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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 202 (1. August 1903 - 31. August 1903)
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^ SaMtllg, 8. AWllst 1903.

Vl

43. ZahkMg. — ^ 183.

Grfch»t»1 1L>ttch, Sonntag» Preir mii FamilttnblStter« monatUch 80 Pkz. tv'« Ha«» gebracht, bei der Exveditto« ««d de« Zweitzstattone« abgeholt <0 Psg. Dvrch dir jW

dezogen vierteljährlich 1.3S Mk. aukschlietzlich Zustellgebühr.

>«t»iie«preir: 28 Psg. für die Ispalttge Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige GeschSstS. und Privatanzeigen ermätzigt. — Für dte Aufnahme vo« AiMixM

«» destimmte« Tagen wird keine Berantwortltchkttr Nmmmmrn. — Ankchkag der Jn'erotc äuf den Marattafeln der Zetdelberger Zeitung und den städtischen Anschlagstsllen. Fernkprecher M.

Die Centenarfeier der Universität.

. Dem gestrigen Berichte über dcn F e st a k t in der Stad t-
^klle fügen wir noch Folgcndes bei:

. Als die Königlichen Hoheiten ihre Plätze eingenommen
Mten, crtöntcn aus der Höha des Saales Fanfarenklänge
Ejnleitung und Beginn der Ph. Wolfru m'schcn F e st -
A U s j k, und bald durchrauschte diese in mächtiger Klang- und
Hvnfülle dcn Saal. Aufmerksam lauschte die nuserlesene Zu-
ÄOrerschast dem cigenartigen Werke, welches Herr Univcrsitäts-
t7husikdirektor Professor Ph. Wolsrum eigens für die Univer-
Väts-Zentcnarfeicr komponiert hat. Man mutz dieses Werk
^olfrums mchreremale hören, wenn man es richtig würdigen
^sll. Eme ausführliche Kritik behalten wir uns für die
Weite Aufführung bcim hicsigen Musikfcst im Oktobcr vor.
Aur in allcr Kürze wollen wir betonen, daß das Werk einen
uarken Eindruck machte. Meisterhaft bearbeitet und charaktc-
^sitisch ist dcr erstc Teil des Werkes, „Aufzug der Fakultätcn",
^ud mächtig und schön der zwcite Teil, „Huldigungsgesang",
'U welchcm nußer dem Orchester noch ein Münncrchor mit
wvtostimmc mitwirkt. Jst derselbe auch ctwas stiefmütterlich
??handelt, mcist unisono, so ist er in Masse von außerordent-
^chcr Wirkung, was stch auch bcim Schlußsatz des Werkes,
iUclchLr auch instrumental in grandioser Wcise bearbeitet ist,
Ucutlich bemerkbar macht. Die Art der Komposition ist nwdcrn.
chagnerisch, uni es kurz zu sagcn. Die Aufführung nnter Lei-
mng Komponistcn war cine vorzügliche. Die Nlitwirkcnden
iAkademischer Männerchor, vcrstürkt durch Mitglicdcr des hic-
Ucn Licdcrkranzes u. Bachvereins. das sehr verstärkte städt
wvchester, Solostimmc Herr Gch. Kirchenrat Basscrmann, an
Orgiü Herr stud. Stcin) lcistctcn thr Bestes. Nach der
öestrede, wclche hierauf folgtc, hörten wir noch Nichard Wag-
'fv's Vorspiel zu „Die Meisterstngcr von Nürnberg", welchcs,
)U>e zauberisch auf die Zuhörer wirkte. Prächtig und

