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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 202 (1. August 1903 - 31. August 1903)
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https://doi.org/10.11588/diglit.11499#0351

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ÄMttstW, K AmB 1VZ. Zweites Blatt. 1Z. MrjUg. — .1L Igz.

»rfchiist tLglich, Sonntag« au»gknommen. Prei» «u FmMi«ublStt«m «»natlich so Pfg. in', Han, ««»racht, d«i d« Srp«ditt»n u»> d«n Zweigstatt»««, «L,,h»kt <0 Psß. Durch di, W8

bqo^« »ierteliührlich 1^8 Ml. -u,sch«-»Nch ZusteLgebühr.

«»»«igenpr-i,: S0 Pfg. für di« Ispaltige Prtttzetle »b«r berm, Ranm. ReNamrzeile 40 Pfz. Fik -ttstge SeschSst,- und Privatan»etg«n «rmäßigt. — Wr die Aufnahme »»« z^siK»-
,n brstimmten Tagen wird krine verantwortlichkeit übernommrn. — Anfchlag der Jnserate auf de» Plskattaf-ln der Heibelberger Zeitsng und den städttfche» ÄnjHlagstellen. Fernsprrchrr M,

Die Armeen des Drei- Uttd des Zweibttlldes.

Teni itaüenischeu Generalstabe gebührt das Veröienst,
in knapper und übersichtlicher Darstellung die Stärke-
verhättnisse und die iu den letzten 10 Jahreu vorgekomme-
nen Veränderungen der großen europäischen Armeen zu-
sainmengefaßt zn haben. Die „Südd. Neichskorresp. ist
in der Lage, aus dieser Arbert auszugsweise die wichtig-
sten und interessantesten Angaben in folgendem wieder-
zugeben.

Vom Kahre 1892 bis 1903 llat das itaIienische
Militärbudget zwischen dem Höchstbetrage von 218 Milli-
onen und einem Minimalbetrage von 224 Millionen Lire
geschwankt; augenblicklich beläuft sich dasselbe anf 239
Millionen. Der Durchschnitt desselben beträgt 236jP
Millionen, von denen 16 Millionen auf die außerordent-
lichen Ausgaben eiitsalleii. T!e Stärksverhältnisse üer
Armee bewegten sich zwischm 232 162 und' 207 088 Mann.
Ter heutige Effektivbestand der Armee ist 217 752 Mann;
öas Mittel in der etatmäßigen Stärke des Heeres wäh-
rend der genannten 10 Jahre beläuft sich auf 221 388
Manii, die sich mit 13 666 auf die Ossiziere nnd mit
207 732 auf die Mannschaften verteilen. Jn Jtaüen
verteilen sich sonach je 1000 Mann auf 62 Offiziere und
938 Soldaten. Tie Diirchschnittsaudgabe sür jeden
Mann, Offiziere und Soldaten einbegrifsen, beläuft sich
auf 996,50 Lire. Tas Mittel im Pserdebestande für die
Armee innerhalb der vorermähnten 10 Iahre beträgt
45 695 Pferde und ist das Stärkeverhältnis zwischen Sol-
daten und Pserden so, daß auf je 100 Mann 21 Pserde
kommen. Die itaüenische Artillerie verfügt über 872
Geschütze und zwar 185 Feldbatterien zu 4 Geschützen,
16 Gebirgsbatterien nnd 6 reitende Batterien zu je 6
Geschützcn. Es kommen daher auf je 1000 Mann vier
Geschütze.

