin, Dienstag, 7. Oku: 1. Das
Vereins- und Bersammlungsrecht, Rcf.: Frl. A. Salomon-
Berlin, 2. Die Politik und die Frauen, Ref.: Frau R. Stritt-
Dresden. Die auswärtigen Gäste werden gebeten, sich bis
zum 28. Sepiember bei Frl. von Nessenbach-Wiesbaden, Dotz
heimerstratze 32 anzumelden. Borausbestellungen von Woh-
nungen in Hotels oder Privatlogis werden bis zum 25. Sep-
tember vou Frl. G. Weber, Rheinstrahe 84 entgegengenvmmeii.

Grosie Karneval-Gesellschaft Heidellierg-Neuenheim. Die
„Grotze Karneval-Gesellschaft Heidelberg-Reuenheim" hielt
gestern im grotzen Saale der „Krone" in Reuenheim eine gut-
besuchtc Mitgliederversammlung ab. Auf der Tagesordnung
stand: Vorlage dcr Rechnung tiber das Strandfeft; Beratung
der Wintervergnügungen; Statutencinderung. Bezüglich dcs
Strandfestes wurdc beschlossen, auch in den folgenden Jahren
ein derartiges Fest in grvtzem Stile abzuhalten, und fand der
Antrag des ersten Vorsitzenden, von dem 1063 Mk. betragenden
Üeberschutz des diesjährigen Festes 1000 Mk. für das nächst-
jährige Fest zu rescrviercn, ungeteilte Annahmc. Nachdem das
Programm der Wintervergnügen, welches. später bekannt ge-
gcben wird, festgestellt lvar, wurden einige kleine Statuten-
änderungen vorgenommen und beschlossen, den Verein ins
Bereinsregister eintragen zu lassen. Zum Schlutz brachte Herr
Beinhauer dem 11er Rar, insbesondere dessen Präsidenten
Hcrrn Eichenherr den Dank der Mitglieder für das Veranstal-
ten des Volksfestes aus, worauf die Sitzung geschlossen wurde.
Wir wünschen dem Berein, dah sein Strandfest auch im sol-
genden Jahre vom Wetter so begünstigt wird, wie in diescm
und hoffen, datz sich das Publikum durch zahlreichen Besuch
ebenso dankbar erweist, wic dies heuer der Fall war.

Ncue Bülmcilbelcuchtung unseres Stadttheaters. Am

erster Charrakterrollen; bekännt von früher ist/auch Herr Felix
Krones. Von den Damen dcs Schauspiels kehrten nur
Frl. H v h enau und Frl. Milde zurück. Das Fach der
ersten Sentimentalen ist Frl. Martha Stadtmann aus
Dresden anvertraut; Mathilde Baner aus Wien wird die
naiven Rollen verkörpern. Jn die ürbigen Fächer tcilen sich die
Damen Rosa F ische r-Mannheim, Hertha Olde n-Dresden
und Anna Vvge l-Flensburg.

Das wäre das Personall llnd nun die Novitätenl Von
neuen Opern beschert uns Herr HeinriH nur Leoncavallvs
„Bajacco"! Dagegen finden wir auf seinem Spielplan „Die
Puppe" und „öas süße Mädel", beides Operetten, die eine
autzerordentlich reiche Jnszenierung erfordern, um wirksam zu
fein. Hoffcnlich bekvmmen die Puppen keine Kattunvorhang-
stoffe umgehängt, wie im Vorjahre die Geishas minderer Sorte.
Autzerdcm spielen wir diesmal in Alt-Heidelberg „Alt-Heidel-
berg". Die Schwaüen, Guestphalen, Saxoborussen und Van-
dalen auf der Bühne werden ordentlich mit denen in den
Logen au „Patentheit" wetteifern. Sudermanns neueste Pro-
Weiter werden nen sein: „Ruhmlose Helden" von Paul
dultion „Es lebe das Leben" findet sich ziemlich rasch ein.
Busson, „.Sein Doppelgänger" von Hennequin und Duval,
„Die Thrannei der Thränen" von C. 'Haddon Chambers nnd
H. Engels „Ueber den Wassern".

