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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 203 - 228 (1. September 1903 - 30. September 1903)
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https://doi.org/10.11588/diglit.11499#0570
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Jahren schwebten die Expropriationsprozesse, um den im Pri-
vatbesitz befindlichen Grund und Boden zu öffentlichen Zwecken
zu enteignen. Die Prozesse haben nun ihre Erledigung gefun-
den, freilich nicht zur vollen Zufriedenheit der Expropriierten,
denn die verlangten Bodenpreise von 80—40 Frs. pro Quadrat-
meter wurden vom Basler Zivilgericht nicht zugebilligt, das
Maximum, das für den Quadratmeter bezahlt wurde, ist 20
Frs. Ohne Anwendung der Expropriation hat nun die Gene-
raldirektion vom Kanton Basel-Stadt einen Baukomplex bon
20 771 Quadratmetern um 331 322 Frs. erworben. Auf dsm
Bauland stand bereits ein Schulhaus im Rohbau vollendet, das
nach Bekanntwerden des Bahnhofprojektes wieder abgebrochen
werden mußte. Der neue Bahnhof wird 800 Meter östlich vom
jetzizen Bahnhof angelegt. Die baselstädtische Regierung legt
dem Großen Rat den Kaufvertrag zur Genehmigung vor.

Die badischen Aktienbrauereien.

Karlsruhe, 18. Sept. Jn der „Tageszeitung für Brauer"
beröffentlicht Herr Richard Wols aus Freiburg eine interessante
Statistik über die Vermögensverhältnisse und Betriebsergebnisse
der badischen Aktienbrauereien im Jahre 1901-02. Danach
haben die 86 Aktienbrauereien bei etwas höherem Absatz den
Rohgewinn des Vorjahres überholt, sind aber im Reingewinn
und Dividendenertrag ein wenig zurückgeblieben. Der Absatz
vermehrte sich von 1 696 630 Hektoliter um 37 047 Hektoliter
auf 1 733 677 Hektoliter. An der Spitze steht die Brauerei-
gesellschaft Moninger Karlsruhe mit 132 000 Hektoliter, ihr
folgen als bedeutendste Brauereien die Brauereigesellschaft
Cichbaum Mannheim mit 123 000 Hektoliter und die Brauerei-
gesellschaft vorm. Meyer u. Söhne Riegel mit 121 000 Hekto-
liter Absatz. Der Rohgewinn vermehrte sich von 6 938 182 Mk.
oder 4,09 Mk. pro Hektoliter um 579 129 Mk. oder 0,24 Mk.
pro Hektoliter auf 7 517 311 Mk. oder 4,33 Mk. pro Hektoliter.
Einen Betriebsverlust hat keine Brauerei zu beklagen. Der
Reingewinn stieg von 4 140 914 Mk. oder 11,02 Prozent um
78 958 Mk. auf 4 219 872 Mk. oder 11 Prozent des Akticn-
kapitals und nahm somit durchschnittlich um weniges, 0,02
Prozent, ab. Zwei Brauereien mit 2 400 000 Mk. Aktienkapital
beklagen einen Verlust von 88 818 Mk. oder 3,70 Prozent und
zwar die Brauerei Bercher Altbreisach, 52 169 Mk., Brauerei
Karcher, Emmendingen 3487 Mk. und Ritterbrauerei Schwetzin-
gen 83 162 Mk. Die Dividende stieg von 2 644 650 Mk. oder
7.04 Prozent um 25 650 Mk. auf 2 670 300 Mk. oder 6,96
Prozent und Verschlechterte sich somit durchschnittlich um 0,08
Prozent. Fünf Gesellschaften mit 3 805 000 Mk. Aktienkapital
waren nicht imstande, eine Dividende zu bezahlen; bei den
anderen 31 Brauereien mit34 570 000 Mk. Aktienkapital be-
rechnet sich die verteilte Dividende aus 7,72 Prozent, gegen 8,09
Prozent im Vorjahre. Das Aktienkapital der 36 badischen
Aktienbrauereien vergrößerte sich von 87 570 000 Mk. oder
22,14 Mk. pro Hektoliter um 805 000 Mk. auf 38 375 000 Mk.
oder 22.14 Mk. pro Hektoliter und zwar durch Hinzutritt der
Löwenbrauerei Waldshut mit 500 000 Mk. und Vermehrung
von 200 000 Mk. bei der Brauereigesellschaft zum Engel in
Heidelberg und 105 000 Mk. bei der Brauerei Streib, Rastatt.
Die Schulden stiegen von 56 434 754 Mk. oder 33,25 Mk. pro
Hektoliter um 98 321 Mk. auf 56 533 075 Mk. oder 32,61 Mk.
pro Hektoliter. Die flüssigen Betriebsmittel fielen von
32 849 210 Mk. oder 19,36 Mk. pro Hektoliter um 1 284 233
Mark auf 31 564 977 Mk. oder18,21 Mk. pro Hektoliter. Die
Abschreibungen auf die Anlagewerte vermehrten sich von
2 685 101 Mk. oder 3,52 Proz. um 487 741 Mk. auf 3 172 845
Mark oder 4,07 Prozent der Anlagen; auf Außenstände usw.
wurden 124 597 Mk. abgeschrieben. Die Anlagewerte, unter
denen sich zumeist bedeutende Anlagcn an eigenen Wirtschafts-
gebäuden und Einrichtungen befinden, wurden von 76 289 967
Mark urn 1 646 965 Mk. auf 77 936 922 Mk. erweitert. Die
gesamte Kapitalanlage ist von 109 139 167 Mk. um 362 732
Mark auf 109 501 899 Mk. angewachsen.

