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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 202 (1. August 1903 - 31. August 1903)
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Mwch 12. Avß 1VZ.

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1S. IahrWU. — -L!W.


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>r!chs!»t tiilich, Go»ntag« su»g«nomrne«. Preir mit FkmiUenblättern monallich 5V Psg. in'r Haur grbracht, bei der Expedition und den Zweigstationen abgrholt 4V Pfg. Dnrch dt» ßk»-

bezogen vierteljührlich b.35 Mk. ausschiicßlich Zustellgebühr.

Auseigenpret»: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitreile oder drren Naum. Reklamezeile 4V Psg. Für hiesige GeschäftS- und Privaianzeigen ermäßigt. — För die Aufnahme v»n L»-«ißG
«» beAimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit ülirnommen. — Anichlag der Jnieraic cms den Pla kattafeln der Heidelberger Zeitung und deu städtiscken Anschlngstellcn. Fernsprecher M


Das große Unglück in der Pariser
Untergrundbahn.

Pnris, 11. Aug. Das B randunglück auf dcr untcr-
irdischcn Sladtbahn, das vcrflossene Nacht stattfand, hat nach
dcm Bcricht dcr „Frcmkf. Ztg." cinc größcrc Ausdehnung an-
gcnommcn, als man ahnen konnte. Um 4 Uhr heute früh ge-
lang cs der Feuerwehr cndlich, nachdcm der Nanch sich zu ver-
ziehen begcmn, in das Gewölbe einzudringen. Bis um 7 Uhr
hcutc früh sind bereits 8 4 Tote zu Tage befördcrt worden,
Männcr, Fraucn und Kinder, meistcns Arbeitcr. Es stetlt
sich heraus, daß zwischen dcn Stationcn Belleville und Me-
nilmontant ein Zug infolge Kurzschlusses in Brand gcraten
war, wodurch zuglcich zwei anderc Züge infolge Unterbrcch-
ung des Stromes zum Stillstand gebracht wurden unü dcc
Beleuchtung crlosch. Dic drei Zügc verbrxtnnten
und dic mcisten Jnsasscn sind im Rauch crstickt. Die
Dunkelheit, der Rauch und die Hiße, welche an dcm Bahnhofs-
ausgang über.60 Grad crrcichte, machte die Rcttung unmög-
lich. Dic Gewölbc dcr Bahn sind ebenfalls zerstört. Sowcit
dic Jdentität der Totcn festgestellt werden konnte, gehören sie
fast ausschließlich Lcr Arbciterbevölkerung des Ostens von Pa-
ris an. Jn der Bahnhofsecke, wo Duhende von Leichen auf-
gehäuft gcfundcn wurdcn, müssen sich schreckliche Ver -
z w c i f I u n g s s z e n e n abgcspiclt haben, denn dcr Boden
isr lnit Blutlachen bedeckt. Der Ministerpräsidcnt Cour-
bcS rmd dcr Arbeitsminister Trouillot bcsuchten die Unglücks-
stättc. Die Beerdigung der Opfer wird die Stadt Paris über-
nchmen.

Paris, 11. Aug. Die nreistcn Vcrringlücktcn hielten in ihrer
Hand kranipfhaft cin Taschcntuch. Jhr Gcsicht war rot auf-
gedunscn und vom hcißen Dampf verscngt, dcr noch in dcu
Aiorgenstundcn den Tunnel erfülltc und die Arbciten dcr
Feucrwehr sehr crschwertc. Die Vcrunglückten liegcn haufcn-
wcisc übcreinandcr. Der Polizeipräfekt crklärt, es befändcu
sich noch Leichen im Tunnel, und schätzt dre Zahl der Umgekom-
nicncn auf ncnnzi g.

Paris, 11. Aug. Dic aus dcm Stadtbahntunnel herauf-
geschasftcn Lcichcn sind s ch r c ck l i ch e n t st c l l t, durch
Nauch gcschwärzt und deutcn auf einen s ch w c r e n T o d e s-
k a m p f hin. Einc von Schrecken c.rfültte große .Mcnge um-,
steht den Tunnelcingang.

