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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 229 - 255 (1. Oktober 1903 - 31. Oktober 1903)
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4S. ZchMS.

rik.

WiWch, ri. Mkr lVZ.

C'rstes Blertt.

Eiuweihuug des Melanchthonhauscs in
Vretten.

B retten , 20. Okt. Unter den besten Vorzeichen begann
^ltern Abend die Feier der Melanchthonhausweihe.

tetzten drohenden Regenwolken wurden von einem ziemlich
Sneidigen Nordlvest hinweggefcgt und als um 5 Uhr die
_ socken zur Vorfeicr in die Äirche riefen, strahlte dcr westliche
unmel im herrlichsten Abendrot.

. Dberkonsistorialrat Stadtdekan Dr. v. Braun hatte Lie
Festrede in dcr Kirche übernommen und leitete durch die
^^fflichkeit derselben den rednerischen Teil der Festlichkeitcn
iO^ schönste ein. Zu dem Begrüßungsabend hatten sich die
. ^ Laufe des Tages bereits eingetroffenen offiziellen Fcst-
^.llnehmer, Vertreter außerbadischer Kirchenregierungen, der
. "sdersitgten usw. eingefunden und ein so große Zahl anderer
c>,?tvartiger Gäste, daß viele hiesige Einwohner in den weiten
aosträumen keincn Platz mehr fanden. Die Musik wurde von
^t^r Abteilung der Leibgrenadierkapelle gestellt.

Kirchcnrat Dekan Specht begrüßte als Vorsitzender des

m------ ------ ...

.stgt der stattliche Bau cmpor, verkündigend, daß die evangc
silche Christenheit eine Dankesschuld abgetragen hat an Me-
,?uchthon, den treuesten Sohn seiner Eltern, den anhäng-
..chen Bruder, den anhänglichcn Sohn sciner Vaterstadt, den
^bevollen Gatten und Vater, den Beschützer und Pfleger der
Mgend, den Beherberger bieler Heimatloser, den Vater der
vrnen unü Waisen, den pflichteifrigen, uneigennützigen, from-

. ^lanchthonhausvereins die Festversammlung und insbeson-
re die Tamen und Herren von auswärts, unter dcnen sich
Rachkommen Melanchthons aus der Ehe seiner Tochter
. fogdalena mit dem Dr. Kaspar Paucer in Wittenberg befan-
H"- sowie ein englischer Mclanchthonbiograph Saunders aus
^bdon. Es gelangte zur Darstellung der 3. Akt des Fest-
meles „Ein Siegeszeichen" von Alberta von Freydorf, das
..on den Brettener Bürgern unter lebhaftem Beifall der Zu-
Mauenden ausgeführt wurde. Hierauf begrüßte namens
Ttadt Bürgermeister Wittum die Gäste; er feierte, be-
t ndxxs den geistigen Förderer und Schützer des Melanchthon-
^suses, den Pros. Dr. Nikolaus Müller-Berlin, dcm er das
^renbürgerrechtsdiplom der Stadt Bretten überreichte. Prof.
Müller gab in einem kurzen Rückblick auf die Anfänge
Arbeiten für das Tenkmal der Freude über das treffliche
bsiHngen u. über die Anerkennung Ausdruck, -ie ihm seitcns der
^pNieinde, deren Bürger er nun sei, geworden ist. Stadtdekan
sfU. v. Braun sprach namens der auswärtigen Fcstteil-
?^hwer Dank aus für die schöne Aufnahme von dcm festgeben-
Verein und der Feststadt.

Als prächtiger Herbstmorzen, die Fluren mit dem ersten
- sUt bedeckt, begann der heutige Hauptfesttag, und
Lwrliches Glockengeläute um .7 Uhr verkündigte scineBedeutung.
,.chon mit den ersten Zügcn kamen viele Fremde, und als die
^Uffghrten zum Empfang dcr Fürstlichkeiten begannen, war
^reitA lebhaftes Gewoge in der mit Tcmnengrün, Blumen
^nd Ehrenpforten aufs schönfte geschmückten Stadt. Um
Uhr trafen die Großherzoglichen Herrfchaften
, ud mit ihnen der Erbgroßherzog und die E r b g r o ß-
n? u z o g i n, die E r b p r i n z e s s i n von Anhalt und
^Neral v. L i n d e q u i st ein.

