Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 281 - 305 (1. Dezember 1903 - 31. Dezember 1903)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11499#1201

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Smstaz, 13. Iejember 1V3. Mrftes Matt.

4Z. ZllhkWg. — 291.



Grschrint tLßltck, Sonntag» «u»genominen. Prei« mit Fsmiltenblättern monatlich 50 Pfg. iu'» Hau» gcbracht, bei ber Expedition und den Zweigftationen abgebolt »0 Mg. Durch dtr Wß

bezsgen oierteljährlich 1,35 Mk. auktEeßltch ZustellgebÜhr.

U»»«tir,prri»: 20 Ps<i- für di« Uvalttge Petttreilc oder deren Raum. Reklamezeile 40 Psg. Fikr blrstge Geschäit». und Prtvatanzeigcn ermätzigt. — Für die Lufnahme v»n »»»rig««
a» bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnierat aus den P:a kaktafeln der Heidelberger Zeitung und den ftSdttschen Nnichlagftellen. Fernsprecher M.

^ ... .....> > »II

Deutscher Reichstag.

Berlin, I I. Dezember. ^

W e i t e r b e r a t u n g des E t a ts.

. Abg. Dr. Sattler lnatl.): Die Erkrankung des deut- ^
ichen Kaisers hat in den iveitesten Kreisen tiefe Erregung her- :
borgerufen. Hoffentlich werde cr bald genesen sein. Das F i - -
^nzgesetz sei mcht erfreulich und es fehle au einer kräs- '
geordneten Reichsfinanzvcrlualtung. Ebenso unerfreulich ?
>Ei auch der völlige Bankerott des Reichsinvalidenfonds. Dic >
Regierung iverde die deutschen Jnteressen nach Außen kräftig r
chahrnehmen und ersreulich sei auch, datz die Rcichsbehörde Z
der sozialen Fürsorge sich mit der Wohnungsfrage beschäf- >
Eize. Rcdner verlangt die Festlegung der Militävbewilligun- >
ften auf eine längere Zeit. als mir auf ciu Jahr. Er kritisiert
Luxus in Offizierkreisen, verurteilt die polnischen und f
^elsischen Bestrebungen urrd unnötige polizeilichc Verhaftun- )
8sn. Redner tritt für die Ostmarkenzulage ein und begrützt
. jn der Thronrede angekündigten Gesetzentwürfe. Auf >
dein Gebiete der sozialen Politik dürfe man dieselben unter- >
uützen. (Beifall bei dcn Nationalliberalen).