8 Paris, 11. Aug. Dcr Bahnhof Menilmontant, wo die
beidcn Züge in Brand gcricten, ist fast vollständig zerstört. Die
wenigen Ueberreste sind ausgebrannt und verbogen, die Bahn-
hofuhr ist auf 6 Uhr 26 Minutcn stchen zeblieben. Die beiden
Züge bilden cinen Trümmerhaufen von verbogenen und zer-
brochencn Eiscnteilcn. Die Fenstcrschcibcn sind geschmolzen
und zu großen Glasplatten gewordcn. Die Drähtc der clck-
trischen Leitung hängen übcr die Maucr herab. Die Feuer-
wehr wirft noch immer Wasserfluten auf dic Trümmcr. Mert-
würdigerweise ist die Hitze an dcn Stcllcn, wo das Feucr be-
sondcrs heftig war, wcnigcr groß, als an der Station Cou-
rones, wo cs nicht cigentljch zum AuSbruch kam. Nach der
Meinung der Jngcnieure hat cin Luftzug die große Hitzc nach
diescr Seitc gctragcn. Ministerpräsidcnt Combes besichtigte
auch heute dcn Bahnhof Menilmontant, besondcrs die Stelle,
wo die Leichcn gefundcn und goborgen wurdcn.

U Paris, 11. Aug. Der Munizipatrat hat beschlosscn, die
Opfer des Unglücks auf der Stadtbahn auf Kosten der Stadt
Paris heerdigen zu lassen. Die meisten unter den bereits ag-
noszicrten Verunglückten wohntcn in Paris oder innerhalü
der Bannmeile von Paris; nur einige wenige waren aus der
Provinz. Präsident Loubet hat an die Stadtvertretung etn
Tclegramm gerichtct, in dem er seiner Erschütterung und der
Tcilnahme Ausdrnck gibt, die cr an dcr Trauer der Bevölkc-
rung von Paris nimmt.

14 Paris, 11. Aug. Der Staatsanwalt, leitete heute Vor-
miitag mit dcn Jngcnicurcn der Stadtbahn cine Untcrsuchung
über das Unglück ein. Nach der amtlichen Fcststellung bcträgi
dic Zahl der ans Tageslicht befördertcn Opfer 84. Dcr Mi-

nister der öffentlichen Arbeiten, Marnejouls, traf auf der
Station Menilmontant ein, um das Unglück zu besichtigen.
Auf dcr Ltation Couronmes, wo die Ncisendcn m der Dunkcl-
heit in den von der Bahnhofmauer gebildeten Engpatz emge-
schlossen waren, befindet sich eine große Blutlache, in welcher
E Schirme und Hüte liegen. - Der Zug, welcher dort liegen ge-
bliebcn ist, ist nur angeschwelt. Dic Scheibcn sind zerbrochen.
Die Wände und Bänke im Dienstraum des Stationsvorstehers
sind durch die noch innncr herrschende große Hitze verzogen und
haben ebcnfalls zu schwelcn angefangen. Es ist noch immer
unmöglich, zu dem verbrannten Zug zu gelangcn. Nur Zcucr-
wehrleute haben sich demselben genähert und erklären, daß
sich vor und hinter der Station keine Leichen mehr befindea.

X Paris, 11. Aug. Die Fahne auf dem Stadthause steht
äuf Halbmast. Die Leichen der bei dem Stadtbahnunglück
umgckommcnen Pcrsonen sind, soweit sic agnosziert sind,
j nach ihren Wohnungen geschafft worden. Die Direktion der
1 Stadtbahngesellschaft behauptet, die zur Fährt benützten Wa-.

