DRITTER AKT.
Gemach der Judith.
JUDITH (in schlechten Kleidern, mit Asche bestreut, sitzt zusammengekauert da).
MIRZA (tritt ein und betrachtet sie). So sitzt sie nun schon drei Tage
und drei Nächte. Sie ißt nicht, sie trinkt nicht, sie spricht nicht.
Sie seufzt und wehklagt nicht einmal. „Das Haus brennt!" schrie
ich ihr gestern Abend zu und stellte mich, als hätt ich den Kopf
verloren. Sie veränderte keine Miene und blieb sitzen. Ich glaube,
sie will, daß man sie in einen Sarg packen, den Deckel über sie
nageln und sie forttragen soll. Sie hört alles, was ich hier rede, und
doch sagt sie nichts dazu. Judith, soll ich den Totengräber bestellen?
JUDITH (winkt ihr mit der Hand, fortzugehen).
MIRZA. Ich gehe, aber nur um gleich wiederzukommen. Ich ver-
gesse den Feind und alle Not über dich. Wenn einer den Bogen auf
mich anlegte, ich würd's nicht bemerken, so lange ich dich dort
lebendig-tot sitzen sehe. Erst hattest du soviel Mut, daß die Männer
sich schämten, und nun — Ephraim hatte recht; er sagte: sie fordert
sich selbst heraus, um ihre Furcht zu vergessen. (Ab.)
JUDITH (stürzt auf die Knie). Gott, Gott! Mir ist, als müßt ich dich
am Zipfel fassen, wie einen, der mich auf ewig zu verlassen droht!
Ich wollte nicht beten, aber ich muß beten, wie ich Odem schöpfen
muß, wenn ich nicht ersticken soll! Gott! Gott! Warum neigst du
dich nicht auf mich herab? Ich bin ja zu schwach, um zu dir empor-
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