. Kriegsministcr v. Einem geht auf dic unerfreulichcn H
^»rgänge in Forbach ein, die das deutsche Volk nicht allein, z
iondcrn auch die Armce bis ins Jnncrste erregten. Forbach, I
^nst von gutcm Klang, der aller Herzen in Erinnerung an (
^en Sicg von Spichern höher schlagen lietz, verbreitet heutc i
dunkle Schatten. Es seien dort Dinge vorgekommen, die man <
lUr unnlögtich haltc. Er habe Bilses Buch als Schandwerk j
Ufeggrworfen. Es sei einc Schande, datz ein preutzischer Ofsi i
" etwas derartiges schreiben konnte. Dennoch sei das, was l
Ui dcm Buche stehe, zum Teil wahr. Diese Offiziere wareu ;
^Ur äutzerliche Offiziere, teine Ofsiziere in dem Sinne, wie es )
Hreutzische Offiziere sein sollen. Man müsse sich offen fragen, >
sUie solche Zustände zu erklären seien? Die Sozialdemokraten z
wgen: Das ist das Systcm des Militarismus, des Baters alles )
^ebcls. Wenn das richtig wäre, mühte das ganze deutschc
fUolk, das seit 100 Jahren die Wehrpflicht habe, Vcrdevbt sein. >
habe aber Nlit einer Tatkraft ohnc gleichen eine Weltmacht i
?fobert. Der anderc Teil sage, die Schuld liege an der Jso- ;
;ier>mg des Offizierkorps, das eine Kaste für sich bilde. Er j
Eonne versichern, daß auch in kleinen Garnisopen reger Ver- '
Eshr zwischcn den Offizieren und Leuten der Bcvölkerung bs- ,
/^he. Er möchte dic Ansicht, datz das Trainoffizierkorps aus (
'!)raft>ersetzten und unfähigen Offiziercn rekrutiert lvexde, wi- j
r^rlegen. Speziell bei dem Trainbataillon Nr. 16 sei dies niäit i
^orgckanitncn. Der Offizier, der Lei der Kavallerie oder Artil- j
^rie nicht genüge, könne ein sehr guter Trainoffizier werden. )
^eshalb sei dic Versetzung zum Train keine Strafe. Er gebc )
su, daß solche kleine Truppenteile mit einigen Offiziercn sich )
uisweilen äbsonderten. Wenn in Forbach ein Komm-andeur ;
öewesen sei, der seine Stellung voll und ganz auszesüllt hätte, >
^äre derartiges nicht geschehen. (Sehr richtig!) Welche psy-
Hologischen Momente liegen wohl vor, Liesen btsher gut be- ^
^rteilten Mann zum Schwächling zu machen, so datz er Zu- k
uände, die gegen die dienstlichen und moralischcn Vorschriften ?
^rstotzen, zulassen konnte. Er mutz nun d-ie -Folgen tragen. ;
^in zweites Forbach ist in der Armee ntcht möglich. (Bravo l i ;
For Mintster weudet sich sodann gegen einen Bergleich oer r
Nrauen, die sich in Forbach vergingen, mit anderen Damen in (
"fr Armee. Dies sei eine Bel-eidigung; er konstatierte dann
^^Ue Abnahmc der Soldatenmitzhandtungen im letzten Jahre
^ogen den Durchschnitt der lctzten zehn Jähre. Er sei übcr-
sougt. daß diese Mitzhandlungen aus der Armee herauskom-
werden und müßten (Zustimm-ung). Nicmand erkenne
inehr an, als -der Kaiser. Wenn übrigens die Schläge, die
^ in den Werkstätten urtd Fabriken gebe, Lekannt würden
t^ärm bci den Sozialdemokraten), so würden wir glänzend
Mtehen. Die Kritik des Heeres dars unserem Volke die
Areude an Lern Soldatenstand nicht nehmen; wir brauchen
^eudrge Soldatcn. Wenn wir heute vor die Wahl -gestellt

würden, das jetzige französische Nohrrücklaufgeschütz oder das
deutsche Modell von 1896 zu nehmen, würde er das lehtere
nehmen. Jhm sei nichts davon bekannt, datz das Gewehr
1898 ersetzt werden musse. Der Entwurf des Ouinquennats
lag vor, als er Kriegsminister wurde. Dic beteiligten Behör.
den seicn darüber nicht gehört gewesen. Er habe auch die Bil-
ligung des Kaisers noch nicht gefunden. Das Gefüge des
Heeres ist momentan so fest, datz man mit dieser Organisatiou
vorläufig noch ein Jahr lvarten k-ann.

Abz. Richter (freis. Vg.) knüpft au die Ausführungen
des Vorredners über die Vorgänge in Forbach au. Diese seien
keineswegs typisch für die Armee, er frage aber, wie vielen
Herrcn dicse Zustände im Bataillon wenig oder gar nicht oe-
kannt gewesen seien. (Sehr richtig, links!) Bedauerlich sei es.
datz m-an zur jährlichen Bewilligung des Militäretats übergehe.
Es s-ei ein großer Jrrtum von Noon gewesen, in der Bewil-
ligung für mehrere Jahre Vorteile zu sehen. Die Einführung
einer Wehrsteuer sei nicht ratsam. Sei cs notwendig, die ost-
-asiatiiche Brigade beizubehalten und 10 Schiffe dort zu statio-
nieren? Kiautschou und Südafrika verurf-achten große Kosten.
Je weniger Afriks, desto besser. Er stimme darin Caprivi kxn,
welcher meinte, man könne das südafrikanische Gebiet den Bv-
ren überlassen.