^ Es fand dann in der Stiftskirche Festgottesdienst statt, in
klchein Generalsuperintcndcnt Faber die Festpredigt hielt
^uö Stadtpfarrer Dekan Specht die Gebete sprach. Nach
s?ur Gottesdienst nahmen die Großherzoglichen Herrschaften
^Uen Jmbiß bei Herrn Oberamtmann Holderer ein und fuhren
zum Marktplatz, wo gegenüber dcm Rathaus ein Bal-
uchin und eine Tribüne für die Ehrengäste aufgeschlagen
uren. Die Kapelle Böttge lcitete die Feicr mit dem Choral:
Lg-sn feste Burg ist unscr Gott" ein. Alsbald bestieg Prof.

«L.

r die Rcdnertribüne und hielt die Gedächtnisrede auf
thon: Der sehnlichste WunschÖder Stadt Bretten, so
er etwa aus, ist nun in Erfüllung gegangen. Stolz

men Mann, den begcisterten und begeisternden Universitäts-
lchrer, zu dessen Füßen sich in einem Jahre 2000 Studenten
niederließen, den größten Theologen der Reformationszeit
nächst Luther, den Bahnbrecher der dogmatischen Theologie,
den Kenner dcr Ncchtswissenschast und Arzneikunde, den
fruchtbaren Schriftsteller, den Reformator Der Kirche, Len
besten Freund Luthers, den Förderer der Eintracht und Eini'g-
keit inmitten der Bekenner des Evangelismus, den Jreniker
und Polemiker, der der evangelischen Kirche das Augsburger
Bekenntnis geschenkt, der Kirchen- und Schulordnung geschrie-
ben hat. Der Bau ist ein Beweis dasür, datz das Gedächtnis
an den größten Sohn Brettens fortlebt in der Stadt, in
Deutschland, in der ganzen Christenheit. Der Redner dankte
sodann allen Gönnern und Freunden, die den Bau gefördert
haben, bor allem der Stadt Bretten, die den Bauplatz gestellt,
und dem Grotzherzog, der das Protektorat übernommen. und
das Museum mit reichen Schätzen bedacht hat. Auch der
Kaifer habe dem Werke seine Huld und Gnade zugewiesbn
und bis zuc Stunde erhalten, wovon die Entsendung eines
Vertreters Zeugnis ablegte. Der Redner schloß mit einem
Hoch auf Kaiser und Großherzog, in das die Festversammlung
Legeistert einstimmte. Prof. Müller empfahl nun das Haus
dem Schutz und Schirm der Stadt Bretten: „Nun ist Melanch-
thon Dein, nimm ihn mit Freuden auf!"

Bürgermeister Wittum übernahm das Haus mit dem
Gelöbnis, daß die Stadt Bretten allezeit eine treue Hüterin
sein werde und mit dem Wunsch, daß das Zeichen des Kreuzes
als Symbol des Friedens der Stadt erhalten bleiben möge.
Der Großherzog drückte den Rednern dankend die Hand
und ließ sich dann von Architekt Jung den Schlüssel zum Me-
lanchthonhaus überreichen. Darauf übergab S. K. Hoheit
dcn Schlüssel dem Prof. Müller, der mit einem geistlichen
Spruch die Türe des Hauses össnete. Jn diesm Augenblicke
setzte feierliches Glockengeläute ein. Jm Gedächtnissaale nahm
die Festv'ersammlung Aufstcllung. Prälat Dr. H e l ü i'n g -
Karlsruhe hielt die Weiherede. Er führte die Festversamm-
lung im Geiste zurück in die Zeit, wo auf demselben Boden
ein kleines, unscheinbares Kind zur Welt gekommen, und ver-
breitete sich über die Erfolge, welche der fertige Mann Me-
lcmchthon in seinem Streben und Wirken in so reichem Maße
errungen hat. Weiter schilderte er Melanchthon als einen
Mann der Arbeit, des Wissens und des Glaubens. Aber viel
mehr noch sei er ein Mann des Friedens gewesen. Wir geben
uns der Hoffnung hin, daß aus der nun aufgeführten Stiftung
immer mehr die Förderung des Verständnisses für den grotzen,
reichgesegneten Mann hervorgehe. Mit diesen Gedanken und
Empfindungen des Friedens wollen wir die Stätte ihrer Be-
stimmung übergeben. Wir weihen sie im Namen des Vaters,
des Sohnes und des heiligen Geistes.