Handel und Verkehr.

— Am 5. Oktober ds. Js. wird in Warburg (West-
falen) eine Reichsbanknebenstelle eröffnet.

Theater- und Kunstnachrichten.

— Musikalische Akademien in Mannheim. Für die im Win-
terhalbjahr 1903—04 im Musensaale des Rosengarten statt-
findenden acht musikalischen Akademien des Großh. Hoftheater-
Orchesters unter Leitung des Herrn Hofkapellmeisters W. Käh-
ler wird ein Abonnement eröffnet. Zur Mitwirkung sind fol-
gende Künstler gewonnen worden: Jn der 1. Akademie, Diens-
tag, den 6. Oktober 1903: Fräulein Edith Walker von der K.
K. Hofoper in Wien (Gesang). Jn der 2. Akademie, Diens-
tag, den 27. Oktober 1903: Herr Dr. Richard Strauß, Hof-
kapellmeister a. d. Kgl. Hofoper in Berlin (Dirigent eigener
Kompositionen). Herr Professor Hugo Becker, Großh. Kam-
mervirtuos aus Frankfurt a. M. (Violoncello). Herr Musik-
direktor Albrecht Hänlein, Mannheim, (Orgel). Jn der 3.
Akademie, Dienstag, den 17. November 1903: Herr Prof.
M. Marsick aus Paris (Violine). Jn der 4. Akademie,
Dienstag, den 8. Dezember 1903: Herr Raoul Pugno aus Pa-
ris (Klavier). Jn der 5. Akademie, Dienstag, den 12.
Januar 1904: Frau Jeanette Grumbacher-de Jong (Sopran).
Frl. Therese Behr (Alt). Herr Kammersänger Ludwig Heß
(Tenor). Herr Arthur van Eweyk (Baß). Herr Konzertmei-

eine zerbrochene Wasserflasche tragend. „Ach, Friederike, da
bist du ja, und so früh schon!"

„Jch komme aus der Kirche, Milla, sehe dich sehr beschäftigt,
und will durchaus nicht stören, sogleich wieder gehen, wenn ich
Karl gesprochen haben werde, in einer mir wichtigen Geldan-
gelegenheit."

„Er wollte gestern Nachmittag zu dir kommen und dich auf
heute zu uus einladen, es trat dann eine Abhaltuug entgegen
— und verzeih, es unterblieb. Wir wissen ja, daß du keine
größeren Gefellschaften liebst; — die heutige bei uns war
Lringend nötig. Wir waren von allen Bekannten eingeladen
und mußten uns revangieren, das siehst du wohl ein."

„Wo ift Karl?" fragte Friederike, „etwa oben? Dann
gehe ich einen Augenblick hinauf."

