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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 202 (1. August 1903 - 31. August 1903)
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bandLs ein gemeinschaftliches Werkzeug so lange varent-
halten, bis er sich bereit erklärt hatte, dem sozialdemokra-
tischen Holzavbeiter-Verband beizutreten. Jm Abort einer
Fabrit wurde angeschrieben: guf zum Kampf gegen dte
„Hirsche!" Ein Sommerfest des Hirsch-Dunckerschen Orts-
verbandes wurde in jeder Weise durch Dumme-Jungen-
streiche gestört mit der Behanptung, daß die „Hirsche"
nicht berechtigt seien, derartige Feste zu feiern. Aehnliche
Verhältnisse herrschen in Schkeuditz in den Werkstätten,
in denen Mitglieder des Hirsch-Dunckerschen Ortsvereins
der Maschinenbau- u/td Metallarbeiter beschäftigt sind.

Deutsches Reich.

-— Der n a t i o n a l s o z i a l e Verein für Dres-
den nnd Umgegend hat nach einem Vortrag Naumanns
solgende Re s o l u t i o n einstimmig angenommen: Der
nationalsoziale Verein Dresden und Umgegend erklärt sich
mit der bvabsichtigten Fusion des imtionalsozialen Haupt-
vereins mit dem Libsralen Wahlverein im Prinzip ein-
verstanden, setzt aber dabei voraus, daß für die National-
sozialen nach wie vor die Grundlinien ihres Programms,
Lesonders in sozialer Hinsicht, maßgebend sind und daß
in den Orten, in denen keine Organisationen der Frei-
sinnigen Vereinigung bestehen, die nationalsozialen Orga-
nisationen oder Landesvereine ihren Namen beibehalten.

— Jnteressant ist ein Wort unseres Kaisers
über den neuen Entwurf eines Bismarck-Denkmals im
Berliner Dome. Die „Nationqlzeitung" weiß darüber
folgendes zu erzählen: Der Kaiser wünschte eine ger-
manische Tracht und empfahl daher die Darstellnng Bis-
marcks als eines alten deutschen Ritters. Sehr entzückt
war der alte greise Dombaumeister, Geh. Rat Raschdorff,
von dem Entwurfe Begas, dessen Werk der Denkmalskirche
eine neue Bedeutung geben wird, und er äußerte sich
dem Kaiser gegenüber sehr begeistert von der Gestaltung
der Arbeit: Bismarck sei, so meinte er, hier gewisser-
maßen als „H üter der H o h e n z o I l e r n" gedacht.
„Ach was," rief der Kaiser dazwischen, „w i r H o h e n-
zollernbrauchen keinen Hüter — wir
hüten uns selbst."

si.s " Badcn. '' ' '

B r u ch s a l, 18. August. Die Stellungnahme zu den
Landtagswahlen beschäftigte gestern Llbend eine Versamm-
lung des s o z i a l d e m o k r a t i j ch e n Vereins in
Bruchsal. An das einleitende Referat des Redakteurs
Willi schloß sich It. „Volksfreund" eine lebhafte Diskussion,
worauf folgende Resolution einstimmig angenommen
wurde: „Die heutige Versammlung des Bruchsaler sozial-
demokratischen Vereins beschließt, mit der definitiven
Stellung znr Landtagswahl bis zur weiteren Klärung
der Situation noch zuzuwarten, inzwischen aber alle Vor-
bereitungen zu treffen, um eine evcntuell nötig werdende
sclbständige Beteiligung an den Landtagswahlen zn er-
möglichen".

Prcußcn.

O s nabrück, 17. Aug. Holländische Ursu-
linerinnen, die ihr Kloster in Nimwegen an sranzösische
Schwestern verkauft habm, beziehen ein hier mit einem
Kostenaufwand von ca. 750 000 Mark foeben fertigge-
stelltes g r o ß e s KI o st e r.

Ausland.

Ocstcrrcich-Ungarn.

