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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0974
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LLr ösfentlichen Erörterung entzieht, nur gefährdet werden
könnte.

K a r l s r n h e, 13. Mai. Dem „Schwäb. Merk."
schreibt man: Noch tein Jahr ist vergangen, seit Freiherr
v. Tusch in der badischen zweiten Kammer den Ausspruch
tat, es bestehe kein Lehrermangel, weder quam
titativ, noch qualitativ. Seitdem ist von Monat zu Monat
der Lehrermangel fühlbarer geworden. Am schreiendsten
trat der Mißstand vor Augen, als der Oberschulrat den
Stadtgemeinden Mannheim und Karlsruhe erk'lären
mußte, datz er ihnen die zur Erweiterung des Schulunter-
richts nötigen Lehrkräfte nicht stellen könne! Nach ober-
flächlicher Schätzung müssen zur Zeit mehr als 100 Lehrer
fehlen. Das Bedenklichste ist aber, daß augenscheinlich dis
Qualität des Nachwuchses zurückgeht. Sowohl aus den
Präparandenanstalten, wie aus den Seminarien werden
so unheimlich günstige Ergebnisse der Aufnahmeprüfung
lalit, daß man sich des Eindrucks nicht erwehren kann: die
Prüfungsbedingungen sind herabgesetzt oder sehr nachsich-
tig gehandhabt worden! Das ist natürlich nicht das rich-
tige Mittel, dem Lehrermangel zu begegnen; dazu wäre
nur dasjenige geeignet, das an dieser Stelle oft genug
empfohlen wurde: ausreichende Bezahlung und gesicherte
Stellung der Lehrer. Die Wichtigkeit der Volksschule
rcchtfertigt es, der vorwürfigen Frage die größte Aufmerk-
samkeit zuzuwenden.

Baycrn.

— Die von den S ch u h f a b r i k a n t e n aufgestell-
ten und von den Arbeitern angenommenen Bedin-
gungen sind folgende: 1. Aufhebnng der Sperre bei Pa-
que und König durch die Arbeiterorganisationen. 2.
Paque und König nehmen ihre Arbeiter, soweit nicht ent-
behrlich, wieder auf; die Auswahl bleibt ihnen vorbehal-
ten. 3. Aufhebung der Sperre — schwarze Liste — über
die Arbeiter der Firmen Paque und König seitens der
Fabrikanten. 4. Die Fabrikanten verpflichten sich, die ge-
kündigten Arbeiter wieder aufzunehmen, entsprechend der
vorliegenden Nrbeit. NNan hofft, daß nur wenige Arbeiter
keine Arbeit finden werden, denn einmal ist eine Anzahl
abgereist und dann werden einige Fabrikanten mehr als
bmher einstellen konnen.

Ausland.

Pvrtugal.

Liss a bon , 11. Mai. Die Königin A ni a I i e,
die sich augenblicklich in Paris befindet, hat sich geweigert,
den ihr angekündigten Besuch des Präsidente n
Loubet zu empfangen. Sie ist bekanntlich die Schwe-
ster des Herzogs von Orleans und gilt als die stärkste
Stütze der klerikalen Partei Portugals, darin sucht man
den Grund ihres Verhaltens. Die Weigerung ist natür-
lich in möglichft höflicher Form geschehen. Sie erregt aber
dennoch den Unwillen der Liberalen Portugals. Beson-
ders auffällig ist es, daß das halbamtliche Blatt „Novi-
dades" erklärt, datz die Königin nicht mehr eine Prin-
zessin von Orleans, sondern öie Königin von Portugal ist,
und daß sie, wenn sie den Präsidenten nicht empfangen
wollte, lieber hätte zu Hause bleiben sollen.

Türkci.

K o n st a n t i n o p e l, 14. Mai. Der deutsche Bot-
schafter Baron Marschall erhielt einen dreimo-
natigen Urlaub, den er am nächsten Dienstag
antritt.

Konfessiorrelle Verussvereinigungen in
Vaden.

Karlsruhe, 14. Mai. Vor einiger Zeit hat das
badische Zentrumsorgan eine sehr intcressante llebersicht
über die in unserer Stadt bestehenden tathoIischen
Vereine veröffentlicht. Es geht aus diesen SNitteilun-
gen das Bestreben des Zentrums deutlich hervor, möglichst
alle Berufsstände auf einseitig katholischer Grundlage zu
organisieren und dadurch in aller Stille, aber doch in
zielbewußter, energischer Agitation feste Wahlkörper für
den politischen Kampf zu schaffen. Außer dem mehrere

ich ihm gesagt habe, daß ich ihn verachte. Er hofft auf eine
abermalige 'Begegnung, und sür mich ist nun alle Ursache bor-
handen, ihn zu fürchten."