^Ucisterhaft vom verstärkten städtischcn Orchester (70 Mann)
i'Uter Lcitung dcs Herrn Professor Wolfrum vorgctragen, kam
wese hcrrliche Schöpfung Wagncr's zur vollen Geltung. Wie
^r musikalische Teil dcs Festaktes auch den hohen Herrschaftcn
ueficl, bewics der Umstand, daß die königlichen Hoheiten sofort
Uach Zchluß des Fcstaktes auf Herrn Prof. Wolfrum zugin-
w», jh„ i„ dcr licbcnswürdigsten Wcise beglückwünschten und
NU mit eincr längeren Ansprache beehrten. — Die hohcn
Hcrrschaftcn verblieben nachher noch lange Zeit in der Stadt-
st„ wicderum Gclegenhcit nahmcn, die meisten der
?uwcscnden Professoren mit Ansprachen zu beehren. Be-
wiidcrs lang unterhiclten sie sich mit dem Festredner, Herrn
Hofrat Prof. Dr. E. Marcks. Es war schon nach 2 Uhr,
Uuchmittags, als die Königlichen Hoheitcn die Halle vcrließen
,ud nach dcm Palais suhrcn, überall begrüßt und bejubelt
"vn der spalierbildenden Mcnge.

Festkommcrs.

Die Veranstaltung nahm cinen echt studentischen, von heh-
Begeistcrunz durchwchtcn Verlauf. Schon frühzeitig füll-
Hu sich Plütze des großen Saales des Vestibüls und dcr
Aestauration, welche zu dcm Fcstraum hinzugezogen waren,
frohcn Gästen. Auf der Gallerie hatte sich ein reicher
TsUanz schmucker Damen eingefunden und schaute dem lustigen
lludentischen Treiben zu. Unter der Orgel waren die Fahncn
hiesigen Korporationcn sowie das Banner der altehrwür-
Mcn Nuperto Carola angebracht. Auf dem Podium war der
Tlah ssir den engeren Ausschuß, hinter welchem sich verdeckt
?Urch Lorbcerbäume die Kapelle der Leibgrenadiere niederge-
»?isen hatte. An der Ehrentafel nahmcn die Spitzcn der Bc-
Mrden, u. a. auch Staatsrat von Dusch, Platz. Viele graue
Käupter waren mit Band und Mütze erschienen und gaben so
"sni Ganzen die gercchte Wcihc. Zwanzig Minuten nach u riyr
Mchien der Großherzog und Erbgroßherzog. Die hohen Herr-
chaftcn wurdcn am Eingang bon dem engeren Ausschutz em-
Nangcn und nahmcn darauf ihren Platz in der Mitte der
Hhrentafcl zwischen dcm Kültusminister und dem Pro-

Vom Papst Pins X.

» Wie der jetzige Papst als Patriarch in Venedig lebte, das
Uildert in der „Straßb. Post" eine Dame, die im erzbischöf-
sfchen Palast dortselbst bekannt ist und nach der Wahl Sartos
°vrt cincn Besuch abstattete. Sie schrcibt:

Jm Speisezimmcr — man kann nicht sagen „empfingcn"
Usts — kamcn Maria, Rosa und Anna Sarto, die drei unver-
hrirateten Schivestern des heiligcn Vaters, zu uns. Sie sind
Me Sechzigcrinncn, guterhaltene würdige Erscheinunzcn. Sie
?nd, dcr vcrstorbencn Muttcr gleich, ein guter Typus norv-
stcilienischcn Bauerntums. Sie kamcn von häuslichcn Geschäf-
sr», aus dcr Küchc usw.; über ihre Kleider aus billigcm dunk-
wn Stoff waren große Schürzen gebunden. Die Schwestern
haben nie niehr als eine Köchin gchabt — von einer Kammcr-
l^au ist natürlich nie die Rede gewesen.

Tie Fräulcin Sarto sprechen dcn Dialekt ihrer Gegcnd
Und sind in ihrer Bescheidenheit von ciner gewissen, rühren-
Zurückhaltung und Einfachheit. Die päpstlichc Würve
^hres Brudcrs hat sie nur noch bescheidener gcmacht. Desto
Ungczwungener plaudcrte die Nichte des Papstes, ein liebes,
heiteres, schlichtes Mädchcn von 24 Jahren, über des püpstlichcn
^heims tägliches Lcbcn.

