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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 203 - 228 (1. September 1903 - 30. September 1903)
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Mtmch, 3V. septemkr 19Ü3.

C'z'stes BleLit.


43. AllhrMU. — ^ 2E8.




^rschei nt täglich, Sonntags ausgenommen. PreiS mit Familienblättern monatlich 56 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstationen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post

bezogen vierteljährlich 1P5 Mk. auSschln-ßlich Zustellgebühr.

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bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnseratc auf den Pla lattafeln der Heidelberger Zeitung und den städtischen Anschlagstellen. Fernsprecher 82.

^un, bevorstehenden Besuch des Zaren in
Wien.

s. Wir», 29. Sept. Das „F r e m d e n b l a t t" be-
die bevorstehende Ankunft des Kaisers
^Zkolaus und weist darauf hin, daß die össentliche
^.^nung in Oesterreich-Ungarn das Einvernehmen mit
"Mand seit seinem Entstehen hoch eingeschätzt hat. Die
sch^^ ^nnäherun'g hat sich in allen Phasen der mazedoni-
^^,Bewegung bewährt, womit der Beweis erbracht ist,
^ u sie aus der Erkenntnis der beiderseitigen Jnteressen
rvoxgegangen ist und dasz die vertrauensvollsn Bezie-
vgeiu zu denen man nach lange dauernder Rivalität
r, auf mehr als vorübergehender Grundlage be-

lu^' Rußland strebt im Verein mit Oesterreich-Ungarn
einen Gebietsgewinn, sondern dis ruhige Fortent-
Zaelung der heiniischen Bevölkerung in den gegenseitigen
an. Die Friedensliebe der beiden Herrscher trat
^vso wie die Politischen Jnteressen beider Länder zusam-
und daraus folgt die Konsequenz, datz man die Ge-
des Schicksals der Balkanhalbinsel nicht unbe-
^oienbaren leidenschaftlichen Bewegungen überlassen
enn durch die türkische Mitzwirtschaft immer wieder
- ^ehen, und datz man, sobald es erforderlich ist, gemein-
ous den Gang der Dinge Einsluß iiben muß. Das
»chainnienwirken Oesterreich-Ungarns und Rutzlands
, Mte die Unruhen auf dem Balkan freilich uicht verhin-
Sein erster und höchster Zweck ist, Mitzverständ-
üsen und Lrübungen zwischen den beiden Reichen selbst
orzubeugen. Diesen Zweck hat es völlig erreicht. Die
^sfsindsckMj zwischen den beiden Ländern ermöglicht ein
vaftjggA Einwirken zu gunsten der Veibehaltung des Frie-
.AH zwischen den Balkanstaaten, die sonst auf ihre Riva-
^vt rechneten, und ein krästiges Einwirken auf die Türkei.

auch die mazedonischen Komitees ihre Tätigkeit mit
riteigertem Terrorismus fortsetzen. so ist durch das ener-
mche Auftreten der beiden Kaiserreiche erreicht worden,
Bulgarien den Frieden bewahrte. Die Anwesenheit
^ Kaisers Nikolaus und des Ministers des Aeutzern
^ Gelegenheit bieten, die Situation im Orient zu sr-
teru. Die beiden Mächte sind neuerdings, wie auch der
Nischx Premierminister erklärte, mehr als die anderen
r uaten in der Lage, die Balkanangelegenheit so zu be-
vndelu, wie es den allgemeinen Jnteressen entspricht.
^ onglische Minister ist dasür nicht wenig in seinem
j^Md'o angegriffen worden, aber wer praktische Politik
^Et und zugleich den Frieden will, muß auch das Pro-
. vvim billigen, das Oesterreich-Ungarn und Rußland ein-
aiteu. Kaiser Nikolaus ist ein Friedenskaiser nicht nur
E, Theorie, sondern auch wirklich und befindet sich
^riu in Uebereinstimmung mit unserem Monarchen und
Bölkern Oesterreichs-Ungarns. Wir wollen hoffen,
>ich dank dieser Uebereinstimmung auch die gegen-
schwere Situation überwinden und eine allmäh-
,che Besserung der Zustände in den türkischen Provinzen
beiführen lassen wird.

Deutsches Reich.

— Bei den Truppenteilen sind jetzt nach der Entlassung
der Reservisten die Kommandos zum Ausbilden
der Rekruten zusammengetreten, um 'durch die Offi-
ziere in den einzelnen Fächern der Ausbildungslehre un-
terrichtet zu werden. Dem aus Unteroffizieren, Gefreiten
und den bestausgebildeten ältcren Gemeinen beftehenden
Lehrpersonal wirü nun, wie der „Volksztg." mitgeteilt
wird, in höherem Auftrage ans Herz gelegt, jedwede Be-
rührung der Rekruten in und außer dem Dienst zu ver-
meiden und stch nicht hinreißen zu lassen, sich tätlich an
einem Mann zu vergreifen. Beim Nachsehen des An-
zuges sollen die Unteroffiziere nicht persönlich Helme und
Mützen grade rücken, Falten am Rock fortstreichen, die
Halsbinde zurechtziehen usw. Die Kommandos sind in
einem Abstand von mindestens 5 Schritten abzugeben.
Das Personal soll sich aller Schimpfworte enthalten und
den beschränkten Rekruten als „Menschen" anerkennen.
Bei diefer Gelegenheit wird der bekannte Fall Breidenbach
instruktiv behandelt, wie denn überhaupt jede strenge Be-
strafung von Mißhandlungen den Unteroffizieren und
wenn der Bestrafte ein Gefreiter war, auch den Gefreiten
bek'annt gemacht wirö. Wie ferner mitgeteilt wird, steht
eine neue Kundgebung des Kaisers an die Offiziere in
Bezug auf Mißhandlungen, ungenügende Aufsicht usw.
bevor.