„Nein, er ist in die Stadt gegangen, um vom Juwelier
Mertens eine meiner zerbrochenen goldenen Haarnadeln selbst
abzuholen, da der Laden früh geschlossen war. Aber, verzeih,
mein Herzchen, ich habe keine Zeit."

„Wenn ich dir helfen könnte, würde ich's gerne tun," er-
widerte Friederike, nachdem sie einen Blick in die offenstehende
Schlafstubeutür geworfen hatte.

„Je nu, das könnte ich annehmen. Räume da ein wenig
auf, es licgt nach alles chaotisch durcheinander. Wir muß-
ten oben Platz schaffen — da kam dann mancherlei herunter,
das Haus hat eben kein großes Zimmer."

„Nein, das hat es freilich nicht."

„Etwas könntest du für mich tun, ich kam gestern nicht
dazu; hefte eine Rüsche in die blaue Kleidertaille — willst
du?"

„Sehr gern, wo ist das Kleid?"

„Es hängt hinter der Tür, Rüsche und Nähsachen findest
du auf dem Bette. Nun, verzeih, Beste, adieu." Sie lief davon.

Da kam Karl; sein Grutz war freundlich, aber nicht ohne
Verlegenheit. „Das ist ja prächtig, datz ich dich hier finde, und
du bleibst . . "

„Nicht Loch, Karl . . ."

ster Hans Schuster (Violine). Jn der 6. Akademie
Dienstag, den 2. Februar 1904: Herr Hofopern-Direktor Gu-
stav Mähler, Wien (Direktion seiner neuen Symphonie). (Zu
dieser Symphonie wird das gesamte Heidelberger Stadt-Or-
chester mitwirken, außerdem ein Frauen- und Knaben-Chor).
Jn der 7. Akademie, Dienstag, den 23. Februar 1904:
Herr Eugen d'Albert (Klavier). Jn der 8. Akademie ,
Dienstag, den 15. März 1904: Herr Kammersänger Ca-l
Scheidemantel von der Königl. Hofoper in Dresden (Baryton).
Preise der Plätze im Abonnement: Logen 1. Reihe 55 Mk., 2.
Reihe 45 Mk., 3. Reihe 35 Mk. Balkon (Empore): 1. Reihe
50 Mk„ 2. Reihe 40 Mk„ 3. Reihe 24 Mk. Estrade: 1. Sitz Nr.
1—80 45 Mk„ Sitz Nr. 81—104 (Rundteil) 80 Mk. Sperr-
sitze: 1. Abteilung (Reihe 1—16) 35 Mk„ 2. Abteilung (Reihe
16—26) 30 Mk„ 3. Abteilung (Reihe 26—33) 24 Mk„ 4. Ab-
teilung (Reihe 34—38) 18 Mark. Stehplätze auf dem Balkon
(Empore) : 10 Mark. Die Hauptproben finden nicht mehr
öffentlich statt. Die Zuerteilung der Plätze im Museusaal
des Rosengarten für die verehrlichen Akademie-Abonnenten er-
folgte auf Grund der von denselben seither im Hoftheater inne-
gehabten Sitze.

Meme Zeimng.

— Hochschulnachrichten. Der o. Professor an der Technischen
Hochschule in Dresden, Hofrat Dr. Cornelius Gurlitt, hat den
an ihn ergaugenen Ruf an die Stuttgarter Technische Hochschule
abgelehnt. — Jn der philosophischen Fakultät der Berliner Uni-
versitär habilitierte sich Dr. phil. F. lSachs als Privatdozent
für Chemie. — Die Gründung einer „Kreien Vereinigung bo-
tanischer Systemattker und Pflauzengeographen" wurde in
Berlin von einem aus ganz Deutschland beschickten Kongresse
von Fachgelehrten beschlossen. Geh. Rat Engler-Berlin wurde
zum ersten Vorsitzenden, Geh. Rat Pf i H e r - Heidelberg .zum
Stellvertreter gewählt. — Der Privatdozent der Anatomie an
der Universität in Breslau, Dr. H. Stahr, hat einen Ruf an
das Zoologische und Anthropologisch-Ethnographische Museum in
Dresden erhalten und angenommen. — Wie die „Zeit" mitteilt,
praktizieren gegenwärtig in London 116 weibliche Aerzte.

