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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 305 (1. Dezember 1903 - 31. Dezember 1903)
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Tmstllg, 5. DkMlitt 1903._WrstLs Bk-rrtL. 43. IllhkWg. — 285.

Grschel»t ti-lich, Eonntag» »uSgenommen. Pr«i» mit Familknblättern monatlich Sv Pfg. in'4 Haus gebracht, Lci »er Erpeditto» «nd de» Zweigstationeu abgeholt 40 Pfg. Dnrch di« W«ß

dejogcn vierteljährlich 1.35 Mk. au«fchlietzltch Zustellgebühr.

>»»eii«»pr«i4: 20 Pfg. für die Ifpaltige Petit»cilr oder drren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für htefige Sefchäst». u»d Pripatanzeigr« rrmähigt. — Für dir Aufnahme »»« L»»«i««»
«» bestimmten Tagen wird keine Berantwortlichkett übernommen. — Anfchlag der Jnserat auf den Plakattaseln der Heidelberger Zeitung nnd den städtifchen Bnichlagftellen. Fernsprecher >2.

> . W Deutscher Neichstag.! M

Berlin, 4. Dezember. j

Noch 42 Wgeordnete mehr als gestern, nämlich 353, ^
sind heute anwesend. Auch die Tribünen und Logen sind s
gut besetzt. Tagesordnung: P r ä s i d e n t e n w a h I. :

Um Uhr verkündot der Altcrspräsident das Resnltat. s
tOg weiße Zettel ergeben, daß offenbar auch von einer Anzahl !
Aichtsozialdemokraten keine Stimme ab-gegeben wurde. Eine s
Stimme erhielt Liebermann v. Sonnenberg, die übrigen 252 s
^raf Ballestrem. Er nahm dankend die höchste Ehren- -
stelle an, die das deuische Volk durch seine Vertreter zu ver- s
Leben hat, uud gab der Hoffnung Ausdruck, daß seine geistige
Und körperliche Frische ausreichen werde, die Würde des Hauses -
uvch außen und innen zu währen und die Ordnung inner- s
Und außerhalb des Saales aufrechtzuerhalten. Er rechne -
daher auf allseitige Unterstützung. Die Mehrheitsparteien
applaudieren lebhast, die Sozialdemokraten lächeln vergnügt. ;
Graf Ballestrem nimmt nun seinen -zewohnten Platz ein. i
Dann ging der Wahlakt weiter.

Wie unter den Mchrheitsparteien abgemacht, wurde Graf
ÜdoStolberg zum 1., der Nationalliberale Dr. Paasche
Zurn 2. Vizepräsidenten gewählt. Aei der Wahl des 1. Vize- k
prasidenten werden 836 Stimmen abgegeb-en, hiervon 239 -
sür Graf Stolberg, 68 für Singer, unbeschrieben 25, zer- j
splittert 4. Graf Stolberg nimmt die Wahl dankend an. Bei s
der Wahl des 2. Vizepräsidenten werden 344 Stimmen abge- s
öeben, von denen 110 unbeschrieben sind. Prof. Paasche er-
hielt 230 Stimmen, zerspsittert sind 4. Auch Paasche nimmt s
pie Wahl mit Dank an.

Die Feststellung des Erg-ebnisses der Schriftführerwahl
svurde dem provisorischen Büreau bis zur nächsten Woche über- :
tassen. Zum Schlusse gedachte der Präsident, während alle
Antvescnden sich erhoben hatten, der VerstorLenen. Ms Mitt-
woch ist den Reichsboten Zeit gelassen, sich in den Etat hinein- -
SUarbeiten. Dann soll der Kampf bezinncn. Mit dem. Etat -
SUr Beratung gestellt ist besonders der Etat für Schutzgebiete. -

BerIin, 4. Dez. Gegen die Wiederwahl Ba11e- '
strems zum Präsidenten haben außer den Sozialdemo- '
kraten noch die freisinnige Vereinigung und die Polen '
gestimmt. Es ist das noch die Folge der Kämpfe um den i
Zolltaris. Auch gegen -die beiden Vizepräsidenten haben die :
Änksliberalen gestimmt. Die Wahl eines Sozialdemokra- ,
ten kam nicht mehr in Betracht seit dem Augenblick, da die »
Sozialdemokratie beschlossen hatte, die Repräsentations- -
bflichten abzulehnen. Herr Singer hat bei der Wahl des
Vizepräsidenten nur die Stimmen seiner Genossen er- s
halten, nicht eine einzige von anderen Parteien. Bis
Dkittwoch haben nun die Reichsboten Zeit und Ruhe, den f
Ctatzu studieren. Dann beginnt die eigentliche Arbeit '
Und damit der Kamps. /

— Die Z e n t r u m s f r a k t i o n beschloß, den An- '
swg auf Aufhebung des I e s u i t e n g e s e tz e s -
s>n Reichstag wiederum einzubringen.