„Er möge sich hüten!" erwiderte Mistreß Burton, deren
Antlitz Zornesglut übergoß. „Sie stehen hier unter meinem
Schutze; ünternimmt er nur das Geringste gegen Sie, so
wende ich mich an die Polizei, die kurzen Prozeß mit ihm
machen wird."

„Sie kennen diesen heimtückischen Charakter nicht," sagte
Erna kopfschüttelnd. „Er wird mich auch hier verleumden,
wie er es in meiner Heimat getan hat."

„Hier kennt niemand Sie, was also wollte er durch Ver-
leumdung Jhnen anhaben können? Aber das Bild muß er
mir verkaufen," fuhr die Amerikanerin lebhafter fort, „wir
dürfen es nun nicht mehr in seinen Händen lassen. Es würde
Jhnen keine Schande machen, wenn er es mit Nennung Jhres
Namens öffentlich ausstellte, aber Sie können Unannehmlich-
keiten dadurch haben, unsere „Jeunesse doree" ist nichts we-
niger als schüchtern."

„Hat Jhnen der Maler das Bild nicht angeboten?" fragte
Erna.

„Nein, er sagte allerdings, daß er dies beabsichtigt habe,
aber er fügte hinzu, es sei ihm nun nicht mehr seil. Das war
es, was in mir die Vermutung weckte, daß dieser Mann ent-
weder irrsinnig sei oder etwas Böses im Schilde führe. Die
Wahrheit konnte ich ja nicht ahnen. Er sagte mir auch, wo er
wohnt, bei Hugh O'Brien, ich werde nachfragen lassen. Kann
die Wohnung gefunden werden, besuche ich heute noch den
Maler, um das Bild zu erwerben."

„Jch fürchte nur, datz er es Jhnen jetzt nicht abtreten
wird," sagte Erna besorgt, „er wird es benutzen wollen, um
seinen Haß gegen mich zu befriedigen."

„Jch vertraue auf den Klang des Goldes, dem niemand
widerstehen kann," erwiderte Mistreß Burton, „ich werde ihm
außerdem beweisen, daß er auf die Befriedigung seines Hasses
in der Stadt verzichten muß, wenn er sich nicht selbst verderben
will."