Prälat Dr. Helbing ergriff nochmals das Wort, um sei-
nem Bedauern Ausdruck zu geben, daß der Präsident des
Oberkirchenrats, Exzellenz Wielandt, durch sein Befinden ver-
hindert sei, in der Mitte der Festversammlung zu weilen, und
um die Glück- und Segenswünsche des evangelischen Ober-
kirchenrats in tief empfundenen Worten zum Ausdruck zu
bringen. Jm Namen der preußischen Landeskirche sprach
Gcneralsuperintendent Dr. Faber - Berlin. Er überbrachte
im Namen des evangelischen Oberkirchenrats Berlin, des Kon-
sistoriums der Provinz Brandenburg und der preußischen Ge-
neralsynode Glückwünsche. Namens der letzteren übergab dcr
Redner 1000 Mk. zur Errichtung des Hauses mit dem Wunsche,
daß die Stiftung gedeihen möge zur Ehre Gottes und des
Landesherrn Heil. Der württembergische Oberkirchenrats-^
Präsident Freiherr v. G,e mmingen entbot im Auftrag des
Königs von Württemberg dcssen Gruß und Segen und gedachte
des warmen Jnteresses und der grotzen Teilnahme, welche der
König dem Andenken Philipp Melanchthons und der heutigen
Weihefeier entgegenbringe: Mit der Stiftung des Bildniffes
seines erlauchten Ahnen, des Herzogs Christof von Württem-
bcrg, habe Se. Majestät seine Anteilnahme an der Feier be-
zeigt. Weitere Glückwünsche wurden überbracht von

KLeine Zeiturrg-

L. ^ Hochschulnachrichten. Zum ordentlichen Profeflor für
^chats-, Verwaltungs-, Kirchen- und Völkcrrecht an der Uni-
»e^Iität fn Gießcn an Stelle des nach Münster i. W. berufcnen
^ofcssors Dr. K. F. Heimburger ist der bisherige Privatdo-
in Der juristischcn Fakultät der Universität Freiburg i.
Dr. jur. Wilhclm van Calker, ernannt worden.

- Bcrlin, 20. Okt. Der „Nationalztg." wird bestä-
"8t, daß Prinz Pros p er Arenbe r g am 13. Oktober
Grund einer militärgerichtlichen Berfügung aus dsm
^rafgefängwis in Tegel in die Abteilrmg für Nerve n-
a n k e bei der Strafanstalt Moabit übergeführt wurde.
. — Dvrtnnuid, 19. Okt. Der wegen Meineids und
^rgehens gegen das Handelsgssetz zn 2ich Jahren Zucht-
verurteilte Vankier Hermann Wulff hat gegen
^ch'es Urteil R evision eingelegt. Es schwebt gsgen
noch ein Verfahren wegen Bilanzverschleierung, ferner
B ein neues Verfahren wegen Unterschlagung von 10 bis
. 2 000 Mark Zum Nachteil eines Berliner Hauses gegen
"tn anhängig gemacht worden.