— Dem Reichstag ging ein Antrag Nißler (bayr. r
^onservativer) aus Bereithaltung von Mitteln zur sofor- f
Eigen Gewährung von B e i h i l f e n an die S o I d a t e n ?
Und Unteroffiziere aus dem Jahre 1870—71 -
su oder aus den Kriegen der deutschen Staaten vor ;
1870, deren Erwerbsfähigkeit infolge Alters oder Krank- j
heit oder anderer Gebrechen aus weniger als ein Drittel f
^erabgesetzt ist.

DeEches Reich. s

— Richters freisinnige Zeitung und ebenso die ultra- j
montane „Köln. Volksztg." sprechen sich gegen den von j
der Regierung vorgelegten Finanzreform-Ent- ^
wurf aus. Richter fürchtet für das Einnahmebewilli- ^
gungsrecht des Reichstags, und das Zentrumsblatt meint, ^
durch die Matrikularbeiträge kämen wenigstens auf einem s
Umweg Einkünfte aus direkten Steuern ans Reich, wäh- j
rend neue eigene Einnahmen des Reiches unbedingt nur i
aus indirekten Steuern geschaffen werden könnten. j

— Wie die „Voss. Ztg." hört, hat der Staatssekretär i
des Reichsschatzamts Frhr. v. Stengel am Donnerstag eine s
Unterhandlung mit den bayrischen Abgeordneten ^
über den Gesetzentwurf zur Einleitung der Reichs- ;
Finanzreform gepflogen, um sie für die Grund- z
sätze der Vorlage zu gewinnen.

— Graf Paul v. Hoensbroech hat die ihm an-
gebotene Kandidatur der bürgerlichen Parteien im 22.
sächsischen Reichstagswahlkreise angenommen.

Badcn.

Karlsruhe, I.Dez. Das E i s e nb a h n b a u b u d-
g e t beansprncht sür die beiden Jahre 1904—1906 eine
Summe von 41 446 700 Mk. Darunter sind enthalten:
Für Vorarbeiten und den Bau der Mainbrücke für die
Bahn Wertheim—Miltenberg 375 000 Mk., für den An-
kauf der Murgtalbahn rund 2 Millionen Mark, weitere
Raten sür den Bahnbau Weisenbach—Landesgrenze, Kap-
pel—Bonndorf und Mimmenhausen—Frickingen, zirsam-
men 2 660 000 Mk., für den Bau zweiter Gleise auf den
Strecken Oos—Baden, Gengenbach—Hausach und Radolf-
zell—Konstanz 1 387 000 Mk.,für Einrichtung der elek-
trischen Streckenblockierung 1 570 000 Mk., serner sür
Neubau, Umbau, Verlegung und Erweiternng von Bahn-
höfen, Gleisanlagen, Werkstätten usw. 27 Milüouen Mk.,
für Beschasfung von Transportmaterial 3,1 Millionen
Mark, endlich Staatsbeiträge zu Nebenbahnen 1 773 000
Mark.

sH Heidelberg, 5. Dez. Jn einem anderen hie-
sigen Blatte wird durch eine Notiz behauptet, daß in g e°
wissen Kreisen der Nationalliberalen eine Animosität
gegen die Jungliberalen herrsche. Wer so schreibt, hat
auch das Wort Jungliberalismus nicht recht verstanden.
Die jungliberalen Vereine sind Vereinigungen jüngerer
Männer, nnd bezwecken, ihre Mitglieder zn praktischer
politischer Arbeit in nationalliberalem Sinne heranzubil-
den. Da im KarlIruher Verein auch Mitglieder (ca. 100)
sind, die über 40 Jahre alt sind, und mit 40 Jahren
kann man doch seine Juyend als abgeschlossm betrachten,
ist es kein jungliberaler Verein in unserem Sinne. Daß
die nationalliberale Partei mit derartigen Nengrün-
dungen nicht einverstanden ist, ist wohl begreiflich. Eine
Animosität gegen Vereine, die die Altersgrenze einge-
führt haben, dürfte seitens der Partei nirgends vorhanden
sein. Jm Uebrigen ist es gerade ein Hanptvorzug der
junglib. Bewegung, daß sie freies und ungeniertes Aus-
sprechen der Meinung vor der Oeffentlichkeit, auch wo es