huridert Mitglieder zähleiiden Wiiidhorstbiiiide sowie einer
Ortsgruppe des Volksvereins für das katholische Deutsch-
laud imd abgesehen von der großen Anzahl rein kirchlicher
Kind charitativer Vereinigungen weist die Stadt Karlsruhe
welche 42 000 Katholiken zählt, f ü n f katholische
LNännervereine (für die einzelnen Stadtbezirke),
einen katholischen L e h r l i n g s v e r e i n, Jüng-
lingsverein, Gesellenverein, Arbeit e r-
v e r e i n, zwei katholische G e w e r k s ch a f t e n, einen
Verein k'atholischer Kaufleute, zwei Studenten-
vereine usw. auf, an deren Spitze mit wenig Aus-
nahmen Kapläne stehen. Aber nicht nur in den Städten,
auch in den übrigen Teileii des Landes ist das Zentrum
bemüht, durch Gründung konfessioneller Vereinigungen
in allen Berufsständen seinen politischen Einfluß möglichst
zu erhalten und zu kräftigen. Die Zahl der christlichen,
d. h. katholischen G e w e r k s ch a f t e n beträgt im ganzen
Lande bis jetzt 60 mit 7000 Mitgliedern und ist in wei-
terer deutlich bemerkbarer Zunahme begriffen. Noch aus-
fallender ist die Entwicklung der katholischen Ar-
beitervereine, deren Mitgliederzahl sich in den
letzten zehn Jahren nahezu verdreifacht hat; im Jahre
1902 waren über 16 000 Arbeiter in 130 katholischen
Arbeitervereinen organistert. Um die Mitglieder möglichst
dauernd und fest an den Verein zu ketten, haben die meisten
Vereinsvorstände Spar-, Sterbe- und Krankenkassen ein-
gerichtet. Nach den vom Verbandspräsidentcn, Kaplan
Dr. Retzbach in Freiburg i. B., kürzlich veröffentlichten
Jahresbericht belief sich das Sparguthaben für 42 Ar-
beitervereine-auf zusammen eine halbe Million Mark.
Verschiedene Vereine haben auch bereits die Vorteils eines
genossenschaftlichen Bezugs von Lebensmitteln erprobt.
Sozialpolitische Unterrichtskurse oder, wie sie im Jahres-
bericht auch benannt werden, „Die geistig. Werkstätten der
Vereine", bestehen Lis jetzt in 17 Vereinen. Das Hand -
werk hat sich in 60 katholischen Gesellenvereinen mit
-10 000 Mitgliedern und in einer größeren, statistisch nicht
nachweisbarer Anzahl von Handwerkervereinen organi-
siert. Jn verschiedenen Gemeinden des Landes stehen sich
katholische Handwert'ervereine, die vom Redakteur eines
kleinen Zentrumsblattes gegründet worden sind, und an-
geblich liberale Gewerbevereine schroff gegenüber. Ueber
die Zahl der im Großherzogtum bestehenden katholischen
Lehrlingsvereine gibt es unseres Wissens keine Zusam-
menstellungen. Eine sehr starke Entwicklung zeigt die
Organisation der „katholischen" L a n d w i r t s ch a f t in
Baden. Jn etwa 900 d. h. in drei Fünftel aller Gemein-
'den des Landes sind in den letzten Jahren katholische
Bauernvereine entstanden, deren Verbandsleitung in Hän-
den des bisherigen Reichstagsabgeordneten Schuler ruht.
Ueber 60 000 Landwirte sind in diesen Banernvereinen
organisiert. Daß kein wirtschaftliches Bedürfnis für
Gründung dieser konfessionellen Dereinigungen vorgewal-
tet hat, geht wo'HI daraus hervor, daß der das ganze Land
umfassende, aber unpolitische Landwirtschaftliche Verein
schon länger als 70 Jahre besteht und seine Leistnngen
nicht bloß in bäuerlichen Kreisen selbst, sondern auch in der
Fachliteratur bisher stets die größte Anerkennung errun-
gen haben. Außerdem besteheri aber im Großherzogtum
gegen 700 landwirtschaftliche Konsumvereine, gegen 380
Kreditgenossenschaften, etwa 200 weitere landwirtschaftliche
Vereinigungen, mithiii fast eine Uebermacht von land-
lichen Vereinen, sodaß die Gründung der katholischen
Bauernvereine in der Tat nur aus politischen Gründen
erklärt werden kann. Soviel ist, wie die „Köln. Ztg."
hervorhebt, sicher: die politische Bedeiitnng all dieser kon-
fessionellen Verufsvereinigungen, mögen sie im einzelnen
Falle auch noch so harmlos oder dem sozialen Frieden
dienend erscheinen, darf keineswegs unterschätzt werden;
sie bedeuten nicht unwichtige Reserven für den politischen
Aufmarsch des Ultramontanismus, und sowohl die Regie-
rung wie die liberalen Parteien müssen alle ihre Bewegun-
gen aufs schärfste im Auge behalten.

Aus Stadt uud Land.

Heidelberg, 16. Mai.

Kunstverein. Ein Relief Sr. Exzellenz Dr. Adolf

Ein Diener trat ein, er brachte einige Briefe, die auf
einem silbernen Teller lagen.

Unter ihnen war einer, der die Adresse Ernas trug, sie er-
kannte gleich die feste Handschrift ihres Bruders.

Mistreß Burton hatte aus der Vaterstadt Ernas ebenfalls
einen Brief erhalten, sie öffnete ihn hastig, er enthielt die
Nachricht von dem Tode ihres Mannes.

Der alte Jnspektor teilte ihr ausführlich das Geständnis
Steinthals mit, spätere Verhöre hatten ihn nicht in Wider-
sprüche verwickeln können, er war stets bei seiner ersten Aus-
sage geblieben, und man durfte annehmen, daß dieselbe auch
Wahrheit sei.

Die Leiche war auch ausgegraben und rekognosziert wor-
den, die Aerzte haten festgestellt, daß am rechten Fuß eine
Zehe sehlte, die Jndentität konnte also keinem Zweifel mehr
unterliegen.

Der dunkle Flecken, der früher am Halse der Leiche ent-
deckt worden war, deutete allerdings auf die Möglichkeit eines
Verbrechens hin, indessen war auch die Wahrscheinlichkeit nicht
ausgeschlossen, daß der Stoß mit einer Ecke des Handkoffers
diesen Flecken verursacht hatte, und dieser Stoß war nur aus
Notwehr geführt worden.

