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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150 - 176 (1. Juli 1903 - 31. Juli 1903)
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https://doi.org/10.11588/diglit.11499#0121

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»Hrtiit tLzltch, Sonntag» auigtnomme«. Preis mit Familienblüttern monatlich so Pfg. in'r HauS gebracht, bei der Expedition und den Zweigstationen abgeholt 4V Pfg. Durch ÜeH^E

bezogen vierteljährlich l.35 Mk. ausfchließlich Zustcllgebühr.

>«»eise»preiS: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder drren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige GeschäftS« und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von A«z«iMs>
«« destimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Pla kattafeln der Heidelberger Zeitung und den städtischen Anschlagstellen. Fernsprecher W.

Die fortwährenden Aenderungen in den
militärischen Bekleidungsvorschriften.

Den Rücktritt des K r i e g s m i n i st e r s v o n
Goßler bringt die „Rhein.-Westf. Ztg." in Zusammen-
hang mit den vielen B e k I e i d n n g s r e g l e m e n t s
durch die fast alle Stücke der militärischen Ausrüstung
derändert worden sind. Das ist jedenfalls ein Jrrtum.
Sehr richtig aber sind die Bemerkungen, die das Blatt
über die beständigen Aenderungen in den Bekleidungs-
borschriften macht. Es sagt darüber:

Die Farbe der M ä n t e I, die Form der Litew -
Een, die erst kürzlich wieder die Farbe wechselten
und statt einer zwei Reihen Knöpse erhielten, die Stik -
sereien an Kragen, die Zulässigkeit der Kragen-
üsfnung, je nach dem Range der Offiziere, die Forin
der Sporen, der Besatz der Mützen: kaum eine
88oche verging, wo nicht das Heer von einer neuen Regle-
wsntierung überrascht wurde. Diese unaufhörlichen Ver-
nnderiingen kosten natürlich sehr viel G e I d. Die Be-
kleidung der Osfiziere ist in den letzten Jahren außerordent-
fich viel kostspieliger geworden, und während besonders
öen jüngeren Herren dringend Sparsamkeit angeraten
wird, bereiten ihnen z. B. allein die jetzt vorschriftsmäßi-
llen hohen nnd eleganten Stiefel eine Jahresmehrausgäbe
bon Hunderten von Mark. Von den Medai11en und
Äbzeichen, die als besondere Abzeichen im letzten
Hahrzehnt geschaffen worden sind, soll nicht weiter ge-
Iprochen werden. Ein Witzblatt brachte ebenso geschickt
uls begeistert vor einiger Zeit das Bild eines Musketiers,
aus dessen Uniform alle diese modernen Erfindungen an-
llebracht waren. Es blieb kaum ein'Zentimeter seines
Nockes, des Kragens, der Aermel unbedeckt. Diese Dinge be-
gegnen nicht nur im Publikum viel Spott, ste werden auch
bon loyalen Männern des Heeres mit wachsendem Un-
psillen kritisiert. Dem stärksten Widerstand begegnete die
plötzliche und ganz unerwartete Einführung des n e u e n
^ riffs — das „angezogene Gewehr" — im vorigen
Tahre. Es besteht nur eine Stimme, daß diese Neuerung
vicht nur vollständig überflüssig, sondern direkt schädlich
>var. Sie erfolgte in Erinnerung an die Schlacht von
^euthen, aber der Griff selbst soll aus Amerika geholt
leiip wo ihn Prinz Heinrich bei der Parade von Milizen
hsobachtet hatte, und wohin er in der Friedericanischen Zeit
bon deutschen Soldaten importiert wurde. Dort aber
üsird er mit Nonchalance geübt und ausgeführt, die bei der
hsrrschenden, losen Disziplin natürlich ist. Jm deutschen
Hsere muß er, wie alles, bis zur Vollendung vervollkomm-
vet werden, und da er höchst unbequem, un'd im Marsche
Ichwierig ist, nimmt seine Präzise Erlernung unverhältnis-
^üßige Zeit in Anspruch. Nun war gerade die diesem
^riff entsprechende Ehrenerweisung mit „angefaßtem"
^ewehr seit Ansang der neunziger Jahre abgeschafft wor-
^sn, und niemand vermochte das Bedürfnis zu ergründen,
istzt dasür cinen Ersatz zu schaffen. Außerdem aber sagte
bwn sich in dem Teile der Oeffentlichkeit, der selbst die
Isieijährige Dienstzeit für zu lang erachtet, daß die Aus-

bildung des Jnfanteristen doch nicht so zeitraubend sein .
könne, wenn man sie ohne erkennbaren Grund mit der- ?
artigen Aeußerlichkeiten von neuem belaste. Eine zeitlang !
hat die Absicht bestanden, dieses Novum in der ganzen !
Armee einzuführen. Glücklicherweise ist zunächst nur die !
Garde-Jnfanterie damit befchenkt worden, aber es dürfte s
kaum einen Leutnant in der ganzen Armee geben, der ^
über diesen ueuen, tatsächlich höchst unpraktischen Griff !
nicht seine Glossen gemacht hätte. — Diese Darlegungen !
Haben zweifellos viel Berechtigtes.