Dre Dachauer Schule und ihr Meister
A-olf Hölzel.

. Jnr Nordcn von München, wo sich zwischen den eilig der
^onau zuftrebenden- Gebirgsflüssen einfame Moore dehnen,
bnden wir zühlreiche Orte, welche als Malerkolonien in der
^unstgeschichte einen Namen haben. Der bekannteste unter
NNen ist Dachau, der alte Marktflccken, dessen Schloß in-
lolge dcr prächtigcn Lage am Steilabhang der Moräne des ein-
'ügen bayrischen Riesengletschers weit über die Lande grüßt
Und jedem bekannt ist, der von Norden her in Bayerns Haupt-
Uadt einzieht. Dieses Dachau, oft das Münchener Barbizon
öeyannt, ist die Heimstätte einer eigenartigen Kunst: Adolf
^ ölzel gründete dort vor etwa 12 Jahr-en eine Malerschule,
j^lch« in rhrer Entwicklung und ihren Errungenschaften zu
NWr Bedeutendsten gehört, was die -deutsche Kunstgeschichte dcr
^tzten J-ahrzehnte aufzuweisen hcrt. Sie nahm ihren Ausganz
?us dem Naturalismus und hat mit ihrem Meister die Wand-
jung zn einem freien persönl. Standpunkt der Natur gegenüber
ourchzemacht, der dasKennzeichen aller großenKunst ist. Wichtig
fUr lne Geltenidmachung der Schule nach autzen war der Zu-
wlnmenschluß Hölzels mit LudwigDill und Arthur
s-anghammer. Diese Dreiheit gab der ganzen Richtung
fs^ues Gepräge und wir können ihre Wirkung bis in die jüng-
Werke der Schule verfolgen. Dill, der große Pfad -

ste'

I^nder und Praktiker, der klassische Farbenstilist, öffnete
?Urch vie absolute Herrschaft, die er dem Zusammenklang der
starben in seinen Bildern zutveist, ganz neue Entwicklunzs-
^jhnen: H ö l z e l, der scharseTheoretiker von subtilster Anpas-
^Ungsgnyx, der Jdeenverbreiter und Ausbauer,
swd Langhammer, der Farbendichter, die fein cmpfin-
^stde Seele dieses Trio's: wahrlich, ein Zusammenwirken von
IsräfMn, das eine Schule znm Ziele führen mnß. Dreses Ziel
^steht sür jede Schule darin, etwas Neues, aus dem bisherigen
AUnstschnfjen mit logischer Notwendigkeit und in natürlicher
Utwicklung Herauswachsendes zu bilden, neuen Ausdruck sür

die Ewigkeitswerte zu finden, welche den Menschen an die Na-
tur binden. Suchen wir nach dem Neuen , das die Dachauer
Schule der deutschen Knnst gegeben, so zeigt es sich vor allem in
der eigenartigen Entwicklung des Sehvermögens ihrer Anhän-
ger: sie sucht nicht hübsche genreartige Motive, auch nicht bloße
Stiminungsbilder, son-dern sie führt den Jnhalt der Natur-
erscheinung, welches sie darftellen will, auf Farbe und
Form allein zurück. Das Packende unü Zwingende ihrer
Werke liegt in der Konzentration des Gegebenen auf einen
Ton, eine Farbe, oder das Zusammenklingen zweier
Farben mit den notwendigen neutralen Tönen. Dabei liegt
das Hauptverdienst der Schule darin, datz sie das Gesetzmähige
der Bil-dwirkung als Grundlage alles kunstlerischen Schaf-
fens sesthält und die Errungenschaften der grotzen Meister aller
Zeiten theoretisch erkennt und verwertet. Wer die Bilder der
Dachauer kennt, wird zugeben, daß ste eine gewisse Stufe
künstlerischer Geschmacksbildung beim Beschauer voraussetzen;
deshalb erleiden sie ost und gerne ihr Schicksal, dem flüchtigen
Besucher der Ausstellungen nicht auszusallen und von sensa-
tionellen, dem Durchschnittsgeschmack ent-gLgenkom-menden Bild-
werken „geschlagen" zu werden. Dem Kenner dagegen ver-
mitteln sie unendlichen Genuß an Formen und Farben; die
differenzierteste Empfindung für Töne und HaWtöne, für
Farb- nnd Helligkeitsintervallen, absolutes Stilgefühl fiir
Raum- und Massenverteilung tritt bei allen Dachauern in Er-
scheinung.