Das Vermögen Steinthals war mit Beschlag belegt, man
hatte eine immerhin namhafte Summe in Wertpapieren nnö
barem Gelde in seinem Besitze gefunden, Mistreß Burton sollte
darüber nun verfügen.

Schweigend übergab sie den Brief ihrer Gesellschafterin,
sie blieb in Sinnen. versunken, während Erna las.

„So ist er, wie ich vermutete, ein Opfer s-üner Leidenschaft
geworden!" sagte sie, als Erna den Brief hinlegte, ich zweifle
nicht an der Wahrheit dessen, was der Angeklagte ausgesagt
hat. Die irdischen Ueberreste des Unglücklichen sollen hierher
geschickt werden, damit er hier seine letzte Ruhestätte findet,
das Geld fchenke ich zur Hälfte dem alten Jnspektor und zur
andern Hälfte einem wohltätigen Jnstitut in Jhrer Stadt,
die Wahl desselben will ich dem Jnspektor überlassen. Und
nun genug davon, ich habe als Witwe lange genug um den

Kußmaul, das zur Zeit im hiesigen Kunstverein ausge-
stellt ist und vom Bildhauer Hans Fries-Heidelberg ausgeführt
wurde, ist hcute soznsagen der Anziehungspunkt im Kunstverein
für alle Freunde, Verehrer sowie Schüler des vor fast eincm
Jahre dahingeschiedenen Professors geworden; nicht nur daß
dies Kunstwerk zu den besten diescr Art gezählt werden dars,
so verrät es uns einen Künstler, der nicht allein die Aesthetik»
was doch Grundbedingung eines Porträts sein muß, hervor-
treten lassen wollte, sondern es vcrstand Hans Fries die Be-
handlung der Gesichtshaut, sowie die der Haare so eigenartig
u. doch fast realistisch durchzuführen, daß es dem Auge des Be-
schauers wohl tut u. deshalb angeregt wird, sogar den Schmuck
des Reliefs, der aus einem Kranz von Rosen und Vergiß-
meinnicht und einer Schleife mit Namen Sr. Exzellenz ver-
sehen, cingehender zu bcsichtigen. Durch diese rein künst-
lerische Arbeit geht ein genialer Zug. Es ist dem Künstler ge-
lungcn, dem sonst kalten Marmorstcin Wärme und Seele ein-
zuhauchen; er hat eine Arbeit geschafsen, die keinen Vergleich
zu scheuen hat. Wir machen die Besucher des Kunstvereins
auf dieses Relief aufmerksam und wünschen dem Künstler wei-
tere Erfolge.

/X Schöffengerichtssitzung vom 14. Mai. Wilh. Friedrich
Kraus von hier erhielt wegen Diebstahls 1 Woche Gefängnis.
Hch. Berger Ehefrau Elisabetha geb. Wittmann von Kirch-
hcim wegen Betrugs 5 Mark Geldstrafe. Die Verhandlung ge-
gcn Karl Friedrich Händler von Stuttgart wegen Beleidigung
wurdc vertagt. Joh. Georg Schwcgler und Stephan Gärtner
von Eppelheim erhielten wegen Körperverletzung je 5 Mk.
Geldstrafe ev. 1 Tag Haft. Mathias Dörr von Sandhausert
erhielt wegen Unterschlagung 1 Woche Gefängnis. Ludwig
Karl Koch von hier wegen Körperverletzung 14 Tage Gefäng-
nis. Friedrich Götzmann von Gauangelloch wegen Bedronung,
Beleidigung und Uebertrctung dcs Z 360 Z. 11 R.-St.-G.-B.
3 Tage Haft und 10 Mk. Geldsträfc. Hcinrich Berger und
dessen Ehcfrau Elisabetha geb. Wittmann von Kirchheim wegert
Betrugs 5 Mk. Gcldstrafe. Die Verhandlung gegen Christian
Hoffmann von hier wegcn Körperverletzung wurde vertagt.

Durlach, 14. Mai. (Ein unglücklicher Schütze.)!
Der am Turmberg wohnende Landwirt Dreher wollte gesterrt
Abend Jagd auf Ratten machen. Er lud ein altes Soldaten-
gewehr mit Schrot und wollte sich zu der Stelle begeben, wo
sic aus dcr Dürrbach herauskamen; er hatte dabei den HähN
gespannt und den Finger am Drücker. Jm Gehen strauchelte
er, der Gewehrlauf richtete sich dabei aufwärts, die Ladung:
ging los und traf zwei gerade im gcgenüberliegenden An-
wescn auf ciner Bank sitzende Dienstknechte des Fuhrunter-
nehmers Becker. Der eine davon, Hesch, erhielt lt. „Durl.
Wochenbl." einen Schrot ins rechte Auge und etliche in dis
rcchte Halsseite; lebensgefährlich verletzt wurde er
zunächst ins hiestge Spital, hernach zwecks einer Operation
nach Karlsruhe überführt. Sein Kamerad Hahn erhielt
Schrote ins Gesicht und in den Arm und ist leichter verletzt.