Wien, 19. Angust. Die Arbeiter-Zeitung ver-
öffentlicht zwei Proklamationen, die das Komitee der
sozialdemokratischen ^Partei in Odessa aus An-
latz des Streiks in seiner Geheimdruckerei hergestellt und
an die Einwohner verbreitet hat. Jn denfslben werden
die Arbeiter aufgefordert, den Kampf gegen die Regierung
und das Kapital auf das energischste fortzusetze n.

Asicn.

— Ein klassisches Beispiel für die Wirkung der Z i-
vilisation aus den menschlichen Körper scheinen

die freilich nur cine Ergänzung dessen war, was Leönie be-
rcits crfähren hatte. Noch konnte die große Frende über die
glücklichc Lösung allcr Wirrcn nicht aufkommen. Sie crhiclt
cincn Dämpfer durch das cntschliche Gericht, das der Schul-
dige mit eigener Hand an sich vollzogen hattc.

Frau Doktor Ehrentraut führte Alice in ihr Schlafzim-
mer, entkleidete und bettete sie und mischte einen beruhigenden
Trank; Lonie schlich sich lcise davon. Sie mußte Hellmuth
von Erbach von dcn stattgchabtcn Vorsällcn bcnachrichtigen
und mußte zuschauen, was aus ihrem armen Edgar wurde.

19. K n p i t e l.

Wieder saß die Frau Majorin von Erbach an ihrem auf
dem Balkon ihres Gartenhauses hergerichteten Teetisch und
schaute in das vom Goldglanz der sinkendcn Sonne erfüllte
Saaletal, wieder erwartete sie ihren geliebten Sohn und Haus-
gcnosscn zur Teilnahme an dem sorglich bereitctcn Jmbiß, aber
ihr Gesicht hatte heute nicht den freudvoll gelassenen Ausdruck,
der ihm sonst immcr das Gcpräge dcr Zuversichtlichkeit und
des Behagens gegcbcn hatte.

Das tötliche Einvernehmen zwischen Mutter und Sohn
hatte in den jüngstvergangencn Wochen mancherlei Trübun-
gen erfahren, die zwar schnell wie die Wölkchen am Sommer-
himmel vorübcrgczogcn waren, in dcm Herzen der Majorin
aber doch mancherlei Besorgnisse hervorgernfen hatten. So
sehr sie sich dagcgen gcwehrt, war das Gespräch zwischen ihr
und Hellmuth doch häufig zu Wiesenberg und dessen junger Be-
sitzerin zurückgckchrt. Hcrr von Erbach hattc inzwischen die
junge Dame mehrmals gesehen, und die Art, wie er von ihr
sprach, ließ der sorgfältig beobachtenden Mutter keinen Zwei-
fel darüber, daß sie einen Eindruck auf ihn gemacht hatte, wie
bishcr kein weibliches Wesen, und daß er den lebhaften Wunsch
hegte, ihr näher zu tretcn.

Diesem Eindruck mochte es wohl auch zuzuschreibcn sein,
datz er gegen die Beschuldigungcn, Wolf von Rohr habe seinen
Brudcr crschossen, sich ungläubig vcrhielt und sich durch alle

wiederum dieIapan e r zu bieteu. Eins der bedeutend-
sten imlitärischen Btätter in England stellt feft, daß die
Qnalität der Rekruten in dem Heere des Frenndes und
Bundesgenossen sich mit fedem Jahre verschlechtert. Die
Berichte dcr Rekriitiernngsämter lassen fast keinen Zweifel
über die Richtigkeit der Behauptung aufkommen. Das
Durchschnittsgewicht der Wehrpflichtigen hat sich im Laufe
der letzten 10 Jahre um ungefähr 5 Pfund verringert,
uud da die Japaner schon an und für sich eine kleine und
leichtgebaute Rasse siud, so fällt dieser Unterschied um so
mehr auf. Ferner äußerte sich jüngst einer der bedeutend-
sten Militärärzte in Japan, daß nur etwa 15 Prozent
der Wehrpflichtigeu wirklich in jeder Beziehuug dienst-
fähig sind, und daß ini Iahre 1902 trotz der größten
Nachficht der mediziuischen Behörden nur 44 Prozent zum
Eintritt ins Heer zugelassen werdeu konnten. Diese An-
gaben lanten allerdings nicht sehr ermutigend für die
Japaner.