Das Heeresbudget in O e st errei ch - II n g a r n be-
Wegte sich zwischen 353 und 478 Nüllionen Lire und' be-
länft sich heute auf 433^ Millionen; die durchschnittüche
Höhe dss Budgets beträgt demnach 407^ Millionen, von
denen 64 Millionen für außerordentüche Ausgaben ver-
wandt ivurden. Das Biittel im Efsektivbestand der öster-
reichischen Armee beträgt 350 657 Mann, von 'denen aus
die Offiziere 21 710, auf die Mamischasteu 329 917 ent-
falleu. Das Verhaltnis zwischen der Anzahl von Offi-
Iieren und Leuten ist genau dasselbe wis in Jtaüen^ so
daß also 1000 Nlann sich aus 62 Osfizieren nnd 938 Ge-
rneinen znsammensetzen. Auf jeden Mann, Offiziere und
Leute einbegriffen, kommt erne Durchschnittsausgabe von
1008,10 Lire. Die Zahl der für die Armse vorhandenen
Pserde beträgt im Büttel 68 864 Pferde, was 17 Pferden
auf je 100 Maün entsprichl. Die österreichische Artillerie
hat in Summa 1048 Geschütze, so daß also auf je 1000
Manu 'drci Geschütze kommen.

Jn Deutschland schwankte innerhalb der letzten
10 Jahre das Heeresbudgst zwischen 677 und' 827jch
Millionen Lire. Jm Durchschnüt betrug das Heeres-
budget 736 Millionen, von denen ungcfähr 150 Milüonen

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sür außerordentüche Ausgaben in Anspruch genommen ^
wurden. Hierzu muß bemerkt werden, daß die Schwan- I
kungen im Miütärbudget besonders won den auherordent- l
üchen Ausgaben abhängen, die sich in den Zahlen von 297 s
und' 72 Millionen Lire bewegen. Was das ordentliche !
Budget anlangt, so hat daSselbe seit 10 Jahren alljährüch j
zugenommen, da es im Iahre 1891 170 Milüonen, im !
Jahre 1901 696 Milüonen betrug. Dieselben Steige- !
rnngen wie das vorgenannte Budget hat auch der Effektiv- !
bestand der Armee dnrchgsmacht. Aus deu 492 246 j
Mann, die etatmäßig im.Jahre 1891 vorgesehen waren, !
sind im. Jahre 1903 604 168 Mann geworden, und zwar s
26 336 Offiziere und 577 833 Mann. Das Dnrchschnitts- i
effektiv beträgt danach 562 187 Mann, monach je 1000 s
Mann sich aus 43 Offizieren und 957 Mann zusammen- !
setzen. Was die Durchschnittskoften eines jeden Soldaten
anbelangt, so betragen dieselben, Offiziere und Mann-
schasten zusammen-gerechnet, 1042,80 Lire. Der Pferde-
bestand 'der Armee ist im Mittel 96 298 Pferde, und kom-
men danach auf je 100 Mann 16 Pserde. Die deutsche
Armee verfügt iu Summa über 3414 Geschütze, so daß auf
je 1000 Mann 6 Geschütze zu verrechnen sind.

Tas Budget für die r ussisch e Armee schwankt zwi-
schen 599 und 874sP. Millionen Lire, wonach der Durch-
schnitt der letzten 10 Jahre sich mit 732^ Milüonen be-
rechnet. Ter gesetzmäßig feststehende Etat des Heeres
betrug im Jahre 1892 803 600 Mann und ist seitdem bis
heute auf die Stärke von 1 018 000 Mann gestiegen, und
ergibt sich hieraus, daß je 1000 Mann sich auf die Offi-
ziere mit 38, auf die Mannschaften mit 962 verteilen.
Die jährüchen Ausgaben für jeden einzelnen Mann betra-
gen ini Tnrchschnitt 813,13 Lire. Der Pferdebestand weist
im Mittel eine Höhe Pon 163 600 Pferden auf, woraus
sich ergibt, daß auf je 100 Mann 19 Pferde entsallen.
Die russtsche Armee verfügt über 398 Batterien zu je 8
Geschützen oder in Summa über 3184 Geschütze. Hiernach
kommen auf je 1000 Mann 3 Geschütze. Hier muß noch
hinzugefügt werden, daß das Sanitätspersonal nnd die
Zahlmeister in Nnßland keinen miütärischen Nang haben.
llm daher die bisherigen Vergleiche übereinsümmend wei-
tsr führen zu können, inüssen die 6925 Ziöilbeamte, die
den Sanitäts- und Zahlmeisterdienst usw. versehen, mit
in Berechnung gezogen werden. Mit diesen Beamten be-
läust sich das gesamte Osfizierkorps auf 39 760 Osfiziere ^
und dauach berechnet sich auch die Durchschnittsausgabe ^
sür jeden Mann nur jährlich mit 806,81 Lire, während z
das Zahlenverhältnis der Offiziers zu den Mannschaften I
sich derart gestaltet, daß sich je 1000 Mann aus 44 Offi- !
zieren und 966 Mann Zusammensetzen.