Man sieht also, datz Herr Heinrich gnten Willen hat, manch
Neues zu bieten. Erheblich rückständig sind wir eigentlich nur
anf dem Gebict der Oper. Es ist ja klar, datz das Theater-
bndget einer Mittelstadt nicht mit zu vicl Autoren-Tantiemen
belastet werden kann; allein das PuLlikum muß das Gefühl
habeu, datz geleistet wird, was irgend möglich ist. Söust
mehren sich — wie in diesem Sommer — die Stimmen, welche
eine Allianz mit benachbarten grötzeren Bühnen befürworten.

Wir sind die Letzten, wclche yierzu raten würdcn, denn
wir möchten ivirklich unsere zivar kleine, aber unabhängige
Bühnc nicht missen. Wenn die Bühnenleitung die Grenzen
ihrer Thätigkeit richtig absteckt, innerhalb dieser Grenzen aber
das Beste bietet, dann erfüllt das Hcidelberger Theater seinen
Zweck. Wer Wagner hören will, fährt allerdings besser nach
Mannheim. Die Erreichung des vorgeschriebenen Zieles kann
der Bühnenleitung keineswcgs schwerfallen, denn der Perso-
naletat ist gewitz nicht allzu drtickend. Wenn man vielfach
mit Anfängern arbeitet, dann müssen die Ersparnisse hicr doch
wenigstens dcr Ausstattung zngute kommen.

So hoffcn wir denn, datz Hcrr Heinrich mit seinem Personal
das bictet, ivas man nnter den gegebcncn Umständcn billig
verlcmgcn darf. s. l. b.

Samstag' Abend fand eine Probeüeleuchtung statl, zu der der
Sradtrat und die Sladtverordneten zahlreich erschienen waren.

Die Anlage wurde ansgeführl von der Allgemeinen Elekrrizi-
tärs-Gcsellschaft Berltn. Es sind ca. 450 Glühlampen zu
25 Kerzen auf!der Bühne angebracht. Davon je ein Drittel
weitze, rote nnd grüne Lampen. Durch Kombinatioii dieser
Farveu iu allen möglichen Abstufuugen- lätzt sich jeder ge-
wünschte Lichteffekt erzielen. Diese Kombinationen werden
durch einen besonderen Apparat (Bühnenregularor) hervor-
geriffen. Letzrerer ist mit 24 Regnlierhebeln, die jeweils mit
einer bestinunren Lampengruppe und Farbe in Verbindiing
stehen, ausgeführt. So wird beispielsweise durch grünes Licht
in einer besrimmtcn Helligkettsstufe Mondschein dargcstellr,
durch aügedämpftes rotes Licht vermischt mit weitzem Lichr
Mvrgcnstimmnng u. s. w. Die Anlage würde in sechs Wochen
hergcstellt und entspricht nach allen Richtungen dcn Anforderun-
gen, die man an eine moderne Bühnenbeleuchtnng zu srellen
berechtigt ist.

X Aus dem Stadteil Ncuenheim, 21. Sepr. N'achdem einc
gcnügcnde Anzahl oon Meldungen erfolgt war, wurde heute
in srark besuchter Versammlung ein evangelischer K i r ch e n -
gesangverein Legründet. Der Verein, aus über 60
Sängern und Süngerinnen bestehend, wird nnter Leitnng des
Hcrrn Hauptlehrer Banman n am nächsten Mittwoch abends
halb 9 llhr mit den Probcn beginnen, die im Konfirmanden-
saale der Zohanneskirche stattfinden werden. Wir wünschen
ihm eine gedeihliche Entwicklung und hoffen, datz sich noch viele
sangeslnstige Gemeindeglieder anschlietzen werden. Meldungen
nehmen die Herrcn Hauptlehrer Baumann und Pfarrer Schnei-
dcr entgegen.

Schloh- und Stadtgartcn-Konzert des Orchestcr-Bcrein.