Abg. v. Kardorff führt aus, die Handelsverträge soll-
ten wir nicht früher abschließen, bevor nicht wcnigstens solche
mit überseeischen Staaten und mit Oesterreich-Ungarn gekün-
digt würd-en. Es müsse etwas geschehen, um dem Anwachsen
der Sozialdcmokratie zu steuern. Das aktive und passive
Wahlrecht sollte ihnen auf fiinf Jahre entzogen werden.

Nächste Sitzung morgen Uhr.

— Die N a t i o n a l l i b e r a l e n brachten im
Reichstage folgende Jnterpellation ein: „Wetche
Schritte gedenkt -die Reichsregierung zu tnn, um den
Wünschen der Handwerker, daß für die selbftändigen
Handwerker die o b l i g a t o r i s ch e A l t e r s- nnd
I n v a l i d e nv e r s i ch e r u n g unter Zugrnndele-gung
der Äestimmungen des Altersi und Jnvaliditätsversiche-
rungsgesetzes eingefuhrt wir-d, entgegen zu kommen?"

De^Lsches Reich.

— Vollmars Lei d e ri sührt Lie sozialdemokra--
tische „Münch. Post" auf die Tatsache zurück, daß er in
dem Zuge saß, der bei Schöngeising entgleiste. Hier habe
er offenbar eine Erschütterung des Rückemnarks erlitten,
die Ziemlich schwere Folgen zeitigte.

Bade».

— Geh. Finanzrat H u g hat, wie die „Konstanzer
Nachr." mitteilen, wegen angegriffener Gesundheit auf
ärztlichen Rat sein L a n d t a g s m a n d a t (Ueberlingen-
Psullendorfii n i e d e r g e I e g t. Die Ansübung des
Doppelmawdats (Land- nnd Reichstag). kann er sich unter
diesen Umständen nicht znmuten. — Da das Wahlmänner-
kollegium des Bezirks Ueberlingen-Psullendorf zum größ-
ten Tetl aus Zentrumsanhängern besteht, so ist zu er-
warten, daß sich die Stinimen der Wahlmänner wiederum
aus einen- Kandidaten vereinigen, welcher sich der Zen-
trumsfraktion anschließen wird.

— Aus demokratischen Lehrerkl-eisen wird in der
„Nenen Bad. Landesztg," -der Wunsch ausgesprochen, es
möchte bei der Versässungsreform dasür gesorgt werden,

daß auch ein V o I k s s ch u l l e h r e r in die Er st e
Kammer kommt.

Aus der Karlsruher Zeitung.

— Die Grotzhcrzogliche Zolldirektion hat den Hauptanits-
gehilfen Johann Walter b-eim Hauptzollamt Mannhcim als
Hauptamtsassistenten etatmätzig angestellt.

. Austtmd.

Ocsterreich-Ungarn-

— Gräfin Lonyay , srühere Kronprinzessin Ltepha-
nie, hat beschlossen, sich in ihrer Heimat in Betgien
anzusiedeln. Sie soll wegen Ankaufs einer Be-
sitzun-g in der Nä'he von Brüssel in Unterhandlungen stehen,
die dem Wschluß nahe sind. Das gräfliche Paar wird
künftig den größten Teil des Iahres in Belgien ver-
bringen.

Sozialpolitik und Schule.

Heidelberg, 19. Dez.

Die gestern von der liationalsozi-alen Partei einberufene
Versammlung iin „Tannhäüser" war von etwa 840 Personen
besucht; sie dauerte von halb 9 bis gegen halb 1 Uhr. Für die
Berichterstattung sind solche lange Versammlungen immer cin
Mitzstand; je länger die Versammlung dauert, desto skizzen-
yafter m-uß der Bericht werden, denn über eine bestimmte
Grötze hinaus kann man den Bericht nicht anwachsen lassen.