„Um 5 Uhr", sagte dicse Tochter einer an emen Wirt auf
?sm Landc verhciratetcn Schwester Pius X., „erhob sich der
letzige Papst von seinem Lager, im Winter um halb 6 Uhr,
biii 6 Uhr las er die Mcsse, worauf er schwarzcn Kafsee mit
ktwas Likör trank. Darauf ging er im Sommer auf den Lido,
örn zu badcn; seit einigen Jahrcn nahm er um 9 Uhr zwei
^cjchgekochte Eier zu sich. Von 10—12 Uhr hatte er dreimal
^öchentlich allgemeine Audienzen. Um 12 Uhr sieht er die
'Kurie, seden Tag. Um 1 Uhr ahen wir zu Mittag."

„Bitte, Fräulein, sagen Sie uns, was Sie zu spcisen pfleg-
ten. Alles hat in diesem Augenblick Jnteresse, was Seine Hei-
^igkeit angeht. Auch das Allerkleinste."

rektor cin. Nach cincm kräftigen Salamander auf den feucht-
fröhlichen Verlaus des Abends hatte der Vorsitzende des Aus-
schusses, Hcrr Goeckc, die hohe Ehre, der Karona mitzuteilen,
daß Se. Kgl. Hoheit das Ehrenpräsidium des heutigen Abends
übernommcn habe und endlosen Jubel rief diesc Nachricht her-
vor. Nachdem das erste Lied verklungen war, erhob sich Se.
Kgl. Hoh. der G r o ß h e r z o g u. brachte auf Se. Majestät den
Kaiser ein dreifaches Hoch aus. Wo deutsche Männer zusam-
men sind, so führte der Großherzog aus, gilt der erste Ruf dem
Kaiser. Jhm sei diese Augabe zugefallen und er hätte sie gerne
übernommen. Als Anknüpfungspunkt sei ihm das gesungene
Lied von E. M. Arndt sehr willkommen gewesen. Er erin-
nerte an cincn Brief, den cin intimer Frcund Arnvts, der
Minister Freiherr von Stein, an den Grafen Münster ge-
schrieben habe, in welchem er schreibt: ich habe nur ein Vater-
land und das ist Deutschland. Er erinnerte daran, einen wie
hohen Wert diese Worte für die Beurteilung dieses Mannes
seien, der noch kein großes mächtiges einiges deutsches Vater-
land gekannt habe, sondern nur das zerrissene Deutschland,
welches unter der Herrschaft Napoleons geseufzt habe. Der
hohe Herr las ferner eine Stelle aus einer Rede des Feldmar-
marschalls Moltke aus dem Jahre 1868 vor, welche er tm
Norddeutschen Reichstag gclegcntlich einer starken Bewcgung
infolge der schwercn Militärlasten hielt: Die Er-