— Landau (Pfalz), 16. Sept. Die hiestge Strafkam-
mer verurteilte in ihrer heutigen Sitzung den 41 Jahre
alten Polizeiwachtmeister Johannes Grassold von
Germersheim wegen Bsleidigung von Mitgliedern
deslandesherrlichen Hauses zu 1 Monat Festungs-
haft. Grassold hatte gelegentlich der Durchreise dreier
bayerischer Prinzen über diese eine ungebührende Aeuße-
rung getan.

/X Münchcn, 18. Sept. Ausstellung für Ver -
besserung der Frauenkleidung. Sonntag,
den 20. September, vormittags 11 Uhr, findet im Stu-
diengebäude des neuen Nationalmuseums die Eröffnung
der Ausstellung für Verbesserung der Frauenkleidung
statt, wofür Einlädungen ergangen sind. Dem allgemeinen
Besuche werden die Räume um 1 Uhr geöffnet. — Die
Ausstellung nimmt beide Stockwerke des Studiengebäudes
ein und übertrifft so, dank der lebhaften Beteiligung
Münchener und auswärtiger Aussteller, an Umfang alls
bisherigen ähnlichen Veranstaltungen. Auch behandelt
die Ausstellung die ganze Frage in umsassender Weise.
Jn einem eigenen Raume wird das Thema vom Stand-
punkte des Arztes aus besprochen, zwei andsre Säle sind
der Geschichte der hygienischen und unhygienischen Trach-
ten gechidmet. Ein eigener Raum ist auch dem Schuh-
werk eingeräumt, dessen geschichtliche Entwicklung an zahl-
reichen Originalen verfolgt wird. Schmuck und Stoffe
sind gleichfalls nicht vergessen. Wir werden über die
Ausstellung demnächst ausführlicher berichten.

— Asch, 18. Sept. Gestern Nachmittag 4 Uhr 15
Minuten wurden hier mehrere leichte Erdstöße
verspürt.

— Berlin, 18. Sept. Einer Lissaboner Depesche der
„Vossischen Zeitung" zufolge ist Prinz Franz von Hohen-
lohe in Begleitung von 8 Aerzten behufs sofortiger Er-
richtung von Sanatorien für Lungenkranke
auf Madeira in Lissabon eingetroffen. Den portugiesi-
schen Behörden wurde anbefohlen, dem Prinzen jeglichs
Unterstützung zu Teil werden zu lassen.

Hamburg, 18. Sept. Die Hamburgische Peedereifirma
A. C. de Freytas u. Cie. hat, wie die „Hamb. Nachr." er-
fähreu, mit dem Rheinischen Lloyd, Transport-Aktienge-
sellschaft, einen Frachtabschluß getroffen, wonach
von ihren die Mittelmeerhäfsn anlaufenden
Schiffen Güter auf direkte Konossemente bis
nach Düsseldorf iibergeführt werden. Es besteht die
Absicht, die sich hieraus ergebende Erleichterung des Han-

„Jch wollte gestern ..."

„Weitz schon, — danke für den guten Willen, — angenom-
men hätte ich Eure Einladung nicht, hätte auch nur den schon
kaum ausreichenden Platz beengt. Hast du die goldne Nadel?"

„Nein; der Juwelier war nicht aufzufinden."

„Das wird Milla fehr unangenehm sein."

„Freilich wohl; da muß die Friseuse eine andere Frisur
machen. Wie gefällt dir das blaue Kleid? Jch sehe, du machst
dich da verdient, nähst," — „auch Haken an," schaltete Frie-
derike mit ironischem Lächeln dazwischen, — „es war mein
Geburtstagsgeschenk, ich meine, es sei hübsch."

„Mehr als hübsch; Farbe und Stoff gleich schön."

„Milla hatte es gewünscht; es fehlte ihr wirklich ein Ge-
sellschaftskleid. Laß dich erbitten, bleib bei uns", bat Karl
noch einmal.

„Nein, danke; ich habe Nachmittag sogar auch Gesellschaft

— Kaffeegesellschast, deine speziellen Freundinnen, die liebe,
schöne Minna Herzlieb und ihre Schwägerin Superintendent
kommen vor ihrer Rückkehr zur Stadt noch einmal auf ein
Stündchen zu mir. Laß dich nicht weiter abhalten, das Auge
des Hausherrn ist bei Anordnung der Tafel in Bezug auf die
Weine nötig. Habt ihr gute Nachrichten von Kara?"