Erwähnt muß werden, daß jene oben aufgeführte „Drei-
heit" sich auflöste, indem Dill dem' ehrenvollen Rufe an die
Karlsrüher Akademie, Langhammer dem Rufe in die
Ewigkeit folgte. Hölzelist nunmehr das alleinige Haupt der
Schule. Daß auch außer den eigentlichen „Dachauern" tüch-
tige Küirstler in Dachau wirken — so Flad, Strützel, Hay-ek u.
a. .— wivd als bekannt vorausgesetzt. Doch stehen sie außer
Zusammenhang mit jener Künstlergruppe. iJhv gehören neben
vielen an-deren Künstlern uüd Künstlerinnen von großem Kön-
nen und selbständiger Naturauffassung Bertha von Tarnoczy,

sich um interne Angelegenheiten handelt, verlangt, wie
auch für die Offenburger Versammlung ausdrücklich volle
Oefsentlichkeit beschlossen wurde.

Badischer Landtag.

3. Sitzung der zweitem Kammer.

Karlsruhe, 4. Dez. Präsident Dr. Gönner
eröffnet die Sitzung um ^,11 Uhr. Eingegangen ist ein
Schreiben des Abg. H u g , in welchem er anzeigt, daß er
wegen leidender Gesundheit den Verhandlungen des Land-
tages vorerst nicht anwohnen kann. Der erbetene Urlaub
wird bewilligt. Ferner sind eingegangen ein Schreiben
des Finanzministeriums betr. die Akkreditiv-Kredite, wo-
nach einige Positionen im Budget znrückgezogen werden,
ein Verzeichnis der von> Ministerium des Großh. Hauses
und der Ausw. Angelegenheiten erledigten Petitionen,
vom statistischen Landesamt die Jahresberichte sür 1901
und 1902, der Jahresbericht der badischen historischen
Kommission für 1903, weiter ein Bericht nber die Tätigkeit
des Vereins für Gefangenenfürsorge, der Jahresbericht den
Bad. Staatsbahnen und Dampfschiffahrt, endlich eine Ein°
ladung der Gesellschaft „Musenm" an die Mitglieder des-
Landtages zum Besuche der Veranstaltungen der Gesell-
schaft. Eingegangen ist noch ein Antrag Zehnter
und Gen., lautend: die Zweite Kammer ersucht die Re-
gierung, den Landständen noch in der gegenwärtigen Ta-
gung ein Gesetz vorzulegen, durch welches die Gemeinden
über 5000 Einwohner und diejenigen mit geringerer Ein-
wohnerzahl, die in gewissem Umkreis groher Städte lie-
gen, die an unverdientem Wertzuwachs an
bebauten und unbebanten Grundstücken erzielten Ein-
nahmen einer Besteuernng zu unterwerfen haben.

Die Erträgnisse dieser -Steuern sollen dann für g e-
meinnützige Zwecke dieser Gemeinden verwendet
werden.

Hieraus wird in die Tagesordnung eingetreten.

-Finanzminister Dr. Buchenkerge r überreicht das
Budget. (Einen ausführlichen Auszug -aus der Budgetrede
des Finanzministers findet der Leser in un-serem heutigen
5. Blatt.)