haltung des Friedens ist nur denkbar, wenn sich im Herzen von
Europa eine Macht bildet, die ohne fremde Hilfe so stark
ist, daß sie jeden Angriff abschlagen kann und zu dieser Rolle
halte ich Deutschland sür ausersehen, und so kam es, wie es
gekommen ist. Wir haben ein grohes deutsches Vaterland er-
rungen, das zu erhalten, unsere größte Aufgabe sein muß.
Wir müssen stets so stark sein, daß wir unsere Freiheit be-
wahren können. Hierzu mitzuhekfen, ist eine der bedeutend-
sten Aufgaben unserer Hochschulen. Jhre Aufgabe ist es nicht,
den Körper zum Kampf zu stählen, sondern zu arbeiten, datz
die geistigen Waffcn stcts scharf geschliffen sind, um die hoch-
stehenden geistigen Ziele nicht aus dem Auge zu verlicren.
Bei dieser Aufgabe wollen wir unserem Kaiscr helfen, wir wot-
len treu bleiben dem Vatcrland. Jn diesem Sinne forderte
Se. Kgl. Hohcit dic Anwcsenden auf, in cin Hoch auf dcn Kai-
ser cinzustimmen. Enthusiasiisch stimmten die Versammelten in
das Hoch ein u. bewiesen dadurch, wie sehr sie mit den so mar-
kig gesprochenen und zu Herzen gehcnden Wortcn unseres ge-
liebtcn Landeshcrrn sich cins fühltcn. Die Rede auf Se. Kgl.
Hoh. den Großherzog von Baden u. das Grotzh. Haus hielt der
Borsitzende' des Ausschusses. Von glühender
Begeisterung zeugten seine Worte. Dankbar begrüßte er daZ
Erscheinen der hohen Herrschaften am hcutigen Ehrenabend
der Studcntenschaft. Er crinnerte an das stete Jnteresse unv
das stcte Wohlwollen, wclches der Grotzhcrzog der Ruperto
Carola entgegengebracht hat, welches seinen beretesten Auz-
druck wohl dariu fand, daß der Großherzog, selbst früherer
Schüler unserer Hochschule, den Erbgroßherzog und den Prin-
zen Max als Kommilitonen der Hochschule zuführte. Dan-
kend erwähnte cr die hochhcrzige Spendc, durch welche ein je-
der der Stndcnten mit cincm Exemplar von Kuno Fischers
Festrede aus dem Jahre 1886 bedacht worden war. Er for-
derte seine Kommilitonen auf, das Gelöbnis abzulegen, ihm
nachzueifern. Die Rede auf die Ehrcngäste hielt der Pro -
r e k t o r. Er sprach Folgendcs:

Durchlauchtigster Großherzog und Rektor magnifi-
centisssmus!

Königliche und Großhcrzogliche Hoheiten!

Hochansehnliche Versammlung!

Abermals ist mir die höhe Ehre zu teil geworden, im Na-
mcn der Akademischen Korporation unsere Ehrengäste zu be-
grüßen. Seine Exzellenz, der Minister der Justiz, des Kultus
und Unterrichts, hat mir die Ermächtigung gezeben, diesmal
als Organ der hohen Regierung das Wort zu ergreifen, und
da möchte ich in erster Linie an dic jüngsten unserer Ehren-
gäste, an die Vertreter der Studentenschaft unserer badischen
Hochschulen, meiüe Worte richten, weil wir heute Abend in

erster Linie cin studentisches Fest in alter Burschenherrlich-
keit feiern.

Kommilitoncn! Auf der Jugend bcruht unsere Hosfnung.
bcruht die Zukunft unserer Nation und unseres Staatswesens.
Die Keimc, welche Sie ciuf der Hochschule in Jhr Herz ge-
pflanzt haben, sollen sich weiter cnkwickcln zu dem starken
Baume, welcher Jhnen in Jhrem zukünftigen Leben unter allen
Umständen Halt und Stütze gewährcn mnß, auf daß sie auf-
recht stehen: totus si illabatur orbis impavidum ferient ruinae.
Nur ein festgefügtes Staatswesen, welches sich auf die zielbe-
wußte und absolut zuvcrlässige Mitarbeit aller seiner StaatS-
bürger treu verlassen kann, ist im ftande, dcr Zukunft ruhig
ins Auge zu sehen und allen Gefahren, welche uns von innen
und von außen bedrohen, Widerstand zu leisten und zu trotzen.

Seine Majestät, unser Kaiser, hat vor kurzem erst die Hoff-
nung ausgesprochen, daß die deutsche Nation eincr glänzendcn
Zukunft entgegengehe, aber sichcr wird es bloß dann der Fall
sein, wenn wir die Zwistigkeiten im Jnnern und den Partei-
geist, wclcher von jeher die verschiedenen Stämme des dcui-
schen Volkcs, kampflustig wie sie sind, in Gefahrcn gcbracht hat,
im Hinblick auf das große gemeinsame Ganze vergessen und
überwinden lernen. Schon aus der Schule müssen Sie es ler-
nen, die Autoritäten zu ehren, wenn Sic später ein bedeutsamer
Faktor unsercs istaatswesens wcrden wollcn.