Baden.

O o s, 28. Sept. Eine Vertrauensmänner-Versamm-
lung des Zentrums beschloß, wie der „Bad. Beob." meldet,
das frei werdende Mandat des bisherigen Abgeordneten
Eckert Herrn Landgerichtsrat Edmund Schmi'dt von
Karlsruhe anzutragen.

— Nach dem Vericht der „Karlsr. Ztg." gebrauchte
Minister Schenkel, als er in Karlsruhe einen Wahl-
reform-Worschlag verkündigte, den Ausdruck „gleichen,
direktcn, allgemeine n" Wahlen. Demnach wäre
eine Norlage mit Censuswahl nicht zu erwarten.

KarIsruhe, 29. Sept. Der Wahlaufruf öer
nationalliberalen Partei hat im allgemeinen
eine günstige Beurteilung erfahren. Von den früheren
Aufrufen unterscheidet er sichl vorteilhaft dadurch, daß er
die liberalen Forderungen bezüglich der Schule, der Lehr-
und Lernfreiheit, der Wo'hnungsfrage und des Eisenbahn-
wefens bestimmter enthält. Die „Stratzb. Post" findet
die Stellung zur Klosterfrage scharf, aber nach allem, was
auf klerikaler Seite vorgefallen ist, begreiflich. Der „Bad.
Beob." hat nur an dem „Kulturkämpfertum" etwas aus-
zusetzen, das die schärfste Bekämpfung verdiene. Dem
„Volksfreund" bereitete der Aufruf sichtliches Unbehagen,
das sich in öden Schimpfereien über die nationalliberale
Partei Luft macht. Wir hätten es lebhaft bedauert, wenn
der Ausruf dem sozialdemokratischen Blatt gefallen würde.

Schwstzingen, 29. Sept. Der nationalliberals
Landtagskandidat für Schwetzingen-Laden'burg, Herr Fa-
brikant Max Bassermann, hat der „Schwetzinger
! Zeitung" zusolge die ihm von der Vertrauensmännerver-

g sammlung übertragene Kandidatur abgelehnt sowie die

- Stelle als erster Vorsitzender des nat.-lib. Bezirksvereins
j heute niedergelegt. — Die früher schon vorhandensn Dif-

- ferenzen zwischen den nat.-lib. Führern konnten nicht aus-
f geglichen werden. Als Kandidat kommt nunmehr neben
j Herrn Ratschreiber Reichert auch Herr Professor
! Treiberin Betracht.

Preußcn.

— Der WahIaufruf der nationalliberalen
Partei zu den preußischen Landtagswahlen gefällt den
konservativen Blättern nicht, weil er seine Spitze gegen
die Reaktion kehrt. Auch die freikonservative „Post" ist
unzufrieden mit ihm. Sie vermißt eine Erwähnung
der Verdienste ihrer Partei im Kampfe gegen das Zed-
litzsche Volksschulgesetz und ist deshalb doppelt ärgerlich,
daß die Nationalliberalen, mit den Freisinnigen vereint,
auf die Eroberung einiger freikonservativer Mandate aus-
gehen. Am msisten aber empört sich dieses 'Blatt darüber,
daß auf dem nationalliberalen Parteitage sich Stimmen für
ein Zusammengehen mit der Sozialdemokratie bei den
Wahlm erhoben haben.

Aus der Karlsruher Zeitung.

Karlsruhe, 29. Sept. Am 27. d. M. traf der
zum Großherzoglichen Gesandten in Berlin ernannte Ge-
heimerat Graf Berckheim auf Schloß Mainau ein, um
sich bei dem Großherzog vor Antritt seiner neuen Stellung
zu meldsn. Graf Berckheim ist heute 'von Mainau wieder
abgereist.

Sitzung des Bürqerausschusses vom29. d. M.

Die Sitzung wurde um Uhr nachmittags von dem Vor-
sitzenden, Oberbürgermeister Dr. Wilckens, iu Anwesenheir
von 98 Ausschußmitgliedern eröffnet. Erster Gegenstand der
Beratung ist die Verbreiterungder neuen Ne-
ckarbrücke. Der Vorsihende bemerkt, daß der Stadtver-
ordnetenvorstand der Vorlage des Stadtrats unterm 28. d. M.
zugestimmt habe und erteilt das Wort dem Obmann des
Stadtverordnetenvorstands.