„Ja, recht gute, sie macht große Fortschritte."

„Komme morgen zu mir wegen der Geldsache und nun geh'
hinauf. Adieu, mein lieber Bruder, und viel Vergnügen auf
Mittag. Meine Arbeit hier ist vollendet." Bei diesen Worten
legte sie sorgfältig Taille und Rock und eine am Boden liegende
breite Schleife von - Seidenband auf das Bett — unö

— dies ganz unwillkürlich — wischte mit einem Federwedel,
der gleichfalls auf dem Boden lag, den dichten Staub vom
Toilettenspiegel, und ordnete im Fluge noch eintges andere
Ungehörige — für den etwaigen Eintritt der Friseuse in das
Schlafzimmer.

„Hast du die Nadel?" rief Milla oben dem Gatten ent-
gegen.

„Nein; der Mann war nicht aufzufinden, ich hätte . . ."

detsverkehrs, die zunächst für Düsseldorf vorgesshen isst
demnächst auch den anderen Jnlandstationen am Rchein und
am Main zugute kommen zu lassen.

— Paris, 17. Sept. Der Montmartrekünstler Elina,
der den Anstoß gab zur Prüfung der Echtheit der soge-
nannten Tiara des Saitapharnes, hat heute an den Di-
rektor der Landesmuseen, Kämpffen, eine Zuschrift ge-
richtet, worin er behauptet, der Silberschatz von Bos-
coreale, den Baron Rothschild im Jahre 1895 für
Millionen Franken kaufte und dem Louvre schenkte, ser
ebenfaW eine moderne Fälschung. Elina erbietet sich,
die Modelle und Zeichnungen zu liefern, welche die Un-
echtheit des Schatzes beweisen würden.

— London, 18. Sept. Es gelang Herrn Spencer bei
seinem gestrigen Versuch, mit seinem Luftschiff vom
Krystallpalast aus um die St. Pauls-Kathodrale herum
zum Ausgangspunkt zurückzukehren, nicht, den beäbstchtig-
ten Kurs einzuhalten.

— Wien, 16. Sept. Wie Lemberger Blätter meldem
stnd die Mör'der des Gutsbesitzers Toma-
schefsky aus Wilna, dessen Leiche in der vorigerr
Woche in einem Reisekorbe auf dem Moskauer Bahnhofe
gefunden wurde, bereits entdeckt. Me Mörder stnd die
Studenten Maletzky und Winkler, beide leichtsinnige Kar-
tenspieler. Maletzky ist ein Kousiu des ermordeten To-
maschefsky, der vor einiger Zeit von Maletzky znm Karten-
spiel eingeladen war; bei Eintreten ins Spielzimmev
wurde dieser von Maletzky durch einen Schlag auf derr
Kopf betäubt und hierauf von Winkler durch ErnsPritzunU
einer starken Dosis Cyankali ins Gesicht getötet. Die
Leiche wurde, nachdem sie einer großen Summe Geldes
beraubt war, in den Reisekorb gezwengt und als Reise-
gepäck nach Moskau geschickt.

— Lemberg, 18. Sept. Dre StaR Monasterzyska-:
ist samt der Vorstadt Folwark rriedergebrannt.
4000 Einwohner stnd obdachlos. Das Elend ist groß.
Ebenso steht die Kreisstadt Zloczow in Brand.

— Der Gcsamtausschnß des dentfchcn Sängerbnndes^
der das ganze Reich und Oesterreich-lllngarn umfaßt, wird
in Kastsl ani 2. Ltiober eine Tagung abhalten.

— Tänzer gesticht. Iunge tanzlustige Herren sind eirr
gesuchter Artikel, sodaß ein vielgeplagter Brautvater in,
Leipzig sich mit folgender Anzeige irn „Tageblatt" aus
der Verlegenheit zu ziehen sucht: „Gesucht einige junge
Herren, welche geneigt stnd, an einer besseren Hochzerts-
feier teilzunehmen. Wagen und Bnkett werden besorgt.
Freundliche Offerten bitte niederzulegen unter F. 323'
bei Haasenstein u. Vogler, Aktiengesellschaft, Leipzig."