Amerika.

9k e w y o r k, 17. Angust. Gerade als Präsident
Roosevelt heute in Oysterbay Revue über 21 Kriegsschiffe
abnahm, traf die Nachricht von' dsm amerikanischen Ge-
sandten in Kolumbia ein, daß der Senat einstimmig den
Kanalvertrag verworfen hat. Das Staatsdepartement
hat bereits Unterhandlungen mit Costarika und
Nicaragua Megen der Ni c a r a g u a r o u t e be-
gonnen, wozu es gesetzlich ermächtigt ist, wenu der Pana-
mavertrag verworfen ist. Doch sind dort dieselben kanal-
feindlichen Jntriguen tätig. Die hiesige Presse schlägt
vor, anknüpfend an die Nachricht von der kanalfreund-
lichen Haltung Panamas, dieses Territorium von Kolum-
bien zu trennen und es als selbständige Republik anzu-
erkennen.

N e w y o r k, 19. Angust. Der S k a u d a l, welchen
die Ablehnung des P a n a m a - V e r t r a g e s
durch den kolumbischen Köngveß veranlaßt hat, bildet den
Gogenstand lebhafter Auseinandersetzungen in der Prssse.
Die transcentrale Eisenbahn-Gesellschaft verhehlt nicht,
daß 5 Millionen Dollar geopfert worden sind, um die
weitere Verschiebung des Kanalbau-es herbeizuführen. Der
Sekretär der Gesellschaft hat eingsstanden, daß diese
Summe nicht so bedeutend sei, wie wenn man bedenk'e,
welch ungeheurer Schaden der Gesellschaft erwächst, wenn
der Kanal gebaut wird. Jn der Umgebung des Prä-
sidenten Roosevelt ist man über die Ablehnung des Ka-
nalvertrages sehr entäuscht. Dennoch hat man die Hoff-
nung nicht ausgegeben, daß der Plan schließlich doch noch
zur Ausführung gelangt.

Von dev Maifeier.

An dcr Maifeicr, die einst mit so großem Enthusiasmus
ins Lebcn gerufen wurde, scheint in den Reihen der Sozial-
demokratie das Jnteresse nachgelassen zu haben. Wir lesen
in der Mannheimer „Volksstimme":

Mit dem Parteitage beschäftigten sich dieser Tage dle
Elberfelder Genossen. Nach einem Referate des Genossen
Gräser, äußerte Genosse Gewehr, daß vielleicht die Punkte
Maifeier und Jnternationaler Kongreß Anlatz zu Debat-
ten gcben könnten, da es eine starke Strömung gebe, die für
Verlegung der Maifeier auf den crsten
Sonntag im Mai sei. Die Redaktion unseres Kölnischen
Parteiblattes schreibt dazu: „Wir wissen, daß besondcrs in
Gewerkschaftskreisen zahlreiche Gegner der
Maifeier in ihrer jetzigen Form zu finden sind und wir glau-
ben keine uncrlaubte Jndiskretion zu begehen, wcnn wir mtt-
teilen, daß auf dem letzten Gewerkschaftskongreß einc Bespre-
chung der Zentralvorsitzenden über die Maifeier zu dern Er-
gebnis führte, eine Acnderung anzustreben. Aüch bekannie
Parteigenossen und Abgeordnete wünschen eine solche Aenve-
rung, da sie gleichfalls der Meinung sind, datz der jetzigen Form
der Feier fast überall der Charakter einer Demonstration ab-
gehe. Dadurch, daß die Unternehmer dcr Arbeitsruhe fast
sämtlich cinen erbitterten Widerstand entgegensetzten, der vor-
läufig noch nicht gebrochen werden könne, sei die Maiseier
nicht das geworden, was sie nach den Beschlüssen des
Pariser Kongresses werden sollte. Autzerdcm aber wcrde jener
Beschlutz fast nur noch von den Deutschen befolgt. Vor meh-
rercn Jahren regte schon Genosse Stolten aus Hambnrg
auf einem Parteitage eine Aenderung der Maifeier an. Jhm
wurde erwidert, daß die Feier von einem internationaien
Kongreß beschlossen sei und demgemäß von einem solchen eme
etwaige Aenderung ausgehen müsse. Zweifellos wird sich ver
nächstjährige internationale Kongretz mit der Maifeier zu be-

Beweis-e, die seine Mutter für ihre Behauptung beibrachle,
nicht überzeugen ließ.