Professor Deitzmann als Vorsitzen-der begrüßte die
Versammlung und betonte, d-atz das heutige Thema einen brei-
ten Boden der Verständignng darbieten sollte. Er kam dann
auch auf den Verfassungsreform-Entwurf zu sprechen, den er
mit voller Sympathie begrützte. Nicht öhne Bedenken sei die
Bestinimung lvegen der erstcn Kammer, wo unter einer aristo-
kratischen Schale sich ein plutokratischer Kern zu verbergcn
scheine. Er hoffe, datz die Stände zu einer Vereinbarung
kommcn werden, worauf dann Baden wieder an der Spihe dcs
deutscheil politischen Liberalismus stehen werde.

Hieraus ergriff der Referent, Mcdizinalrat Kürz, das
Wort. Er knüpfte an das von Fichte vor 100 Jahren gesprs«
chcne Wort an, wonach 'diejenige Nation die glücklichste un»
Nlächkigste sein werde, in welcker die tiesste und vielscitigste
Bildung bis in die untersten Schichten dringe. Als Bildnng
definicrte Ncferent dic Ausbildung aller dcm Mcnsckien ange-
borenen intcllektuellen, ethischen und ästhetischen Anlagen
durch das Mittcl -der Erziehung, 'die durch Familie, Schule uiid
Leben bewirkt wird. Der Herr Rcferent sprach dann nacheiu-
an-der über die Hhgienische, die wirtschaftliche, die nationale u.
die soziale Bedeutung der Volksschule. Wir können hier nur
vereinzelte Sätze her-auSgreifen. Jn hhgiemscher Beziehung
verlangte er die Anftellung von Scki-ulärzten, welche jedes Kino
bei seinem Eintritt in die Schule zu untersuchen haben rnd
darüber einen Schulschein ausstellen, der imVertauf derSchul-
jahre weiter ausgcfüllt wird, sodaß das Kind für seine Selbst-
erkcnntms, für scine Berufswahl und auch später sür das Mi-
litär ein vollständiges gesun-dheitliches Nationale besitzt, was
natürlich in vieler Beziehung autzerordentlich wertvoll wäre.
Das Wirken des Schularztes dcnkt sich -der Vortragendc sebr
intensiv und befrnchtcnd für die richtige Auffassung sowohl der
Lehrer wie der Schülcr. Er weist dabei auf den Satz hin,
datz die meisten Menschen an der Unwisscnheit und ihren F '
gen sterben, womit in erster Linie die hygienische Unwissenhcit
gerneint ist. Aber die Unwissenheit sei es auch, dic vielfach zu
Vergehen und Verbrechen führe; eine tüchtigc Schule könue
auch da schr segensreich wirkcn. Wo dic Schulen gebessert
wurden, da habe das jugendliche Verbrechertum abgenommen.
Bezüglich der wirtschastlichen Bedeutung einer guten Scyul-

Heidelberger Kunstverein.

Heidelberg, 12. Dezenrber.

^ Wenn in .Heidelberg Verständnis nnd Jntcresse für die
Aalcrei einmal aus gleichcr Stufe stehen werden, wie siir die
^usik, so wird man vielleicht anch etnmal von einer kleinen
öunssitadt reden können, — bis dahin hat es aber noch eine
^ine Weilel Erreichbar ist das Ziel; schon dic Absicht, mit
Musik im Prinzip Schritt zu halten und dem Publikum nur
vwtes vorzusühren, mützte als höchst erfreulich bezeichnet loer-