Tie gcstrigen Konzerte des Orchester-Verein auf dem Schlosse
nnd im istadtgarten hatten sich, durch die schöne Witternng bc-
günstigt, eines sehr zahlreichen Besuches zu erfreuen. Die
Programmc, welche Hcrr Äapellmeister Otto Lehmann für
Blasmusik zusammenstelltc, wurden in ganz vorzüglicher Dar-
bietung durchgeführt und mit grotzem Beifall ausgezcichnct.

Schlosi-Restaurierung. Für die Pläne zur Rcstaurie-
rung des Schlosses sind bis jetzi 136 000 Mk. verausgabt
worden.

-i- Krcinatorium. Jn dem hiesigeu Krematorium (Feuer-
bestattuugsaustalt) sind seit seinem Bestehen, also seit Dezembcr
,1891, nicht iveniger als 1121 Leichen üestatiet worden. Der
Hitzgrad bei der Verbrennung beträgt 700 Grad Celsius.

Lokoinotivcnprcise. Viele Leser werdeu keiue Ahnung ha-
ben, was eine der ncueren Lokomotiven kostet. Würde mau
rateu lasseu, so käme maucher auf 80 oder 100 000 Mk. Wir
wollen den Preis der Vorspannmaschine oerraten, wclche die
Bahnverwaltniig in Heidelberg in Betrieb hat, .nm die Züge
durch dcn Tnnnel nnd über die Berge oberhalb der Stadt anf
der Linie Heidelberg-Würzburg zu führen. Der Preis für
diese Maschine beträgt 165 000 AA. Billiger ist dagegeu die
Zugkrast auf der Bergbahu, indem der eine Wagen den andern
hinanfziehr. Weil aber mchr hinauf- als heruntergefahren
wird, füllt man einfach einen am Zuge angebrachten Wasserbe-
hälter mit Wasser, der durch sein Gewicht den unten stehenden
mit Menschen angefüllten Wagen mit Leichtigkeit hinaufzieht.
Das Wasscr wird nnten entlcert.

X C'in schrecklicher Unglücksfall ereignete sich hcutc morgen
an einem Neubau in der Sandgasse 12. Ein Geometer wollte
das Fundament des Baues abmessen, als sich der Grenzsteiii,
ivelcher umgraüeu war, ablöste und dem Gehilfen desselben
auf die Brust fiel. Der Verunglückte stammt aus Nenenheim
und slarb sofort. Er soll eine Frau und acht Kinder hinter
lassen.

-i- Vesitiwechsel. Die Brauereigesellschaft zum „Engcl"
vcrläufte ihre beiden Häuser Lauerstratze Nr. 6, sowie Kleiue
Mantelgasse Nr. 2 an Bäckermeister Johannes Baier hier. Der
Kaufabschlutz erfolgte durch Kaufmann Georg Morr hicr.

Polizcibcricht. Verhaftct wurden 7 Personen und
zwar 8 Taglöhner und 1 Monteur ivegen Bettelei, 2 Taglöhner
ivcgen Dicbstahls und 1 Taglöhner wegen Kuppelci. Wegen
Nuhestörung tämen 5 Personen zur Anzeige.

Vo. Handschubsheim. (S ä n g e r a u s f l u g.) Eiueu
gclungencii Ausflug unternahm gestern der Gesangvcrein
Frcundschaft. llm 2 Uhr versammelten sich die Mitglieder mit
Familienangehörigcn am Bahnhof, von wo man zn Futz nach
Dossenheim ging. Hier wurde die Schauenburg einer Be
sichtigung uutcrzogeu. Auf den Ruinen derselben sang die
Freundschaft ihren Sängerspruch, worauf einige photographische
Anfnahmcn gemacht wurden. Bon hier ging es übcr den Wald
zur Strahlenburg. Jn der Wirtschaft daselbst erfrischten sich
die durstigen Sängerkehlcn mit einem kühlen Trunk, um als-
dann deu Berg nach Schriesheim hcrunter zn kraxelu. Jn
der „Pfalz" in Schriesheim wurde Halt gemacht und in dem
reservierten Saale entwickelte sich bald ein mnnteres Treiben.
Unter Gesangsvorträgen und Tanz schwanden die Stunden
rasch dahin. Mit dem Zuge 8.44 Uhr fuhr man von Schries-
heim ab und kam wohöehalten und wohlbefriedigt in Hand-
schuhshcim wieder an.