Das s r a nzösis ch e Heeresbudget weist Uuterschiede
von 622FL und' 693^ Milüouen Lire innerhalb der gc- !
nannten 10 Jahre anf nnd beträgt das hieraus zu ueh- ^
mende Mittel 645 Millionen, von denen 42 Milüonen I
für die außerordentüchen Ausgaben in Berechnung ge- z
zogen werden müsten. Der Effeküvbestand der Armee I
hat zwischen 556 037 nnd 616 828 einschüeßüch dcr Osfi-
ziere geschwankt und beträgt in diesem 'Augenblick 607 526 '

Mami. Tanach verteilen sich 1000 Mann aus die Ossi-
ziere mit 51, auf die Gemeinen mit 949. Die Ausgabe
im IahreSdurchschnitt für jeden Bcami ergibt 1038,70
Lire. Der Bestand an Pserden beträgt im Durchschnitt
141 693 Pferde, so daß austje 100 Mann 24 Pferde zu
verrechnsn sind. An Geschützen hat die französische Ar-
tillerie 3048 Stück, so daß auf je 1000 Mann 5 Geschütze
eiitfallen.

Weggebisseri.

Ein Bütgüed des Bundes der Landwirte berichtst in
der in Stuttgart erscheinenden „Teutsch. Reichspost":
„Mein Sohn, der Glaser ist, kam nach der Lehre auf
Wunsch meines Vetters, der eine Maserei in Stuttgart be-
treibt, in dessen Geschäft. Von seinen Mitarbeitern aus-
gefordert, in den soziald'emokratischen Verband einzu-
treten, weigerte er sich, diss zu tun, weil ich, der Vater,
es nicht gern gesehen hätte. Jn Folgs dessen stellten sämt-
liche Arbeiter an den Meister die Anforderung, meinen
Sohn zu eutlassen, w i d r i g e n f a l l s sie alle die
Arbeit niederIsgen würden. Dies taten ste
um so mehr, als sie in Erfahrung gebracht hatten — dev
Nachrichtendienst ist bei den „Genossen" vorzügüch aus-
gebildet —, daß ich ein guter Vauerubündter biu. — Was
geschah? Der Meister hatte dringends Arbeit, er mußte
sich fügen, und mein eigener Vetter m u ß üei
msinen Sohn entIasse n. Auch in Heilbronn,
wohin dieser ssch dann wandte, wurde er nach 14 Tagen
weggebissen!"

Kürzüch wurde folgmder Vorfall im „Gewerkverein",
dem Verbandsorgan der üeutschen Gewerkvereine nach
Hirsch-Duncker, veröfsentücht. Jn einer Möbetfabrik in
Berlin brackpein Streik aus, weil sich ein Arbeitsr unter
seinen Kollegen mißlieblg gemacht hatte. Die Gründe:
Derselbe hat am 1. Mai gearbeitet, ist früher Mitglied
des Holzarbeiter-Verbandes gewesen, aber aus demselben
ausgetreten, hat die Beaufsichtigung inkl. Züchtigungsrecht
der Lehrünge übertragen erhaltm und hat einen derselben,
weil ihm dieser dumm gekommen ist, einige Ohrfeigen ver-
abfolgt (was ein Verbändler ullgehindert tun durfte,
der dieses „Recht" nicht bssaß) und hat wohl zwei Ueber-
stunden gemacht. Forderung des Holzarbeiter-Verbandes
resp. Lessen Mitgüeder: „E n t l a s s u n g des m i ß-
liebigen Arbeiters." Also darum ein Streik,
welcher 60 bis 46 Arbeiter mit Famiüen brotlos macht.