gen seien feuersichcr imprägniert gewesen. Sie könne nicht
1 begreifen, wip. die Wagen so schnell hätten Feuer fangen kön-
' nen. Die Untersuchung hat ergeben, daß die beiden brennen-
s den Züge, die nach der Ptace de la Nation fuhren, in gerinzer
! Entfernung von der Station deux Couronnes stehen gebliebeu
i sind. Der Vorderzug war^leer und bewegte den zweiten Zug
« vorwürts. Da die Passagiere wußten, daß sie nicht weit von
dem Bahnhof deux Couronnes entfernt waren, wandten sie
sich iw der Hoffnung, schneller den Ausgang zu erreichen, nach
dem Bahnhof, obwohl der Rauch sie am Sehen verhinderle und
sie erstickte. Daher wurde der größte Teil der Leichen auf oder
in der Nähe des Perrons dieser Station gefunden. Die Rei-
senden, die im Gegensatz dazu den Gedanken hatlen, die Strecke
nach der Station Belleville zurückzugehen, sind bis auf 5 ge-
rettet wordcn. Daß nur cin gcringer Teil der Reisenden die-
sen Weg wählte, ist darauf zurückzuführen, daß die Reisenden
aus Anschlägcu auf allen Stadtbahnhöfcn wußten, daß es den
Tod bringe, die Schienen zu betrcten. Nux die, welche daran
dachtcn, daß der Kontakt nnterbrochcu und die von dem clek-
trischen Strom drohcnoe Gefahr bescitigt sei, konntcn auf dcm
oben angegebenen Weg dem sicheren Tode entrinncn.

DetttfäM Keich.

— Aus München wird der „Berliner Morgenpost"
gemeldet: Die Memoiren des B ir r en - O b er st
S ch i e I, die vollständig fertig gestellt sind, enthatten
interessante Aufschtüsse über das Verhältnis Deutschlands
zu den Bnren-Republiken vor dcm Kriege nnd zeigen,
mit wie großen Hoffmmgen auf Deutschtand von Seiten
der Bnren-Republiken der Krieg begonnen wurde.

Baden.

-— Das Ministerium des Jnnelrn hat angeordnet, daß
mit der Auftegung der Wähterlisten für die
im Herbst-l. I. stattfindenden Erneuerungswahlen Zur
Zweiten Kammer der Ständeversammlung am Montag
Üen 21. September d. I. zu beginnen ist.

Emmendingen, 11. August. Eine vom „Libe-
ralen Verein Enlmendingen" einberufene und von der
Mehrzahl der Orte des Wahlbezirks zahlreich besuchte
Vertrauensmännerversammtung stellte einstimmig Hsrrn
Apotheker PfefferIe in Endingen wieder als Kandi-
daten für den Landtag auf. Herr Pfefferle, hiervon ver-
ständigt, erklärte tant „Brs. Ztg." zur Frende der Vcr-
sammetten, daß er im Vertrauen auf einen festen Zu-
sammenschluß unter den Liberalen dss Bezirks die Kan-

ÜMdelmine vsn Ldirv» heiNelderger
krmnernnges.

Mitgeteitt von Heinrich H e i n z.

(Fortsetzung statt Schluß.)

Schloß und Garten zu Heidetberg waren damats
reizender als. jetzt. Lüdwig T i e ck*) behciuptet,
sie seien vor sechzig Jahren noch herrlicher gewesen, ehe
Menschenhand daran gepfuscht. Gewaltige Baum-
gruppen, denen sich die Schärfe des Beils nie genaht, dicht
und materisch von Efen umstrickt, breiteten ihren Schatten
über den besonnten Rasen hin, den gtühende Rosen schmück-
ten, krönten die Häupter der Felsenhöhen und warfen ihren
rosigen Blütenschnee über die schmaten Stege, die unregel-
mäßig und reizend durch die Witduis des Waldes führ-
len. Vereint mit dem Säusetn der Wipfel wogte der
Neckar dnrch die Felsenzacken seines steinigten Bettes, auf
denen einzelne Waldbtumen prangten, die dem Andrang
der Wellen trotzten, tächelnd wie eine schtaue geliebte
Schönheit dem rauhen Sinne des Mannes entgegensteht.
In diesen Räumen hemmten oft riesenhafte Bäume, um-
strickender Efeu, bemooste Felsstücke des Wanderers Fuß,
gleichsam um ihn mit sanftem Zwang zum Verweilcn zu

*) Wohl eins Anspielung auf die berühmte Stelle des
HPHantasus" (1812), die Kontrastierung der Heidclbcrger
Schloßruine als „ein v o l l e n d e t e s G e d i ch t aus dem
M i t t e l a l t e r", das cr als „eine Art von P a r k" wiedcr-
fand.