0 St. Zlgen, 22 Sept. (Diebstahl.) Jn der Nacht vom
Donnerstag auf Freitag wurde hiesigen Bürgern für etwa
210 Mk. Wärche (Hemden, Stiüwpfe, Tücher u. dgl.), welche in
ibren Gärten z»m Trocknen aufgehängt war, gestohlcn Vo.i den
ThiUe-n seblt jede Svin.

U.6. Eberbach, 21. Sept. (Hochstapler.) Jn einem hiesigen
Hotel hielt sich vor einiger Zeit ein angeblicher Graf mit seiner
„Gemahlin" zur Erholnng anf. Jetzt ist der Herr „Graf", wie
die „Bad. Neckarztg." berichtet, mtt Hinterlassnng etner höheren
Zechschnld verschwunden nnd die Fran Grafin — die in der
That eine Kellnerin ans, Heidelber g gewesen sein soll —
ebenfalls. Einem französischen Studenten, der im gleichen Hotel
wohnte, hat der Herr Graf sein Motorrad abgekanft und fuhr
auf diesem davon. Der Verkäufer wartet noch hente aus Bezahlnng,
trotzdem der Herr Graf sich das Gcld dazu kurz vor seiner Abreise
von dem Wirt „vorstrecken" ließ.

UL Karlsruhe, 21. Sept. (V e r s ch i e d e n e s.) Die
P r o t e st v e r s a m m l u n g des hiesigen frcisinnigen Vereins
gegen die Fleischteuerung war gut besucht. Nach einem Vor-
trag dcs Abg. Frühauf wurde einstimmig eine Resolution an-
gcnommen, in der die Grotzh. Regierung um AufhebunA, )Zes
Verbots der Schweinefleischeinfnhr aus Frankreich ersucht tvird.
— Jn der Grotzh. Knnsthalle ist ein bön Prof. Friedrich Moest
gefertigtes, lebensgrotzes Marmorrelief: Prinz Ludwig
Wi lhelm auf dcm Totenbette, ausgestellt. Dassclbe ist
für öie Schlotzkirche auf der Jnsel Mainau bestimmt. — Hier
wird für 66 000 Mk. ein Krcmcrtorium erbaut. — Der Stadt-
rat stimmte zn, daß eine junge Dame als Schülerin
in die Operprima des hiesigen Real- und Reformgymnasiums
aufgenommen iverde, nachdem sie die Aufnahmeprüfnng in
dieser Klasse bestanden hat und genehmigte dabei grundscMich
die Aufnahme von Schülerinnen in die Anstalt unter dcn für
männliche Schülcr vorgeschriebenen Bcstimmungen. -— Auf
Anreguug des Bad. Frauenvereins soll in Verbindung mit der
Anstält für Arbeitsnachweis eine Zentralstelle für Kranken-
pflegerinncn, welche die jeweils verfügbaren Pflegerinnen nach-
wcist, errichtet werden. — Nach den diesjährigen Umlage-
rcgistern beträgt die Sunune der umlagepflichtigen Kapital-
rentensteuerkapitalien in hiesiger Stadt 291 007 360 Mk., ge-
gen 282 033 920 Mk. im Vorjahre und 274 873 520 Mk. im
Jahre 1900.

1 L.6. Offenburg, 19. Sept. Gestern tagte hier die Landes-
versamnilung badischer Apotheker unter dem Vorsitz des Apothekers
Bosch aus Radolfzell. Die Versammlnng, zn der aus ganz Baden

Vertreter der einzelnen Bezirke des Landesvereins badischer
Apotheker erschienen waren, befaßte sich hauptsächlich mit der
Besprechung von Standesinteressen. Dcr Vorsitz im Landesverein
eht von Emmendingen (Apotheker Dicffenbach) an den Bezirk
eidclberg über.