-AlZ der Kunstvcrcin im Herbst seine neuen Räume

.A der Stadthalle bezog, -da hofste man unter scinem «neuen
^wande auch seine künstlerische Seele iMrgestaltet zu finden.
7"rn erwartete. daß er bei der Auswahl, Gutes vom Mittel-
?ntzigen und ganz Schlechten zu trennen, mit grötzerer Strenge
Attten würde, wie zuvor.. Erfreuliche Anläufe waren die
Mektionsausstellungcn der Karlsruher u. Heidelberger; cinen
.^otzen Genuß und unstreitig einen Schritt vorwärts bedeutete
Ach die Kollektion Franz Hein-Grötzingen, die üeinl verstän-
Teil dcs Publikums volles Empsinden auslöste. Man sieht:
l? ist fruchtbarer Bodeu vorl)anden. — Warum mutzten liun
plötzlich wi-eder im Besucher alte „Mnseums"-Eindrücke
Lheckt lverden, — ivarum ging man nicht vorsichtig und seiner
Msion bewutzt latigsam weiter im Guten? Zuviel Lokal-
O^triotismus hat der Kunst noch immer geschadet. Hier kann
^ Kunstverein erzieherisch wirken, — aber es kommt eben auf
Auffassung und das Ziel an! Das Ziel im guten Sinn —
^ueicht sehen wir noch die Früchte ü
Ueber die Gesamt-Ausstellung der Elsatz-Lothringer, die
r-sttveise sehr gute Arbeiten cnthält, wird weiter unten aus-
Mrlich gesprochen. Den Bericht wollen wir- mit dem ersten
si?alc beginncn. Man sieht sich vielleicht anfangs etwas hilf-
sl? um, — entdeckt aber dann in einiger Entfernnng auch trost-
^vdrrrde Bilder, van deNen die besieren bier genannt seien.

sehr beachtenstverte Kollektion bringt Fräulein M. E.
..L^rchniw-Mönchen. Wohl am Bestcn und wundcrvoll -in der
"^Ä>en- und Tonabstufung ist ein Jnterieur mit Chrysanthe-

men auf dem Tisch am Fenster. Gut ist auch eine Bauernftuüc
mit zwei Figuren, ferner ein Jnterieur mit Lampenlicht-
effekt. Die grötzeren Arbeiten befriedigen nicht so ausschließlich.
Jm Herrenportrait ist der Hintergrund (der bei einem Bilde
so viel 'bedeutet) etivas nach bekaunter Schablone, und der zu
flach gemalte Kopf „geht" deshalb nicht recht „los". Kmnpo-
sitionell stnd alle Bilder gelöst, auch das grotze „Morgensonne";
nur rein koloristisch übt es keine Wirkung. Dazu sind die
feinen Tonbaleure nicht genügend auseinander gehaltcn, was
an der schwierigen Beherrschung einer Leinwand dieses For-
-mates grscheitert sein mag, — aber warum überhaupt so grotz?
Jn einem realistisch gemalten Arbeiterfrauenbild wirkt die
Stellnng und- der Ausdruck zu gezwungen — Realistik und
Modellpose, die beiden Feinde vertragen sich nicht. — Weiter
befinden sich noch im ersten Saale eme grötzere Anzahl Lcmd-
schaften, teilweise mit sigürlicher Staffagc, von Günther-
Schiverin, unter denen Vorfrnhlings- und Winterstimmnngen
von guter Wirkung sind. — Ein sehr erfreuliches Stilleben ist
der Feldblumenstrautz von Klara Schuberg-Karlsruhe. Schade
nur, datz auch hier der Hintergrund zu sehr nach dem Rezept
gemalt ist. — Einige gut gesehene Motive sommerlicher Land-
schaften zeigt Frau Koepp-Susemühl-Münster. Der rosenbe-
wachs-ene Kirchhof ist namöntlich stimm'ungsvoll und in den
Grüns besser, wie die anderen Bilder. — An der grotzen Wand
sehen wir noch ein gutes, sonniges Bild von Schickhardt-Stutt-
gart, vom bekannten Liesegang ein heünatliches Motiv: Cleve-
stadt, — ein poesievolles, dabei herbgemaltes Mpenbild von
Brasch-Karlsruhe, — ein ailf grau gestimmtcs Jnterieur mit
les-endcm Mädchen von Max Lüty-Dachan, das ebenso ertväh-
nenswert wie ein Bild „Pfirsichblüte" von Müllcr-Werlau in
Burgen a. d. Mosel, das sich von dessen farbig-zu-schwer ge-
sehener Kollektion vorteilhaft untxrscheidet. —^ Ein Ofenschirm
von Elisabeth Brandt-Heidelberg mützte ivein-iger .naturalistisch,
mehr stilisiert und -dekorativ sein, wn seinen Zweck zu erfüllen.
— Noch ein'e Heidelberger Dame, Fränlein v. Babo, ist mit
mehreren Arbeiten vertreten. Jn den Stilleben ist die Favben- ,
gebung vielleicht etwas zu kalt, ivas auf Kosten der genauen >