Wenn ich tagtäglich das Universitätsgebäude Heidelbergs
durchschreite und die frischen Gestalten unserer Studierenden
aus- und einschwärmen sehe, werde ich unwillürlich an das
Leben in einem Biencnstock gemahnt. tSchon von alten Zeiten
her haben die Soziotogen die weise Organisation dcs Bicnen-
staatcs bewundert und moderne Naturforscher glauben, daß
dieses merkwürdige Staatswesen, dessen regelmätzig gehendes
Uhrwcrk den Ncid aller Regierungcn erwecken kann, nicht von
Ewigkeit hcr so gewesen sei, sondern daß cs sich aus einem cin-
fachen Familienverbande — sreilich in Perioden geologischer
Aeonen — entwickelt habe.

Jch selbst komme mir oft wie der Bienenvater vor, der,
gleichgiltig, ob er Zuckerbrot bringt oder genötigt ist, Honig
zu nehmen, sorgfältig Acht haben muß, daß cr nicht gcstochen
wird. Die glänzende Hülle der Magnisicenz schützt ihn nur
in beschränktem Maße dngegen und manchmal ist cr genötigt,
etwas kräftigen Tabak zu rauchen, um sich vor dem, vielleicht
gutgemeintcn, Liebkosungen seiner Pfleglinge zu schützen. Von
einem dürfen Sie sich unter allen Umständen überzeugt halten,
daß, wenn auch kleine Mißverständnisse unterlaufen könncn
und den schäumenden Most der Jugend allzuleicht zum Ueber-
laufen bringen, der Bienenvater es dennoch stcts gut mit Jhncn
meint.

Mit Vergnügen stelle ich fest, daß, soweit es die drängcn-
den Geschäfte des Jubiläums gestattet haben, ein ehrenvoller
Friede in die Wege gelcitet worden ist und danke dem Aus-
schusse der Heidclberger Studentenschast, daß er Vurch seine
wirkungsvolle Unterstützung zu dem glanzvollen Verlaufe des
Festes beiträgt.

Als leuchtende Vorbilder, ioelche unserer Jugend in dem
Bestreben, das feste Gesüge unseres Staatswesens aufrecht zu
erhalten und zu befestigen, voranleuchten, begrüße ich in erster
Linie diejenigen Ehrengäste, denen noch die Gegenwart gehört,
die Spitzen unsercr Zivil- und militärischen Behörden, welche
in crfolgreicher Arbeit mitgebaut habcn an der glanzvollen
Aufrichtung unseres deutschen Reiches, die Bertreter der Hoch-
schulen, welche aus allen Ländern, soweit die deutsche Zunge
klingt, herbeigceilt sind, um der SchwcsterunivLrsität ihre
Grüßc zu bringcn, und alle früheren Dozenten unserer Ru-
perto Carola, die bemüht sind, den patriotischen Sinn und die
nationale Begeisterung unsercr Jugend zu fördern und anzu-
regen, und endlich, unsere Zukunft, die lebensfrohen Gcstalien,
wclche unS die akadcmischcn Bürgcr der drei Hochschulen-deS
badischcn Landes als ihre Vertreter hierher gesendet haben.
Jhnen allen gilt mein Festgruß.

Jch bitte die Mitglicder der Heidclbcrger akademischen
Korporation, ihr Gtas zu crhcbcn aus das Wohl unserer Fest-
gäste. Sie leben hoch!

! Sie lächelt: „E modestissimo! Suppe, getochtes Rindfleisch
mit Gemüse und etwas Obst nachher! Hierauf schlief der On-
! tel, um dann in seincm Studierzimmer zu arbeiten odcr auch
^ zu empfangcn. Nachmittags ging er auch öfters aus, zu Futz
oder in der Gondel. Er besuchte gern Kranke, tn Gesellschaft
ging er gar nicht."