Alsdann erfolgt die Wahl der Mitglied-er für die einzel-
nen K o m m i s s i o ne n. Auf Vorschlag des Abg. Dr. Wil -
ckens werdcn gewählt in die 1. Budgetkommission: die Nbg-g.
Dr. Binz, Eichhorn, F-ehrenbach, Frühauf, Gicßler, Hauser,
Dr. Heimburger, Hergt, Hug, Kriechle, Lauck, Neuhaus, Ob-
kircher, Pfefferle, Schneider (Pforzheim), Schüler, Dr.
Wilckens; 2. Petitionskommission: die Abgg. Bihler, Blümmel,
Burkhard, Clauß, Dr. Goldschmit, Henni-g, Kirsner, Kramer,
Mampel, Müller, Rohrhurst, Schmidt, Stratz, Süßkind, Vor-
derer, Dr. Weiß, Zehnter; 3. Kommission für Eisenbahn-en und
Straßen: die Abgg. Armbruster, Dreher, Duffner, Franz,
Geppert, Goldschmid, Gr-eiff, Grünin-ger, Harsch, Hoffm-ann„
Horft, Klein, Köhl-er, Morgenthaler, Neuwirth, Dr. Schneider
(Karlsruhe); 4. Kommission für Geschäftsovdnung, Ar-

chivariat und Bibliothek: die Abgg. Armbruster, Dr. Blanken-
horn, Breitner, Hauß, Kopf, Lehmann, Dr. Weygoldt, Wittum„

Das Haus ist mit dieser Art 'der Kommissionsbildun-g ein-
verstanden.

-Eine Neihe Petitionen sin-d bereits eingegangen.
Darunter befinden sich eine solche um Erbauung einer Eisen-
bahn von Offcnburg n-ach Lahr und eine zweite um Erbauung
einer Eiseitbähn von Walldürn nach Hardheim. Beide werden

Therese Weber, Emmi Walter, 'Oskar Graf, Felber, Kau-
mann an.

Auch Frau Bettina Feistel - Rohmeder, welche
z. Zt. eine grötzere Kollektiv-Ansstellung im Kunstverein zeigt,
ge'hört zn dieser Gruppe. Ueber die Bilder der Dame wird
an anderer Stelle des Blattes berichtet.

Sehr charakteristisch für die Richtung der ganzen Schule
war der Vortrag, welchen Adolf Hölzel am vergangenen Sonn-
tag im- S t ä d t i s ch e n Muscum in 'F r a n k f u r t hielt.
Jn frei sließcnder anderthalbstündiger Rede gab der Künst-
ler einen Uebevblick über oie Geschichte der Ntalerei seit dem
14. Jahrhundert, indem er an der Hand von sehr schönen Re-
produktionen der größten Meisterwerke die Entwicklung der
verschiedenen Schulen urtd Richtungen, wie sie naturuotwendig.
aufeinander folgten, vorführte. Jndem der Nedner von dem
räumlich bedingten der Axchitektur untergeordneten Altarbilde
ausging, entwickelte er gleichsam vor den Augen seiner
Zuhörerschaft an den vorgezeigten Mldern die einfachen Gesetze
der bildlichcn Darstellung, welche die Grundlage alles maleri-
schen Schasfens ausrnachen. Es war ein hoher Gennß, die
Einheit der Kunst in all' ihren Mannigfaltigkeiten aus solche
Weise innerlich zu erleben; den Zusammerchang gerade der
modernsten Malerei mit den allseitig anerkarmten alten Mei-
stern, die logische Aufeinanderfolge der verschiädenen Arten der
Farben- und Formengebung wird wohl kaum einer der zu je-
ner Stunde im großen Saal des vornehmen Museums Versam-
melten wieder vergessen. Besonders wichtig war auch der Hin-
!veis auf die tiefgchenden theoretischen Studien der Venetianer;
auch chnen lag „l'art pour l'art" mehr am Herzen, als der
Gegenstand, welchen sie darstellen, und die Ansechtung, welche
die theoretisierende Art dcr Dachauer oft erfährt, dürste am
treffendsten mit jenem Hinweis abzuwehren sein. Mit einem
großen Appell an das deutsche Publikum, fich mehr mit den Ge-
setzen der Kunst, wie sie uns aus ihrer Geschichte entgegen-
treten, zu befassen, wenn anders die deutsche Malerei aus
Mangel an Unterstühung nicht schließlich hinter der ausländi-

Die hemige Nummer umfaßt sechs Blätter, zusammen 24 Seiteu.
 
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