— Brcslau, 16. Okt. Gegen den Maurergesellen Jo-
Ak achate wurde vor der Strafkammer II wegen Ver-
8^hens gegen 8 153 G.-O. verhandelt. Am 18. Augnst
raten zwei neuengagierte Maurergesellen, Brüder, zur
trbeit auf einem Neubau an. Da sie dem „Zentralver-
and deutscher Maurer" nicht angchörten, wurden sie, wie
behaupteten, von öen Arbeitsgenossen vorhöhnt und be-
,'^ht. Machate sagte u. a. zu den Nichtverbändlcrn: Jhr
^Ngt him- ents-chieden nicht an zu arbeiten, sonst hören

wir alle auf und Jhr könnt allein arbeiten. Wenn Jhr
nicht macht, daß Jhr fortkommt, fliegt Jhr aus einer Ecke
in die andere!" Dann beschimpfte er die beiden Nichtver-
bändler, während man von allen Seiten auf die unlieben
Arbeitsgenossen eindrang und sie stieß. Die beiden Brü-
der konnten nach diesem Empfang d'ie Arbeit nicht erst an-
treten und blieben drei Tage lang ohne Beschäftigung,
bis sich ihnen anderweitig Arbeit bot. Machate, der schon
zweimal wegen ähnlicher Exzesse vorbestraft ist, wurde
wegen Nötigung, Beleidigung und Körperverletzung zu
eineinhalb Jahren Gefängnis verurteilt und so-
fort verhaftet.

— St. Galleu, 20. Qkt. Jnfolge eines heftigen Föhn-
sturmes ist das Dörfchen Vasoen im Taminatal bis
auf ein Haus (die Postablage) vollständig abge,-
brannt. 34 Firste, darunter die Kirche, sind einge-
äscherf; Mobiliar und teilweise die Viehhabe sind mitver-
brannt, 40 Familien sind obdachlos. Es liegt Brand-
stiftung vor.

— Ein Seitcnstnck znm Fall Dippold entrollte eine
S ch w u r g e r i ch t s v e r h andl u n g in P r e n z I a u.
Der vorsätzIichen Tötung ihres Stiefkindes war
die Arbeiterfrau Sophie Heiner aus- Mildenburg ange-
klagt. Sie ist seit Mai d. Z. mit dem Ziegelarbeiter
Heiner in zweiter 'Ehe verheiratet, nachdem sie seit dem
Tode der ersten Frau Heiners mit diesem in wilder Ehe
gelebt hatte. Jhr Mann hatte aus erster Ehe vier Llläd-
chen im Alter von vier bis zu zwölf Jahren; dazu kamen

Vertretern der protestantischen Kirche der Pfakz, dcrjenigen von
Elsaß-Lothringen, der theologischen und philosophischen Fa»
kultät der UmversitäteN' Heidelberg und Erlangen und
dcr Universitäten Straßburg, Kiel und Leipzig, im Ramen des
Vereins für Reformationsgeschichte in Erlangcn, einem Ver--
treter des Herzogtums Anhalt-Dessau. Alle Redner verherr-
lichten das Leben und Wirken Melanchthons; sie feierten ihn
als großen Theologen und Gefährten in warmempfundenen
Worten.

Prof. Nikolaus M ü l le r - Berlin dankte in einem
Schlußwort für Lie herzlichen Grühe und Wünfche, womit
die Feier im Gedächtnisfaale ihren Abschlutz fand. Es schloß
> sich der Feier ein Rundgang durch das Gebäude und danach ein
kaltes Frühstück in der Turnhalle an. Das exquisite Buffet
des Hoftraiteurs Glaßner aus Karlsruhe fand allgemeine An-
erkennung. Um halb S Uhr verließen die Großherzog -
lichen Herrschaften die Stadk, während sich die Fest-
gäste im Saal der „Stadt Pforzheim" veretnigten, wo das
Melanchthon-Festspiel von Prof. Thoma auf-
geführt wurde. Die Darsteller rekrutierten sich ausfchließlich
aus Bretten, die Regie lag in den Händen des Haufschauspie-
lers Schneider-Karlsruhe, Alles klappte vorzüglich und das
dichtbesetzte Haus kargte nicht mit Beifall. Abends fand fest-
liche Beleuchtung der 'Stadt und gesellige Unterhaltung statt.

Zur Reichsfinattz-Reform.