„Aber allc, Signorina Gilda, auch die Aristokratie, liebte
und ehrte ihn sehr!"

„Um 4 Uhr", fährt sie fort, „nahm er im Sommer etwaZ
Bier, im Winter Kaffee. Um 9 Uhr speiste er zu Abend, wie
zu Mittag im Kreise seiner Angehörigen. Vorher beteten wir
mit ihm den Rosenkrcmz. Abcnds nahm er etwas Bouillon
mit Brot und hinterher etwa eine Kotelette, sonst nichts. Da-
rauf unterhielt er sich mit uns bis gegen 11 Uhr. Er war stets
heiter und liebte einen guten Scherz. Meine Tanten sind so
traurig, daß sie nicht mehr mit ihm leben werden, daß sie sich
noch gar nicht recht freuen können, über das große Glück!"

Pius' X. Eltern warcn arme Bauern, die ein kleines Haus
und ein winziges Stückchen Boden besaßen; der Vater starb
früh, und die Witwe ernührte ihre zahlreiche Faniilie durch
Nähen. „Die Großmutter", sagt Gilda, „war gut und klug;
sie hat alles wohl und geordnet". Als Kind schon zeigte der
jetzige Papst große Liebe zu Studien, sehr früh und sehr starl
wurde cr von rcligiösen Gedanken und jeder Beschäftigung mlt
der Religion angezogen; auch heute ist er im tiefsten und besten
und wahrsten Sinne ein frommer Mann. Der Bischof von
Treviso schickte den begabtcn und sittlich so hochstehenden Söhn
der armen Witwe Sarto auf die Schule zu Castelfranco; der
arme Knabe trug aus Sparsamkeit seine Schuhe in der Hand
auf dem Wcg zur Schule.

Pius X. ist ein grotzer Musikfreund, und obwohl in der
Ausübung nur Dilettant, hat cr tiefes musikakisches Vcrständ-
nis. Den Komponisten Perosi hatte er sieben Jahre in seinem
Palais in Venedig. Er sandte ihn nach Regensburg, damit er
den Geist deutscher Musik in stch aufnehme, die der Papst übcr
jcdc anderc stellt. Jn Vcncdig war sein eifrigstes Bcstreben

darauf gerichtet, datz man,hier zur „deutschen Strenge" in der
Musik zurückkehre.

Scine Heiligkeit erfreute sich stets guter Gesundheit, biZ
er vor vier Jahren an der Jnfluenza erkrankte; seitdem ist cr
hin und wieder von ciner kleinen Herzschwäche heimgesucht.

Mein Heidelberg.*)

Singweise: Dort wo der Rhein mit seinen grünen Wellen.

Dort, wo der Neckar seine klaren Fluten
Durch enge Felsenriffe schäumcnd wälzt,

Wo in der Abcndsonnc goldcn Gluten
Ein herrlich Bild in satten Tönen gtänzt:

:,: Dort liegt so fein

Vornehm und rein

Jn blütenreichem Kranz

Ein Ort bon ewig sungem Glanz. :,:

Rings steiler Berge lvaldgeschmücktcr Höhcn,

Durch dunkle Schluchten zum Kastanienhain.

Jn weitcm Kranze stolze Villcn stehen,
tind mitten drin des Stromes Silberschein.

Und oben hoch!

Welch' wirr Gewog

Dem Aug' sich dort erschloß?

Ein riesenhaftes Märchenschloß!

Nach höchstem Glanze und nach trübsten Zeiten
Schmückt heute dich Romantik und Ilatur.

Aus nahen Gauen und aus fcrnsten Weiten
Sucht man voll Wehmut deines Schicksals Spur.

*) Dieses Lied ist für den gcstrigen Kommers verfaßt untz
dort auch gesungen worden.
 
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