L.6. Bom Manöver, 21. Sept. WäLrend die Aitillerie in
der Nähe von Aasen üücr etnen Grabe.i setzte, fiel ein Gejchütz
um, und 2 Kanoniere kamen darunter zu liegen. Zum Glück ei-
litten die beiden Kanoniere keinc ernstlichen Verletzungen. — Der
Rücktransport der Trnppen aus Lem Manövergelände erfolgt in
der Hauptsache am 24. und 25. Septewber. — Alle zur Ent-
lassung kommenden Mannschaflen müssen spätestens bis zum 30.
September verabschtedet setn. Dtejenigen Reserotsten, die noch
Arreststrafen zu verbüßen haben, können nicht zurückgehalten
werden, sondern werden den Bezirkskommandos ihres Entlaffungs-
ortcS zur Verbüßung ihrer Stiafe überwiesen. — Ein Soldat der
11. Komp, J-Regtmcnt Nr. 113, welches in Bräunlingen im
Quartier lag, wollte den Kindern drs Quartierwirts etwas mit
dem gelodenen Gewehr vorspielen; ein Schuß krachte, und ein
sechS Jahre altes MLdchen ward mitten auf die Stirn getroffcn.
Die Verbtzuna ill lele so-käbrlich

L.6. Donaueschingcn, 21. Sept. Jn den Räumen des Amts-
gerichts fand dieser Tage eine Kriegsgerichtssitzung statt.. Angeklagt
war Unteroffizier Nenmann vom 113. Regiment.. Demselben
wnrde zur Last gelegt, daß er einen Untergebcnen, den Gemeinen
Bnrst, weil derselbe beim Mantelappell die Knöpfe nicht alle
geputzt vorzeigen konnte, durch mehrere heflige Schlögs in das
Gesicht, so daß Burst blntete, vorsätzlich körperlich im Dienste
mißhandelt habe. Neumann erhielt 10 Tage mittlereu Arrest.

Kleine Zeitung.

— Berli«, 19. Sept. Die „Nationalztg." schreibt:
Frau Dr. Luise Köster, die Mutter des Admirals v. Köster,
der der Kaiser soeben in einem Telegramm von der
Verleihung des Schwarzen Adlerordens an diesen Mitteilung
machte, gehörte, wie ältere Berliner sich erinnern werden,
einige Jahre der königlichen Oper an. Unter ihrem
Mädchennamen Luise Schlegel, als sie die Gattin des setner
Zeit hochgeschätzlen dramatischen Schrtftstellcrs Dr. Hans
Köster wurde, der vor einigen Jahren gestorben ist, war
ste wegen ihrer wunderbaren Gesangskunst und ihrer schönen
Stimme in der Berliner Gesellschaft und hiesigen Kunst-
kreisen außerordentlich beliebt. Frau Dr. Luise Köster-
Schlegel konnte noch am 1. August 1893 mit ihrem Gatten
das Fest der goldenen Hochzeit begehen.

— Die Standesehre i« Tübinge«. Wie ein Tübinger
Blatt erzählt, besuchte dort unlängst die Frau eines soeben
nach Tübingen berufenen Professors die höhere Töchterschule.
Sie ging in das Schulzimmer der 6. Klaffe in Begleitung
eines Reallehrers. Letzterer rief alsdann d'e Namen der
anwesenden Töchter von Universitätsprofcfforen auf, und
nun stellte die Frau Profeffor die aus den Schulbänken
getretenen Mädchen ihrer Tochter mit den Worten vor:
„So, mit diesen Mädchen darfst du Umgang pflegen" —
sprach's und verschwand! — Das Gespenst der Standes-
ehre, ist, wie es scheint, von Posen nach Tübingen ver-
zogen. Die übrigen Kinder waren also minderwertig und
nicht umgangsfähig, weil ste keine Professorentöchter
waren. Wunderlich erscheint es, daß der Schulrektor oder
-Direktor eine solche unpassende Demonstration duldet.

— Eineu ungenehmen Besuch erhielten vor Kurzem
die Gäste eincs Hotels in Stngapore. Ein großer voll
ausgewachsener Königstiger, der aus einer Menagerie die-
ser Stadt entsprungen war, gelangte durchs Fenster in das
Billardzimmer dieses Etablissements, wo glücklicherweise
niemand spielte. Ein Offizier der dortigen Kadcttenanstalt
tötete das Tier, bevor es irgend welchen Schaden anrich-
ten konnte.