Deutsches Reich.

— Der „Vorwärts" meint, es wäre vielleicht daran -
zu denken, ob es nicht angebracht sei, einen soziali - !
stischen Bund ehemaIiger SoIdaten zu be- ^
gründen, dessen besondere Aufgabe es wäre, die Kritik des s
Militarismus und der reaktionären Spitz-Vereine zu -
pflegen. -

Bnden.

F r e i b u r g , 16. Iuli. Da der dieses Jahr aus der
badischen Kammer ausscheidende Z e n t r u m s a b g e -
ordnete für Freiburg, Herr Ferdinand Fischer,
aus Gesundheitsrücksichten eine Kandidatur nicht mehr an-
nehmen will, ist man beim Zentrum eifrig auf der Suche
nach einem zugkräftigen Kandidaten. Diesen glanbt man
in Herrn Bankier K rebs gefunden zu haben, welcher
jedoch aus Gesundheitsrücksichten nicht gencigt sein soll,
eine Kandidatur anzunehmen. Als weiterer Kandidat,
von dem man jedoch abgökümmen zu sein scheint, wurde
Herr Stadtrat Thomann genannt. Ein liberaler
Kandidat ist noch nicht nominiert. Bei der letzten Wahl
kandidierte Herr Direktor Keller und vor 4 Jahren Herr
Fabrikant Gexteis. Bekanntlich hatten die Liberalen bei
der letzten Wahl einen Wahlmännerzuwachs von etwa 100
Prozent zu verzeichnen. Eine ganze Anzahl von Wahl-
distrikten fielen nur mit geringer Majorität an das Zen-
trum, sodaß bei Höchster Anspannung der Kräfte auf un-
serer Seite ein Sieg nicht zu den unmöglichen Dingen
gehört.

Eberba ch , 16. Juli. Die „Eberb. Ztg." schreibt:
Es wird so oft betont, daß man zwischen den Wahlen das
politische Leben nicht einschlafen lassen solle, und damit
soll diesmal Ernst gemacht werden. Die Zeit zum Ein-
treten in die Landtagswahlagitation wird erst gekommen
sein, wenn einmal die Wähl ausgeschrieben ist. llnab-
hängig von der Landtagswahl ist es aber beabsichtigt, im
Bezirk einige nationalliberale Versamm-
lungen abzuhalten, die dienen sollen, die Bevölkerung
üüer die wichtigsten poIitischen Fragen auf
dem Laufenden zu halten. So soll nächsten Sonntag in
Neunkirchen in der „Rose" eine Versammlung statt-
finden, in der die politische Lage nach dem Ergebnis der
Reichstagswahl zu besprechen sein wird. Herr Landge-
richtsprästdent Uibel von Mosbach hat sich in freund- ^
licher Weise bereit erklärt, in dieser Versammlung zu l
sprechen. !

A«s der Karlsruher j^sitrrng.

— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben
dem Sekretär des Oberschulrats, Friedrich Fischer, den
Titel „Amtmann" und dem Professor an der Technischen Hoch-
schule in Karlsruhe, Theodor Rehbock, das Ritterkreuz 1.
Klassc des Ordens vom Zähringer Löwen verliehen.

KarIsruhe, 17. Juli. Das Befinden des G r o ß-
herzogs hat sich wesentlich gebessert, sodaß derselbe
bei dem eingetretenen guten Wetter wieder ausgehen und
kleinere Fahrten in die Umgegend von St. Moritz unter-
nehmen kann. Die Erbgroßherzoglichen Herrschaften ver-
weilen zurzeit bei der Kronprinzesstn von Schweden und
Norwegen in Tullgarn. Dieselben gedenken am 24. d.
Mts., dem 86. Geburtstag Seiner Königl. Hoh. des Groß-
herzogs von Luxemburg, nach Schloß Hohenburg zu rei-
sen und später heimzukehren, um Anfang Aiignst an der
Feier des Universitäts-Jubiläums in Heidelberg teilzu-
nehmen.

..-.. .

Aus SlKM rmd LauÄ.