Die seltsame Handlungsweise Fräulein von Rohrs gegen
den Oberverwalter Hartung gab ihr gewissermaßen Ober-
wasser, und sie wiederholte mehrmals gegen den Sohn:

„Hartung hat sic in Händcn. Er hat sie mit dem Ver-
brcchen ihrcs Vatcrs bckannt gemacht, wenn stc es nicht schon
durch ihre Mutter erfahren hat, und hat ihr wahrscheinlich ge-
droht, die Geschichte noch jetzt an die Oeffentlichkeit zu bringen,
wcnn sie sich nicht in seinen Willen fügt."

„Daß er das oder Aehnliches getan hat, ist mir nicht zwel-
felhaft", war Hcllmuths Antwort, „cr hat Fräulein von Nohrs
Mutter und jetzt sie selbst in ein Netz von Lügen verstrickt."

Was ihm sein Förster über den Auftritt in der Waldschcnke
erzählt hat, hatte ihn in dieser Annahme bestärkt und ihn ver-
anlatzt, stch mit Leonie Helbing in Verbindung zu setzen, er
hatte jedoch sciner Muttcr von dcm getancn Schritt selbstver-
ständlich nichts gesagt.

Nun aber hielt er das überraschend schnell erfolgte Ergeb-
nis des mit Leonie geschlossenen Bündnisses in Händen und
mit schnellen Schritten trat er zu sciner Mutter auf dcn Bal-
kon, die voll Staunen in sein hocherregtes Gesicht blickte.

„Was gibt es mein Sohn, was ist dir begegnet?" fragte
sie, mit ihrer schlanken Hand auf den ihr am Tische gegenüber-
stehenden Sessel hindeutend und ihn zum Sitzen einladend;
aber Hellmuth befand sich in einer viel zu großen Aufregung,
um ihrer Aufforderung Folge leisten zu können. Vor ihr auf-
und abgehcnd rief er:

„Es haben sich seit gestern wunderbare Dinge ereigner —
Dinge, die dich in das höchste Staunen versetzen werden, die
auch mir überraschend kommen, wenn ich auch immcr der An-
sicht gewesen bin, daß die Verhältnisse anders lagen, als du
und mein verstorbener Vater angenommen haben."

Die Majorin verfärbte sich und fragte mit stockender Zunge:
„Wovon sprichst du, Hellmuth, von — von —"

„Von Wiesenberg", vollendete Hellmuth die stockcnde Rede.

fassen haben. Wir glauben indcsscn nicht, mcint das Kölncr
Bruderblatt, daß die Freunde einer Aenderung ihr Zie! cr-
reichen, so lange der jetzige Abstimmungsmodus besteht. Da-
nach wird nach Nationen abgestimmt, und die Folge ist, daß Vie
dcutsche Sozialdemokratie, die stärker ist als die sozialistinyeir
Parteien aller anderen Länder zusammcngenommen, voch kn-
nen größeren Einfluß auf den Kongrcß hat, als etwa Rumä-
men odcr Bulgarien."

„Wir müssen gestehen," so bemerkt hierzu die „S ä M s-
A r b e i t e r z t g.", „daß wir derselben Meinung
sind, wie Gcnosse Gewehr. Unbcschadct des Abstimmungs-
modus auf den int-rnationalen Kongreffen kann immerh'n vic
Frage der Verlegung der Maifeicr auf dcn erstcn Sonncng >m
Ma. auf dcm in Drcsden stattfindcndcn Parteitag angstchnit-
tc,, werden. Bekommt man dadnrch doch ein Bild da-on. irae
war in Partei- und Gewerkschaftskreisen über die Frage
denkt. Eins ist sicher, in den letztcn Jahren hat nch zweiiellos
d!e Stimmung für Aenderung der Maifeier erheblich verstärtt.
gcnau Schritt haltend mit dem Wachstum und vem innercw
Ausbau der Gewerkschaftsorganisationcn."