zeichnerischen Durchbildung leicht möglich ist. Die Natur hat
auch reicher nuanciertes Grün, als es dic Damc auf ihrer
Sommerlandschast, mit dem aufstcigenden Weg, zeigt.

Den ganzen zwcitcn Saal nehmen fast die elsatz-lothringt-
schen Künstler ein, deren Kollektiv-Ausstellung ans Oelbildern,
Plastikcn, Zeichnungen und 'Graphikcn besteht. An erster Stelle
ist als unzweifelhaft Bester zu nennen Paul Braunagel-Stratz-
burg, ein scharf beobachtender Zeichner, Menschenkenner nnd
Karikaturist. Einzelne der Blättcr, so namentlich cinc Litho-
graphie (Arbeiter, emen Sack aus dem Rücken schleppend), sind
hervorragend. Die zeichnenden Kräfte schcinen in dieser Gruppe
die künstlerisch stärkeren zu sein, denn in Anna Wtrmeckes Litho-
graphien und Zeichnungen sehen wir schlichte und anspruchKlose
Natureindrücke von tiefem Gehwlt verarbeitet — Etwas pari-
serisch in Ausdrucksweise und Sujetwahl sind Heinrich Beecke
imd Alfred Pcllon-Metz. Nachtcafestimmnngcn und Lampen-
lichtprobleme beschästigen crsteren; sein klcincs Bild „Rotre-
Dame-Paris" wirkt jedoch sympathischer, als die plakatähnliche
und roh gemalte „Nachteule". Pellon zeigt jungc, ausgelasseme
Leute in mehr sinnlichcr als künstlerischer Bctonung. — Es
sind dann noch in dicser 'Spezialausstellung Ssilleben nnd Land-
schasten in allen Grötzen, von jedoch nnr einer Güte vertreten,
— und zwar jener, die man hinreichend aus allen Knnstver-
einen um die Weihnachtszeit kennt. Erwähncnswert sind nur
lnoch die Plassiken von Hil-dcbrandt, Ferrier und Maniguet,
desien weinendes Mädchen in dcr Silhonettc und Gesamtwir-
kung, auch durch das Motiv, nichts von seiner 'Größe verliert.
Von Gitzler sind ein Gartcntveg mit Elematis zu nenncn, von
Daubncr-Straßburg ein sehr guter Blick aus dem Fenster in
winterliches Gehölz, und von A. v. Erlach cin sast nordischer
Thpus eines Bauernmädchens aus dem Schwarzwald. — —-
Das tvar das Bemerkenswerteste der Elsatz-Lothringer Aus-
stellung, die kormnenden Sonntag voraussichtlich das lehtc Mal
gezeigt wird.

Der Gesanrteindruck, den brsher alle Ausstellnrrgen m d«r
neuen Räumen boten, war ein grrter — troh einiger AuS-
nahmen, die erstaunlichcrweise aber ber ernem Terl des Pnbli-

Die heutige Nummer umfaßt fünf Blätter, zusammen 22 Seiten.
 
Annotationen