Heivelberg 18. Juli.

-j- Durchgereist. Der Großherzog von Sachsen-Weimar
traf hcute Nacht 3.68 Uhr von Zürich kommend hicr cin und
fuhr 4.04 Uhr nach Frankfurt weiter.

X Se. Hoheit Prinz Wilhelm von Sachsen-Weimar reiste
hcute mit scincr Familie in das Seebad Zandvoort (Hol-
land) bei Amsterdam, wo die Herrschaften bis zmn 23. August.
zu blcjbcn gedcnken.

^ Stadträtliche Borlagen an den Bürgerausschuß. Für Lie
nächste Sihung des Bürgerausschusscs hat dcr Stadtrat 11 Vor-
lagen vorbereitet. Ueber den Jnhalt der ersten 9 Vorlagerr
findct der Leser Vcricht in unscrm hcutigcn 2. Blatt.

Vorlage X betrifft die Ergänzung des Gehaltstarifs
und die Anstellung von Beamten der Stadtgemeinde auf Grund
der Dicnst- und Gchaltsordnnng. Es wird darin ausgesührt:
Nachdem dic beidcn Ratschreibcr der aufgelösten Gemeinde
Handschuhshcim auf 1. Januar d. I. in dcn städtischen Dienst
übernommen worden find (der erste Ratschreiber Adolf Schaukl-
hut wird dermalen bei dem Gcmeindcsckretariat im Stadtteil
Handschuhsheim beschäftigt, wogegen der zweite Ratschreiver
Josef Weickum beim Grundbuchamt Verwendung gefundew
hat), fällt die Regelung der Anstellungs- und Gehaltsverhäb»-
nisse dicser Beamten nötig. Sie sollen die Anstellung nackx
Maßgabe dcr Dienst- und Gehaltsordnung für die Beamtcn
der Stadtgemeinde Heidelberg erhalten, wobei nicht zu urnge--
hen ist, die von ihnen in anrechnungsfähiger Dienstzeit bor der
Eingemcindung schon im Gemcindcdicnst zugebrachtcn Dicnst-
jahre in angemessener Weise auch aus die städtische Dienstzeit
anzurechncn. Bei Abmcssung dcr Uebcrnahmsgehaltc ist auf
dic seitherigcn Einkommcnsvcrhältnissc dcr beiden übcrnommc-
nen Beamten, insbesondere auf ihre früheren verhältnismäßig
hohen Gebührenbezüge, die jetzt weggefallen stnd, entsprechende
Rücksicht zu nehmcn. Es erschcint daher für den dermaligcn
Gemeindesekretär Schaubhut ein Diensteinkommen von 3000
Mark, für den Kanzleiassistenten Weickum ein solches von 2200
Mark als angemessen. Auf der neu errichteten Amtsstelle eines
Kanzleiassistenten beim städtischen Forstamt ist seit 8. April
v. I. Kanzleiassistent Johann Schiele verwendet, dessen An-
stellung nach der Dicnst- und Gehaltsordnung nunmehr glcich-
falls stattfinden soll. Zu diesem Zweck ist die Stelle eines-
Kanzleiassistenten mit einem Anfangsgehalt von 1800 Mark
und eincm Höchstgehalt von 2600 Mark unter X Forstamt neir
in den Gehaltstarif aufzunehmen. Der Stadtrat beantragtr
Der Bürgerausschuß wolle ihn ermächtigen, 1. in den Ge-
haltstarif unter X Forstamt die Amtsstelle eines Kanzleiassi-
stcnten mit einem Anfangsgehalt von 1500 Mark und einem

Kleine Zeitnng.

— Der Besuch der d e u t s ch e n U n i v e r s i -
Eateii im Sommersemester 1903 hat nach den bis jetzt
"ekannt gewordenen amtlichen Angaben solgende Zahlen
^ufzuweisen:

Aunchen
Lnpzig.
Konn .
Zreslau
Kalle .

Fr! delb

erg

Surzburg

Lubingen

Treib-.irg

^traßbnrg

n»un,ter

Lur^"'rg

Ztetzen.
Mugzberg

^reifzwald

^ieiia

^ostock .

Jmmatrikiilisrt

Hörer

Hörorimicn

. 5781

5213

293

. 4696

241

33

. 3605

530

58

. 2491

85

99

. 1794

96

61

. 1741

127

26

. 1671

151

62

. 1441

49

41

. 1300

21

45

. 1506

35

5

. 1962

54

63

. 1121

40

80

. 1219

72

?

. 1305

69

9

. 1092

40

1?

. 952

66

33

. 937

20

9


32

17

. 798

31

7

. 841

87

22

. 520

22

?