Aus Stadt und Land.

Ein Studentenstammbuch befindet sich, wie man der ,,«rr.
Post" schreibt, im Besitz der Familie Zangemeister hier^
Der ursprüngliche Jnhaber war dcr spätere Pfarrer zu Colbitz.
und Wcdringen (Provinz Sachsen) Johann Caspar Zangemel-
ster, der in den Jahren 1650 und 1651 in Straßbnrz, dann
in seinem Geburtsort Halle a. d. S. studicrte. Aus dcr Straß-
burger Zeit befinden sich nun eine ganze Reihe von Einträgen
in diesem Stammbuch, die meistens von Mitgliedern des Lehr-
körpers herrührcn, so u. a. von I. G. Dorschcns, Rektor, von
den Theologen Joh. Schmidt, Joh. Conradi und B. Fr. Saltz-
mann, von den Medizinern Melchior Schiz und I. R. Saltz-
mann jun., von den Juristen I. B. Wieland, ferner von einem
I. Casp. Pfützer, XV. vir reip. Pal. Bis 1820 blieb das Buch
in Besttz der Nachkommen Johann Caspar Zangemeisters; dann
muß es in die Hände eines Schncidcrmeisters gekommen sein^
der die leeren Seiten dazu benutzte, die von seincn Kunvcn
noch einzufordernden Ausstände aufzunotieren. Auch cinige
Rezepte für Hausmittelchen sind von derselben Hand eingetra-
gen wie z. B.: „So ein Mensch übel hörct", „So ein Mensch
rote hitzige Augen hat" und „Ein langes Leben zu erhalten".
Dieses letztere Rezept dürfte auch zu unserer Zeit noch ange-
legentlichst empfohlen werden. Es lautet: „Trink des Mor-
gens früh einen guten Trunk des Safts Patientia, mit einem
guten Teil der Gnade Gottes vermischt und gebrauche das alle
taze es wird gut derzu seyn." Jn späterer Zeit gelangte das
Stammbuch in eine Autographensammlung, aus der es der im
vorigen Jahre verstorbene Oberblibliothekar, Professor Karl
Zangemeister für die Familie zurückerwarb. Wenn sich auch
in dem Zangemeisterschen Stammbuch nicht so viele hervorra-
gende Männer berewigt haben, wie in dem in einem andercw
Artikel der „Straßb. Post" erwähnten Hillerschen, so hat es
aber ebenso wie das letztere in bedcutendem Maße dazu beige-
tragen, die Geschichte einer bürgcrlichen Familie bis in
dic Zeiten des 30jährigen Krieges zurückzu-
führen und die Anhaltsforschung zu einer erfolgreichen Fa-
milienforschung gegeben zu haben."

X Sterblichkeitsbericht. Nach den unterm 14. ds. Mts.
herausgegebenen Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund-
heitsamtes zu Berlin über die Gesamtsterblichkeit in den 305
deutschen Städten und Orten mit 15 000 und mehr Einwoh-
nern während des Monats Juni ds. Js. hät dieselbe — auf je
1000 Einwohner auf den Zeitraum eines Jahres bercchnet
betragen: a. weniger als 15,0 in 87, b. zwischen 15,0 und 20,0'
in 140, c. zwischen 20,0 und 25,0 in 55, ck. zwischen 25,0 und