— Ein Einjährig-Freiwilliger als Einbrecher. Der
Einjährig-Freiwillige Overeß von der 10. Kompagnie des
in Hannover garnisonierenden Füstlierregiments Nr. 73
hatte stch dieser Tage wegen Diebstahls vor dem Kriegs-
gericht der 19. Division zu verantworten. Da das Re-
giment zur Zeit noch in Manöverquartieren bei Walsrode
liegt, fand die Verhandlrmg in den Diensträumen des-
dortigen Amtsgerichtes statt. Der Angeklagte war vor
einiger Zeit unter dem schweren Verdacht verhaftet worden,
in zwei Fällen je einen Diebstahl respektive Einbruch-
diebstahl zum Nachterle eines ihm befreundsten Kame-
raden verübt zu häben. Da die Beweisaufnahme seine
volle Schuld ergäb, so verurteilte ihn das Kriegsgericht
zu drei Monaten und 14 Tagen Gefärrgnis sowie zur
Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes unü-
zum Verlust der Berechtigung zum Einjährig-Freiwilligen-
Dienst.

— Das Schneewetter in der Schweiz hat bereits grö-
ßere Verkehrsstörungen zur Folge gehabt. Die Furkapost
konnte nur das kleine Stück von Göschenen bis Hospental
zurücklegen, die Wagen der Grimselpost blieben bei Harr-
Leck liegen. Auf dem Oberalppaß wurde die Post durch
große Schneemengen aufgehalten, mußte umkehren und
nach Andermatt zurückfahren. Die Lukmanierstraße ist
zwischen Dissentis und Curaglia durch Lawinenstürze un-
passterbar gemacht worden.

— Schrrlpantoffel. Jn der „Zsitschrift für Schulge-
sundheitspflege" berichtet Dr. Mouton (Haag) über eine
sehr bemerkenswerte Maßnahme, die dazu dienen soll, den

„Wenn du es gescheiter angefangen hättest, so würde man
ihn schon aufgefunden haben. Es scheint heute alles rncht zu
passen! Diese Engigkeit! Wie eingepötelte Häringe werden
sie sttzen, — sieh mal her, an jeder Langseite der Tafel zehn
Personen und an den beiden Ouerseiten je zwei, macht vierund-
zwanzig. Nur gut, datz deine Schwester nicht geblieben ist„
es wäre wahrhaftig tein Platz mehr für sie dagewesen. WaK
sagst du zu meinem Arrangement? Sieh, hier, denke ich, soll
der Oberbürgermeister sttzen, dcmeben seine Flamme, das gibt
ihm Stimmung. An Nackenschlägen wird es uns aber nicht
fehlen. Nun, so sprich doch."

Aber Karl schwieg und unterdrückte einen Seufzer.

„Aergern dich meine Worte etwa? Habe ich nicht schon
Erfahrungen in dieser Beziehung gemacht?"

„Du denkst nicht gut von unseren Freunden," erwiderte er
nach einer Weile, in einem, der verwöhnten Gattin etwas har-
ten Ton. „Man hat uns Freundlichkeiten erwiesen, mehr als-
wir verdienten. Mehr Platz können wir nicht schaffen, und alte
Bekannte sitzen nicht ungern dicht bei einander. Lästerzungen
sind nicht darunter, würden auch keine Gelegenheit finden, sie
zu gebrauchen, sie kennen die Mängel unseres alten Hauses
und sind trotzdem oft vergnügt darin gewesen. Vielleicht könn-
ten sie meine Schwester darin vermiffen und das wäre nur
ganz natürlich."

„Deine Schwester, immer Deine Schwester," entgegnete die
Gattin' gereizt. „Meinetwegen hättest du sie obenan sitzen
laffen können."

„Milla! Du kränkst mich!" Eine dunkle Rüte flog über
seine braunen Wangen — und der gute Karl war im Begriff».
das Zimmer zu verlaffen.

Da plötzlich eilte sie um den Tisch herum auf ihn zu, er--
griff eine seiner Hände und kühte sie.

„Karl, verzeih, bitte, bleib, gib mir deinen Rat."
 
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