Demselben Blatt teilt der Vorsttzende des Ortsver-
bandes Sch ? euditz der Gewsrkvereine Nachstehendes
mit: Jn einer Gewerkvereinsversammlung am 18. Juli
wurden verschiedene krasse Fälle von Terrorismus mitge-
teilt, wonach Mitglieder des Hirsch-Dunckerschen Gewerk-
vereins der Tischler g e z w unge u worden waren, aus
dem Gewerkverein auszutreten. Aus den persönüchen An-
gabcn der Ausgetreteiien war dentüch zn ersehen, daß sie,
nm ihre Arbeitsstelle zn behalten, gezivnngen waren,
dem sozialdcmükratischen Holzarbeiter-Verband beizutreten.
So wurde einem Mitglied des Hirsch-Dunckerschen Ver-

M) Berfpielt.

Roman von F. A r n e f e I d t.

(Fortsetzung.)

„Durch einen anderen kleinen Kunstgriff. Jch redete ihm
ein, Herr Wilhelm von Rohr habe das große Vermögen, das
er von seiner Frau geerbt, milden Stiftungen vermacht, ich
hätte das Testament, das rechtskräftig unterschrieben sei, in
meinem eisernen Schrank in Verwahrung und könne jederzeit
damit hervorkommen, wolle es aber ihm zu Gefallen unter-
drücken."

„Aber Mannl" rief der Amtsrichter, die Hände znsammen-
schkagend, „wie konnte sich denn Herr Hauptmann von Rohr
so etwas vorreden! lassen? Cin Testament mutz hier bei unS
beim Gericht hinterlegt werden, sonst ist es nicht rechtskräftig."

Hartung zuckte die Achseln. „Was versteht ein Offizier von
solchen Dingen? Und sich zu befragen, wagte er nicht aus Angst,
man könne Vcrdacht schöpfen. Wäre die Frau bei ihm gebliö-
ben, hätte er sich nicht mit Herrn von 'Crbach verfeindet, so
würde er sich denen vielleicht entdeckt haben und die Wahrheit
wäre ans Licht gekommen. Um zn verhindern, datz er sich mit
dem Major doch wieder aussöhnte, brachte ich ihn zu dem Prozetz;
und machte er einmak Miene, sich gegen meinen Willen auf-
zulehnen, dann drohte ich ihm, das Testament, das ich aufgeho-
ben, doch noch publizicren zu lassen. Davor hatte er aber ent-
setzliche Angst, es war ihm zuletzt weniger um den Besitz des
Geldes, als nm die Vermeidung des Anfsehens, um die Schande
zu tun."

„Auf diese Weise haben Sie meincn unglücklichen Vater in
den Tod gehetzt, auf diese Weise auch mich gezwungen, zu Fhren
Gunsten gewissermatzen auf den Besitz von Wiesenberg zu ver-
zichtenl" rief, hastig aus dem Nebenzimmer hervortretend,
Fräulein von Rohr, der es nmnöglich geworden, noch länger
die stumme Zuhörerin zu spielen.

„Ach, das gnädige Fränlcin sind auch da!" sagte, sich tief
verncigend, mit spöttischcr Höslichkcit der Oberverwalter. „Zic

haben alles gehört. Das erspärt Wiederholungen und Ausein-

andersetzungen; ich werde wohl nun mein Bündel schnüren
und Wiesenberg mit dem Rückcn ansehen können."

Er verbeugte sich nochmals und drehte sich um, als oü er
das Zimmer vcrlassen wollte, der Amtsrichter rics ihm jedoch
zu: „Halt, halt, mein Herr Oberverwalter, so leichten Kaufes
dürften Sie nicht davon kommen. Sie haben sich wissentlich
der Verbrcitung falscher Nachrichtcn schuldig gcnmcht, Sie ha-
ben als sehr schlechtcr Haushaltcr.mit dem Jhnen anvertrauten
Vermögen des Fräuleins von Rohr gewirtschaftct und werden
dafür zur Verantwortung gezogen werdcn."