30.0 in 17, e. zwischcn 30,0 und 35,0 in 3 und I. mehr als

35.0 in 2 Ortcn. Die gcringste Sterblichkcitsziffcr hatte in
dem gedachten Monate dcr Ort Wermelskirchen (Rheinpro-
binz) mit 5,8 und die höchste dcr Ort Hamborn (Rhcinprovinz)
mit 42,4 zu verzeichnen. Jn den Städten und Orten des
Großherzogtums Baden mit 15 000 und mehr Einwohnern
sind folgende Sterblichkeitsziffern für dcn Berichtsmonal er-
mittelt worden und zwar: Jn Offenburg 18,8, Baden-Baden
14,1, Konstanz 15,2, Mannheim 16,0, Pforzheim 17,3, Frei-
burg 21,3 (ohne Ortsfremde 16,6), Karlsruhe 21,6 (ohne
Ortsfremdc 20,2), und in Heidelberg 23,3 (ohne Orts-
fremde 14,9). Die Säuglingssterblichkeit war im
Monate Juni ds. Js. eine beträchtliche, d. h. höher als ein
Drittel dcr Lebensgcborcnen in 17 Ortcn, dicselbc blicb untcr
cinem Zehntel derselben in 48 Orten. Als Todesursachcn der
währcnd dcs gcdacihten Monats in unsercr Stadt zur standes-
amtlichen Anmeldung gelangten 91 Sterbefälle — daruntcr 16
von Kindcrn im Alter bis zu 1 Jahre — sind angegeben:
Diphtherie und Croup 1, Unterleibstyphus 2, Lungenschwind-
sucht.13, acute Erkrankungen dcr Atmungsorgane 4, Brcch-
druchfall 5, alle übrigen Krankheitcn 60 und gewaltsamen Tod
6. Jm Ganzen scheint sich der Gesundhcitsznstand gegenüber
dcni Monate Mai ds. Js. ein wenig gebessert zu haben. Tie
Zahl der in unserer Stadt während des Monats Juni ds. Js.
zur standesamtlichen Anmeldung gclangten Geburten hat —
ausschließlich der vorgekommcnen 2 Totgcburten — 106 be-
tragen; dieselbe hat die Zahl dcr Sterbesälle — 91 — um 15
mithin übersticgen.

-st Patentbericht für Baden vom 18. August 1903. Mitge-
teilt vom Jnternationalen Patentbureau C. K l e h e w, Karls-

„Es ist erwiesen, datz Wolf von Rohr den Mord an seinem
Bruder nicht begangen hat, daß er, seine Frau, scine Tochter,
daß du und mein Vater das Opfer ciner abscheulichen Jntrigue
geworden sind."

Der silberne Teelöffel, den die Majorin aufgenommcn
und spielend in der Hand gehaltcn hattc, cntficl ihr und schlng
klirrend gcgen die Tasse. Sie hatte ein Gefühl, als schnüre
eine unsichtbare Hand ihr die Kehle zu und sie bermochte nicht
zu sprechen. Die Hand auf das heftig klopfende Herz Lrückend,
sah sie den Sohn stumm und fragend an und der beeilte stch
jetzt zu erklärcn:

„Förster Menhold ist heute in aller Morgenfrühe beim
Nmtsrichter Fleischmann in Dornburg gewesen und hat zu
Protokoll gegeben, daß er Herrn Wilhelm von Rohr erschossen
habe."

Die Majorin stieß einen halblauten Rnf der Ueberraschung
aus, dann fragte sie: „Er hat es anf Gehciß Wolfs von Rohr
getan?"

„O, Mutter, Mutter, dein Glaube an die Schuld des armen
Wolf von Rohr scheint hartnackig und unausrottbar zu sein!"
rief Hellmuth schmerzlich und warf sich nun doch auf den für
ihn bereit gestellten Sessel. „Der unglückliche Mann war der
Tat sc> fremd, wie du und ich, und auch bei Mcnhold kann von
einem Morde nicht die Rede sein. Es ist kaum eine Fahr-
lässigkeit, die man ihm zur Last legen kann."

Er erzählte hierauf den Hergang der Sache und die Ma-
jorin sagte kopfschüttelnd: „Aber warum hat der törichte Mann
sich nicht sogleich zu dcr Tat bekannt? Man hätte ihm doch
gar nicht viel cmhaben können."

(Fortsetzung folgt.)

Mißverständnis. (Jn der Apotheke.) Junger Herr (Stor-

terer): „Hhp-hyp-" Apotheker (leidenschaft-

licher Freund des Rudersports): „Hurrahü!" — Junger
Herr: „Aber nein! Hyp — hyperman — gan — sau —
saurcs Kali!"
 
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