Jn seiner Schlußvorlesung im sozialwissenschaftlichen
Kursus in Karlsruhe hat Geh. Oberfinanzrat Trögev
die Rei ch s fi n a n z re f o r m bshandelt. Wenn der
Vortragende auch lediglich seine private Aufsassung vorge-
tragen hat, so stnd seine Ausführungen dvch insofern von
grundlegender Bedeutung, als sie sedenfalls nicht im
Widerspruch mit den Ansichten der badischen Regierung
steheN'. Dafür spricht schon der Umstand, daß der Vor-
tragende Mitglied des großherzoglichen Finanzministe-
riums ist und als solches die badische Steuerreform be-
arbeitet. Der Redner hält die finanziellen Beziehungen
des Reiches zu den Einzelstaaten für durchaus un-
haltbar und vertritt die auch sonst schon oft ausge-
s sprochene Ansicht, daß in einem gesunden Haushalt die
! Körperschaft, wslche Ausgaben bewilligt, auch für die
! Deckung der Ansgaben zu sorgen hat. Er hält es aber
für völlig ausgeschlossen, daß dem Reich durch eine Reichs-
einkommensteuer die erforderlichen Mittel zugewiesen
werden können. Die Einzelstaaten können aus ihre Ein-
kommensteuer, welche 'das Rückgrat der gesamten Steuer-
gesetzgebung darstellk, nicht verzichten. Eine Reichsein-
kommensteuer als Zusatzsteuer zu den Landeseinkommen-
steuern scheint dem Redner aber eine allzugroße Belastung
j der Einkommen zu bringen. Jn Baden ist das Einkom-
! inen durch die Einkommensteuer schon bis zu 3H^, in
! Preußcn bis zu 4 und in Württembsrg sogar schon bis

> zu 8 Prozent belastet, dazu kommt in Baden noch die Ge-
k meinde- und Kirchensteuer, für Kapitalien z. B. noch die

- Kapitalrentenstener mit einer Belastnng von etwa 4»Pro-
! zent, sodaß wohl kein Finanzminister einer Reichseinkom-
j mensteuer zustinimen werde. Dagegen hält Geh. Oberfi-

> nanzrat Tröger eine R e i ch s e r b s ch a f t s st e ne r,

> welche auch die Deszendenten. allerdings mit einer gs-
! wissen Freigrenze besteuert und progressiv auszugestalten

- wäre, sür ein durchaus gutes und gerechtes Auskunfts-

noch zwei ihrer eigenen Kinder. Bald nach der Vsrheira-
tung bemerkten die Nachbarn, daß die sonst blühenden
Kinher immer mehr körperlich herunterkamen. Sie wur-
den stets in einer Kammer eingesverrt gehalten und er-
hielten mehr Schläge als Essen. Besonders die vier und
fünf Jahre alten Mädchen Agnes und Frieda hatten unter
fortgesetzten Mißhandlungen der Stiefmutter zu leiden.
Sie wurden häufig mit dem Kopfe gegen die Wand ge-
stoßen, und zwar an einer Stelle, wo sich ein hervor-
stehender'Nagel befand. Ferner wurden sie wiederholt
gegen die scharfen Kanten des Spindes geworfen und hef-
tig aus die Erde geschleüd'ert. Alle menschlichen Begriffe
aber übersteigt die Schitderung, die zwei der Kinder von
den Mißhandlungen gaben, die zum Tode der Frieda
führten. Die Rabenmutter band' die Füße des Mädchens
mit einem Stricke znsammen und befestigte ihn sodann
an dem Ofenhaken, sodaß das Kind mit dem Kopfe nach
nnten hing. Nach Verlaus einer Viertelstunde warf die
verrohte Mutter das Kind auf das Bett und schlug es
unbarmherzig mit einem Stocke. Als -as- kleme Wesen
sich hierbei vor Angst beschmutzte, wurde es wiederum an
den Füßen zusammengebunden und mit dem Kopfe nach
nnten am .Ofenhaken aufgehängt. Später band es^ die
Rabenmutter los und schnallte es mit einem -Strick am
Vettposten fest, wo es in nacktem Zustande über 1 Stunde
aushalten mußte. Schließlich erlöste der Tod das be-
dauernswerte Wssen von seinem Märtyrertum. Das-
Schwurgericht verurteilte die Angeklagte zu 10 Jahren
Zuchthaus und Ehrverlust auf die gleiche Dauer.
 
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