. bewegen, weit diese Stelle so schön sei, weit hier dis
! Quellen lieblicher rauschten, die Durchblicke nach der Ge-
I gend und nach dem Schlosse die Gegend anmutiger um-
j zauberten. Die Ruine war wie mit einem Netze von breit-
blättrigcm Efeu überzogen, wie aus Efeu erbaut. Die bei-
den Kurfürsten blickten nur schüchtern aus der Efeuranken-
nrngebung von ihren Nischen herunter.

Der Oberforstrat Gattercr*), ein wackerer,
vieltätiger Mann, jagte die Phantäsie aus ihrem Heilig-
tum fort, ebnete die Pfade, ließ unzählige Bäume weg-
hauen, zerstörte den ganzen Zauber, der hier gewaltet
hatte und der unersetzlich ist. Weg 'war nun die Harmonie
der Anschauung und des Eindrncks unter dem Flickwerk
dcs Modernen auf dem alten Prachtgewande der frühern
Tage. Jn meinen Gedichten steht ein ganzer Lobgesang
auf Gatterer's Tat, weil ich es nicht besser verstand und
weil anch zn jener Zeit, wo ich Heidelberg zuerst erblickte,
manche seiner prächtigsten Reize noch ungestört wären.
Der Schloßgarten war der botanische Garten, wo Schel -
v e r**) früh morgens nm 6 tlhr die Stndenten hinführte

*) Christoph Wilhelm Jacob Gatterer, einer der
lctzten akcrdemischen Polyhistoren, am 2. Dezember 1766 in
Göttingen geboren, 1787 als Professor der Cameralwissen-
schaft hierher berufcn, seit 1797 auch Professor der Diplo-
matik (Urkundenlehre), am 11. September 1888 hier gestor-
ben.

**) Franz Joseph Schelvcr, am 23. Juli 1778 zu
Osnabrück geboren, am 30. November 1832 als Professor der
Medizin in Heidclberg gestorben; eifriger Anhänger der Schel-
ling-Okenschen Naturphilosophie, Entomolog und Botaniker,
merkwürdig als Gegner der Befruchtungstheorte.

didatur amiehiiie. Tas von ihm entwickelte Programm
bewies, daß er mit ktarem Blick die wirtschaftlichen nnd
sozialen Verhältnisse überschaut, den frischeren Regungen
in der Partei sich anschließt nnd mit Festigkeit jcde vom
Zentrnm angegrisfene Position verteidigen wird.

Mannheim, 11. August. Dcr Vorstand der
s r e i s i n n i g e n P a r t e i hat in seiner gestrigen Vor-
standssitzung beschlossen, das von der nationalliberalen
Partei vorgeschlagene genieinsaine Vorgehen bei der
Landtagswahl zn akzeptieren nnd den Demo-
kraten zn empfehlcm, sich die Beschlüsse der Vorstände
der freisinnigen Partei und des Ncitionallibsralen Ver-
eins zn eigen zn machen. Ler Beschluß der freisinnigcn
Partei wird bei allen Liberalen lebhafte Zustimmung
finden nnd es ist zu hofsen, daß nnnmehr auch dic Demo-
kraten den Beschlüssen der beiden Pärteien Leitreten und
durch gegenseitige Annähernng aller tiberalen Kreise
Mannheims die Hand dazu bieten, daß Mannheim im ba-
dischen Landtage eine Vertretung erhält, wie sie dem
Stärkeverhältnis der bürgerlichcn Parteien gebührt.