Theater- und Kunstnachrichten.

— Das spanische Lustspiel „Don G i l", vach Motiven des
Tirso de Moltna von Friedrich Adler, wurde bei seinem ersten
Erscheinen aufder Karlsruher Hofbühne vom Publikum
warm begrüßt. Die vortreffliche Aufführung wurde von Herrn
Kilian geleitet uud die Nachfolgerin von Fräulein Loffen, Fräulein
Elfriede Mahn, erzielte als Donna Juana kurch ihre tempe-
ramentvolle Darstellung einen großen Erfolg.

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Ministerpräjident Komöes.

Saint Zean d'Angely (Charente Jnfsrienre), 21. Sept.
Mtntsterpräsident Combes fübrte heute Mittag bei einem F e st-
mahl der republikanischen Wähler in dem benachbarten Orte
Marthe den Vorsitz. Dabei hielt der Ministerpräsident eine
längere Ansprache und betonte hierbei zunächst den Sieg der
Demokratie bei den letzten Wahlen. Er besprach sodann die
Frage der Kongregationen und betonte, daß das Kon-
kordat die Richtschnur der religiösen Politik des Kabinets sei,
welches die Absicht habe, dasselbe zu achten und ihm auch die
Achtung seitens Anderer zu verschaffen. Das wcrde das Kabinet
sogleich beim Wiederzusammentritt der Kammern bcweisen. Man
müsse nicht das Konkordat verletzen, wenn man die Kongregationen
gesetzlich regele, die außerhalb des Konkordats entstanden seien
nnd ansschlicßlich der Civilgewalt unter Ausschluß jeder fremden
Einmischung unterstehen- Der Ministerpräsident besprach sodann
die auswärtige Politik und erinnerte daran, daß die Re-
gierung in ihrer ministeriellen Erklärnng den festen Willen kund-
gegeben habe, die guten Beziehnngen zwischen Frankreich und
den freniden Regierungen aufrecht zu erhalten nnd zu befestigen.
„Das Kabinet", fuhr der Ministerpräsident fort, „hat seitdem
durch bedeutsame Handlungen bewiesen, daß es sein Verhalten
mit seinen Worten in Einklang zu bringen weiß, indessen
nahmen seine politischen Gegner ein geeignetes Vorkommnis
zum iVorwand, nm zu versuchen, die auswärtige Politik des
Kabinets zu verdächtigen, wo sie jeden Tag seine rellgiöse Politik
verleumden. Entschlüpft ein ein wentg sensationelles Wort den
Lippen eines Ministers im Feuer der Jmprovisation und in der
warmen, mitteilsamen Stimmnng eines Banketts, nnd hatte es auch
in dem Geiste dessen, der es aussprach, nur den Wert der stilistischen
Ausschmückung eines rednerischcn Bildes, gleich wird er für einen
Feind des Kabinets erklärt. Sie bekümmern sich nicht eimal
darum, in Erfahrung zu bringen, ob dieses Wort richtig gemeldet
und vom Redner als der anthentische Ansdruck seines Gedankens
anerkannt worden ist. Als Präsident des Ministerrats
protestiereich gegen ein derartiges Vorgehen. Niemanden kann es
unbekannt sein, daß unter dem parlamentarischen Regime die Regiernng
niemals durch individuelle Erklärungen eines Ministers gebunden wird,
sie wird nnr gebunden dnrch die Erklärungeu des Chefs der Re-
gierung, der allein vor den Kammern :und dem Lande für die
der Politik erteilte Richtimg verantwortlich ist. Jeder Minister
für sich ist nur znständig und maßgebend für die Verwaltung
seines Ressorts. An diesen Grundsatz, der das Wesen der parla-
mentarischen Regiernngssorm bildet, erinnern, heißt, den von den
Gegnern erhobenen Ansprnch auf den wahren Wert zurückzufähren
und das ganze Ministerium anf den Satz festzuleqen, der mehr
oder weniger wahrheitswidrig durch irgend einen Bcrichterstatter
 
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