Da die Angelegenheit durch die Vorlage des Stadtrats
und durch ziemlich weitschichtige Erörterungen in der Presse,
an denen sich der Stadtrat und der Obmann des Stadtverord-
netenvorstandes' beteiligt haben, hinlänglich klargestellt ist,
so wollen wir uns in dem Bericht über die zweistündige Dis-
kussion kurz fassen, zum'al, da gegen die Vorlage nicht ange-
kämpft wurde, wenn auch am Schlusse drei Mitglieder gegsn
dieselbe stimmten.

Obmcmn L e onhard weist darauf hin, daß die Vorlage in
engem Zusammenhang mit dem Projekt der elektrischen Bahn
nach Hcmdschuhsheim stehe. wenn auch nicht in der Weise, datz
ohne die Verbreiterung der Brücke die Bahn nicht genehmigt
wird, sondern nur so, daß mcm bei Durchführung der elektri-
schen Bahn in möglichst kurzer Zeit auch die Brückenerweiterung
vornehmcn müsse, weil man die Verantwortung für etwaige
Unfälle nicht übernehmen könne, die durch den erhöhten Ver-
kehr entstünden. Er stellt fest, daß die Brücke schon von voM-
herein zu schmal war und den Verkehrsverhältnissen nicht ge-
nüge. Dann rekapituliert er die Vorgeschichte der jetzigen
Vorlage. Wir setzen dieselbe als bekannt voraus und geben
i für die einzelnen Stationen derselben nur kurz folgende
Schlagworte an: Erörterung der Brückcnverbreikerung durch
die städtische Baukommission im vorigen Jahre, Beitritt des

Nachklänge

zur

^iingerreife der Salzburger Liedertafel

nach

Alt-Heidelberg

und


die dortselbst verlebten feucht-fröhlichen Tage
vom 19./20. Juli 1903.

^rne Gedanken des gefürchteten Reimschusters obigen Vereines.

Bekanntlich war Hans Sachs als Schuster
Crzeuger „wasserdichter" Schuh',

Und nebenbei, so heißt es, wußt' er
Zu machen manchen Vers dazu.

Da dachte sich denn ein robuster
Gesell' vom Fach, genannt Hu Pu:

Jch nehm dich Meister mir zum Muster
Und mach' es einmal grad' wie du.

Nachdem schon gleich die erste Probe,

Die er geliefert dem Verein.

Begegnet' ungeteiltem Lobe,

So kam sofort man überein

Jm Forum der gestrengen Richter,
Anzuerkennen solch' Talent,

Jndem mcm taxfrei ihn zum Dichter
Jm Liedertafelkreis ernennt.

Damit er doch den hohen Titel,

Den man so gütig ihm verlieh'n

Für seine Dichtkunst ä la Knüttel
Jn Wirklichkeit auch voll verdien',

So sang er denn zu seiner Leher
Gelegentlich schon manches Lied,

Allein noch keines, weiß der Geier,

Sich viel vom cmdern unterschied.

Fast jedes hat er, wie's die meisten
Beschuhungskünstler immer tun,
Geschlagen über einen Leisten —

Was zeitgemäß und opportun.

Weil dies jedoch bringt Niemand Schaden
Stieg er auch heute zum Parnaß,

Um zur Erinnerung an's Land Baden,
Jn das wir zogen jüngst fürbaß.

Jnfolge eines innern Dranges,

Jm plural majsstLticus

Euch auf Flügeln des Gesanges

Zu senden einen

Sängergruß.

„Wem Gott will rechte Gunst erweisen,
Den schickt er in die weite Welt,

Dem will er seine Wunder weisen
Jn Berg und Tal und Strom und Feld."

Wie wahr und tief dies ward empfunden
Bom Schöpfer dieses Dichterwerks,

Das sollt' vor kurzem uns bekunden
Der mächt'ge Zauber Heidelbergs.

Mit seinem Schloß und den Ruinen
Aus einer längst entschwundnen Zeit,

Auslugend aus dem üppig grünen
Und faltenreichen Waldeskleid.

Des Neckars Fluten eng umschließen
Dies stimmungsvolle Festgewand
Borduren gleich zu seinen Füßen
Mit glitzernd hellem Sil'berband.

Verheißungsvolle Rebgelände
Vollenden dann des Kleides Zier, —
Doch, da nun uns're Kunst zu Ende
Zu preisen alles nach Gebühr,

So wollen wir gleich hier verlassen
Der Bildersprache reich Gebiet.

Und das in schlichte Worte fassen
Was eingeprägt stch dem Gemüt:

Wir standen andachtsvoll versunken
Vor dir im Bann mit unser'm Blick
Und denken alle wonnetrunken
Alt-Heidelberg! an dich zurück.

Doch werden wir's auch nie vergessen,
Was Alle dort für uns getan!

Und zum Beweise alles defsen
Erlauben wir uns hier zu nah'n,

Um Euch, Jhr lieben teuren Freunde
Vom Heidelberger Lie'derkranz;

Der sehr geehrten Stadtgemeinde
Mit ihrer oberstcn Jnpanz;

Der weltberühmten, altbewährten
Und freien Universität,

Die heutige NuMmer umfnyt drei Vlätter, zufammen 14 Seiten.
 
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