„Ganz wie Jhnen gefällig ist, Herr Amtsrichter", entgeg-
nete mit einer nochmaligen Verbeugung der Oberverwalter.
„Nur cine Bemerkung möchte ich mir erlauben: Was von Dem
Vermögcn des Fräuleins fort ist, das kommt nicht wieder.
Sie hat aber doch noch genug. Bin ich jetzt Jhr Gefangener
oder darf ich mich aus mein Zimmer zurückziehen?"

„Sie dürfen das letztere, haben sich aber jederzeit zur Ver-
fngung des Gerichts zn haltcn, vorher bitte ich aber das Pro-
tokoll zu unterzeichncn", lvar die Antwort.

Der Protokollführer las es mit lauter Stimmc vor, Har-
tung hörte es anscheinend aufmerksam und sehr gelassen mit
an und unterzeichnete es mit fester Hand; der dicht neben ihm
stehmde Aktuar hörte aber, wie er ein pnar mal vor sich hin-
murmelte:

„Vcrspiclt! Verspiclt!"

Hoch aufgerichtet verlietz cr das Zimmer, nahm aber seinen
Weg nicht durch die auf den Vorsaal und die Treppe führende
Tür, sondern ging durch das Nebenzimmer, in dem Fräulein
von. Rohr dcr Verhandlung beigewohnt hatte und drückte hin-
ter sich die Tür ins Schlotz.

„Was fällt ihm eiü?" rief Alice, verwundert aufschauend,
„diese Tür hat keinen Ausgang weiter. WaS hat cr vor?"

„Sehen Sie einmal nach, lieber Pseifser", gebot der Amts-
richter, und der Protokollführer ging nach der-.Tür und ösf-
nete sie wieder, Jn demselben Augenblick ftürzte Hartung,

der an dcni in der Mitte des Zimmcrs befindlichen Tisch ge-
standen und sich da ctwas zn schaffen gemacht zu haben schien,
der Lnnge nach wie vom Blih getroffen zu Boden.

„Verspiclt! Verspielt!" knirschte er, als er des Aktuars
und der ihm nacheilenden Alice ansichtig wurde. „Aber le-
bendig sollt ihr mich nicht in die Finger bekommen, dasür hab
ich —"

Tie Worte wnrden immer undeutlicher, in furchtbaren
Zuckungcn wand der Unglückliche sich am Bodcn.

Amtsrichter Fleischmann crgriff Fräulein von Rohr am
Arm und führte, nein, schleuderte sie in daS socben verlassene
Zimmer zurück, dann drückte cr auf die Glocke, um Hilfe hcr-
beizurufen. Sie kam zu spät, wäre überhaupt nicht mehr
möglich gcwescn.

Als die Diener herbeicilten, waren die Zuckungen schon
viel schwächer geworden, noch ein paar INiuutcn und Hartung
war eine Leiche. Das verzerrte Gesicht und die weit aus denr
Kopf herausgetretencn Augen waren entsetzlich anzusehen.

Jn einer krampfhaft zusammengeballten Hand fand man
ein winziges Fläschchcu, dcssen Jnhalt er augenscheinlich ver-
schluckt hatte. Auf cinem darauf befestigten Zettel standen in
verblichener Schrift die Worte: „Mein letzter Einfatz!"

Er mußtc das Gift schon sehr lange mit sich herumgetragen
haben, immer darauf vorbereitet, in dem Augenblick, wo er
sich mit seinem Ränkespiel am Ende sah, durch Selbstmord
sich den Händen der irdischen Gerechtigkeit zu entziehcn.

Amtsrichter Fleisch'mann ordnete an, datz ein Arzt herbei-
gcrufcn und datz bis zu dessen Ankunft der Tote in seiner
jetzigen Lage belassen würde, sowie datz man dessen Sohn von
deni Vorgefallenen in Kenntnis setze, und führte Lann Fräu-
lein von Nohr nach ihren Zimmcrn, wo fie von Frau Doktor
Ehrentraut und Leonie schon in grotzer Ausregung erwartet
wurde.

Weinend sank sie in die sich ihr entgegenbreitenden Arme
ihrer mütterlichen Freundin und vermochte nicht zu sprechen.

Ter AmtSrichtcr mußte dcn Tamen Aufklnrung geben.
 
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