* Heidelberg, 12. Nug. Die hiesigen Nati-
onaIsozialen hielten gestern eine Versammlung ach
in welcher über den Vorschlag ihrer Führers, des Herrn
Naumann, der auf F-usion mit der freistmiigcn Vereini-
gnng geht, bsraten wnrde. Die Tebntte mar sehr telchast,
ja stcllenweisc erregt. Man b-eschloß, den ogliedrigen Aus-
schuß, der zmii Parteitag nach Göttingen geht, zu beauf-
tragen, energisch dafür einzntreten, daß die nationalsoziale
Partei selbständig bleibt. Für den Falt, daß die Setb-
ständigkeit doch anfgegeben wird, solt dem einzelnen Na-
tionalsozialen sreistehen, welcher Partci er sich anschließen
will. In der hiesigen nationalsozialen Pnrtei überwiegt
dic ZNeinung, daß man sich eventuell den Jungliberalen
anschließen sollte; das soziale Programm der F-reisinnigen
crscheine nicht 'so, daß es mit dem nationalsozialen Stand-
punkt zn vereinigen wäre. Ein Anschluß an die Sozial-
demokratie komme sür die hiesigen Nationaksozialen we-
gen des MangelS eineS nationalen Programms der So-
zialdemokratie nicht in F-rage.

Hcsscn.

M a i n z, 11. Angust. Hente Morgen gegen 5 Uhr
entstand an der Banstelle Ecke der Kciiserstraße nnd Rhein-
allce ein furchtbarer S t r a ß e n k a m P f gegen die
i t a l ie n i ? ch e n A r L e i t e r. Als diese auf die Oeff-
nnng der BansteUe warteten, drangen plötzlich vom Rhein-
ufer her —15 mit Knütteln nnd Revolvern bewaffnete
Personen auf sie ein und schlugen nnd schossen anf sie.
Die italienischen Arbeiter slüchteten unter Schreckensrufen
nach allen Richtmigcn. Der italienische Polier wnrde
erheblich verlctzt. Als Schuhleute in Sicht kamen, flüch-
teten die Täter. Es konnte keiner von ihnen festgenommen
lvcrd-en. — Der „F-rankf. Ztg." berichtet man noch sol-
gendes Nähere über den Vorsall: Währcnd ctwa 15
Männer, dic sich hinter dem Geländsr am Schloßccifs
versteckt gehalten, auf üie völlig ahnmigslosen Ztaliener
losstürmten, stürzten weitcre 6 'Leute hinte-r dem Selters-

und ste belehrte. Der Neckar hatte noch sein Felsenbetch
diese Aeolsharse von Wellen durchrauscht, dies Labyrinth,
durch welches nur die kundigsten Schiffer ihre Nacherr
lenken konnten.

Vor viclen Jahren war es dem edlen KarIIried -
rich vorgestellt wor'dm, däß man dcn Neckar schisfbar
ma-chen müßte. Die Gründe waren alle sehr praktisch.
Karl Friedrich willigte ein. Nun, kamen aber dis alten
greisen Schiffer znm Markgrafen und stellten ihm vor,
wie dnrch so viel Jahrhnnderte hindurch die H e i d e I -
berger Schiffer den Ruhm behauptei yaden, verr
Reisenden und den Handelsmann gefahrlos durch Die
Klippen hindurch nach seinem Ziele zu führen und wie
nun allc Schätze der Erfahrung, welche ihre Altvorderen
durch so manches Jahrhnndert hin'dnrch gesammelt und
erprobt, weggeschleudert würden, wenn man die Felsen
spren'gte nnd den Neckar schisfbar ma-chte. Karl Friedrichs
Herz schlng für hein Vo-l'k. Er gab den Bittenden seine
sürstliche Hand nnd verhieß Gewährung. Jm Jahre
1811 fand ich den Neckar noch mit seinem Perlenscheine
nnd seinen Hymnen, doch als ich manches Jahr später
wieder nach Heidelberg kam, floß er flach und leise durch
sein breites Bett, wie ein anderer Flutz oder wie ein Poet,
der ein Zollbeamter geworden und' keine Verse mehr
macht. Auch die Felsen an seinem rechten llfer waren
ein großes Stück weit weggesprengt worden nnd auf dem
gewoniienen Ranme standen nun ärmli-che Hänser, moder-
hast sencht, wo die Armut mit allen ihren Schrecknissen
thronte. Auch Lllein-Heidelberg ans der Höhe des ehe-
 
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