Aus Baden. Die Fleischpreise im Einzelkauf wol-
len dem Sinken der Viehpreise nicht recht folgen. Neuerdings'-
wird aus einer Ladischen Stadt (Taubcrbischofsheim) berichtet,
daß das Schweinefleisch von 70 auf 80 Pfennig herunterge-
gangen ist. Dieser Ruck bcweist, daß auch anderwärts ein Ab-
schlag gerechtfertigt- wäre. Den Sozialdemokraten ist es natür-
lich unangenehm, daß das schönc Agitationsmittel der Fleisch-
not jetzt kurz vor den Wahlen in die Brüche geht. Jhre „Vor-
aussicht" hat wieder einmal glänzend Fiasko gemacht.

Das

„iseitleibergtt fremaenblan"

kostet für den Lonimer (ZOZ nur 7Nk. 3.-—^

Bestellungen werden täglich entgegengenoniiiien vom
Verlcrge, Untere Neckarstraße 2(, sowie vom
jstostamte und den Trägern.


Kleine Zeitung.

— Dcr Willkommenstrniik von Schweinfurt. Dev

Sachverhalt mit dem Willkomnicnstrunk wird in eiiier
Schweinfurter Korrespondenz der „Frankf. Ztg." wie folgt.
dargestellt: „Ter Willkommenstruiik wurde nicht vonr
Bürgermeister der Stadt Schweinsurt, sondern vom Di-
rektor Sorg vom Juliushofpital in Würzburg in desseir
Eigenschaft als Vorstand des imterfränkischeii Weinban-
vereins beim Besuche des Prinzen in der Weinkosthalle

verschollenen Gatten getrauert, ich wußte, daß ich außer der
Todesbotschaft keine andere Nachricht mehr von ihm empfangew
konnte, Sie haben ja auch einen Brief erhalten?"

„Ja, und er enthält eine frohe Nachricht," erwiderte Erna
mit einem Aufleuchten dcs Glückes in den schönen Augen.
„Mein Bruder hat sich mit Hertha Röder verlobt, die beiden
Mcnschenherzen haben sich endlich gefunden, sie sind glücklich."

„Dazu gratuliere ich," sagte Mistreß Burton, die einige
Worte auf einen Zettel geschrieben hatte und nun auf den
Knopf des elektrischen Telegraphs drückte, „ich habe Beide
kennen gclernt und glaube, daß die Charaktere harmonieren,
und das ist in der Ehe die Hauptsache. Man soll nachsehen,
in welchcr Straße dieser Mann wohnt und die Adresse untec
den Namen schreiben," wandte sie sich zu dem eintretenden
Diener, indem sie ihm den Zettel übergab.

„Friedrich- schreibt mir, daß er schon binnen drei Wochew
die Hochzcit in aller Stille feiern werde," fuhr Erna fort, als
sie den Blick ihrer Herrin sragend auf sich gerichtet sah, „dec
Vater Herthas wünscht es so und das Brautpaar scheint dieseN
Wunsch nur zu gerne zu erfüllen. Jch soll nun auch zurück-
kehren, Friedrich ist außerdem meinetwegen jetzt in sehr grotzev
Sorge, er weiß, daß der Maler hierher gereist ist —"

„Diese Sorge ist unnötig," fiel Mistreß Burton ihr in diä
Rede, „Sie sind unter meinem Schutze, das genügt, um alle
Jntriguen des Malers unschädlich zu machen. Hegen Sie noch
immer Furcht?"

„Nein, wenn ich mich auch eincr gewissen Unruhe nicht er-
wehren kann, so lange ich diesen Mann in meiner Nähe weiß-
Jch bleibe bci Jhnen, mein Bruder bedarf meiner jetzt nichl
mehr, das junge Ehepaar kann ich getrost seinem Glücke über-
lasscn."

Der Diener trat mit dem Zettel wieder ein und hatte iw
Adretzbuch sofort die Wohnung O'Briens gefunden, Mistreß
Burton befahl in ihrer entschlossenen Weise den Wagen, st^
wollte ihren Besuch bei dem Maler unverzüglich machen.

(Fortsetzung folgt.)
 
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