Demnach beträgt die'Gesamtzahl der Sindisrsnds:i
un den deutschen Universitäten: 46 778.

-— Hcilbrvnn, 16. Juli. Mit dem vom Landkag kürz-
"ch bewilligten Bau e i n e r Neckarbrncke zwischen
Hsilbronn und Neckargartach soll demnächst schon begon-
Usn werden. Die vorbereitenden Arbeiten hierfür, die

Vagger-, Maurer-, Steinhauer und Betonierungsarbeiten
im Betrag von vorlänfig 68 362 Mk. sind bereits zur
Ausschreibung gelangt.

— Berlin, 17. Juli. Dcr seit dem 30. Mai ver-
mißte Student Fritz Sch n e id e r aus Charlotten-
burg, der im Verlaufe einer Harzreise verschwunden war,
ist gestern von zwei Einwohnern im Vodetale aufge -
funden worden. Schneider hauste als EinsiedIer
in einer Felsspalte. Der junge Mann ist geistesgestört
nnd milß notwendig in cine Heilanstalt gebracht werden.

— Die archäologischen Fnnde in Knossos. Jn einem
der mittlern Zimmer des Palastes von Knosfos untersuchte
Evans die dm Fußboden bedeckenden Steinplatten und
fand, daß einige derselben einen hohlen Klang gaben. Er
ließ sofort die Plattcn heben nnd fand zwei Schatzkammern
von 1.20 Meter Tiefe und 1,60 Meter Breite im Geviert.
Jhre Wände und der Boden sind mit Steinplatten begleitet,
die gut bearbeitet aufeinander gepaßt sind. Um die darin
anfbewahrten Gegcnstände vor Nässe zn schützen, waren,
wie sich erkeiinen läßt, die Wändc nnd der Boden mit
Holz bekleidet, ,es Iwaren also soMsagen unterirdische
Truhen. Wie die meisten solcher Schatzkammern, waren
anch diese ausgeraubt, doch sind die noch darin gefuiidenen
Sachen, welche die Habgier der Räuber nicht reizten, immer
noch von großem archäologrschem Werte. Dazu gehören
vor allem eine Form für Herstellung tönerner Gegen-
stände. Ein tönernes Gefäß mit Glasur und mit einer
eingearbeiteten Cypresse verziert, und ein zweites gleiches
mit drei Cypressen, ferner ein Pfeil aus Elfenbein, der als

Die heutifle NikMMee umfuyt drei V.ätter, zusammen

Wcihgeschenk diente. Dann 100 Perlen aus glasiertem
Ton, zu einem Halsband gchörig und 30 größere der-
selben Art. Jnteressant sind Elfenbeinstücke mit eingeschnitz-
ten Jagdszenen, auf denen auch Frauen dargestellt sind.
Es folgen Tafeln aus glasiertem Ton mit erhaben gear-
beiteten Darstellungen der.Jag'd un'd des Fischfangs im
Flusse mit den lebhaftcsten Farben, die Figuren zeigen
lebhafte Bewegungen uiid Stcllungen. Ncben ciner gro-
ßen Anzähl von Goldplättchen wurden erzerne Schmuck-
stücke uiid drei Idole von Göttimien aus derselben email-
lierten Porzellanerde gefunden. Das eine von diesen ist
wohlerhalten, es zeigt lebhafte Farben und ziemliche Kunst.
Es stellt eine Göttin dar, die in beiden Händen eine
Schlange hält, deren Kopf ste dem Beschauer zeigt. Der
Körpcr der.Schlange zeigt eine ziemlich natürliche Fär-
bung, schlingt stch um je einen Arm und den Hals, geht
über den Rücken hinab und endigt an den Hüften. Eine
dritte Schlange kommt über den Rücken gekrochen und-
streckt den Kops über den Haarschmuck o'der Hut 'der Göttiw
hervor. Die Höhe dieses Bildwcrkes ist 30 Zentimeter
und lömmt die Färbung der Wirklichkeit nahe. Die unbe-
deckten Teile des-KörPers sind glänzend weiß, die Kleider
mit lebhaften Farben gefärbt. Zu den genannten Sachew
fand man noch 30 Tonstempel und eine Reihs von 50i
Tongcsäßen von seltsamen Formen.

Merkwürdig. Profcssor: „Wieviel haben Sie eigentlich'
Brüder, Herr Pastor?" -— Pastor: „Jch habe nur einen Bru-
der, Herr Professor." — Professor: „Merkwürdig, mir sagte-
doch Jhre Frau Schwcster, sic hütte zwei Brüder."

14 Seiten.
 
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