Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Antiquariat V. A. Heck (Wien); Antiquariat V. A. Heck
Katalog (Nr. 58): Autographen, eigenhändige Briefe und Dokumente etc. berühmter Persönlichkeiten — Wien: V. A. Heck, [1935?]

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.68126#0004
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2

Preise in Schweizer Franken

5 Brahms, Johannes, 1833—1897. Eigenhändiges und voll signiertes musi-
kalisches Albumblatt, Canon für Gesang und Viola. 12 Takte. Mit un-
terlegtem Text: „In dieser Welt des Trugs u. Scheins, o das
DichGottbehü-te, daßniesichtrübedeinesSeynsjung
fräuliche B 1 ü - t h e.“ Mit Widmung: „Fräulein Stephanie
Vrabely zu freundlichem Gedenken Jobs. Brahms“ (ca.
1863). x/a Seite Quart. Mit Bugfalten. In der Querfalte ein kleiner Riß
unterlegt. 450.—
Sehr schönes unbekanntes Musik-Autograph. Brahms lernte Ste-
fanie, die Tochter des Postdirektors Vrabely in Preßburg, die gleich ihrer Schwester
Seraphine eine gefeierte Schönheit war u. als ausgezeichnete Klavierspielerin galt, an-
läßlich eines mehrtägigen Ausflugs nach Preßburg kennen, den er an seinem Geburts-
tage (7. Mai 1864) in Gesellschaft von Tausig und Cornelius unternahm. Stephanie wurde
Schülerin von Brahms und vermählte sich später mit einem Grafen Wurmbrand-
Stuppach, Seraphine heiratete bereits am 8. Nov. 1864 Tausig. Beide Schwestern
spielten am 17. März 1867 in Wien öffentlich Brahm’s Walzer. — Vgl. hierüber: Max
Kalbeck, Joh. Brahms II, 1. Halbband. BerL 1908. S. 113 und 192.
6 — Letzte Aufnahme v. Johannes Brahms. Lebensgroßes Brustb., en face,
Dreiviertelprofil nach rechts (vom Beschauer aus), auf genommen von
dem Porträtmaler und Hofphotographen C. Brasch in Berlin 1896. Am
unteren Rande des Passepartout eine eigenhändige Notenzeile,
3 Takte, mit voller eigenhändiger Unterschrift. 300.—
Als Brahms diese Photographie, die wegen des vom Photographen benützten scharfen
Apparates jedes Fältchen des Gesichtes deutlich zeigt, einem Freunde schenkte, schrieb
er in selbstironischer Anspielung auf den Text seines Liedes op. 47, Nr. 1: ,,O lieb-
liche Wangen“ die oberwähnten 3 Takte eigenhändig auf das Passepartout als
Widmung an den Freund. (Vgl.: Ein Brahms-Bilderbuch, Hrsg. v. Victor v. Miller-Aich-
holz, Wien 1905. S. 33). — Sehr interessantes Stück.
Celtis, Conrad, siehe am Schluß.
7 Chopin, Frederic, 1810—1849. Eigenhändiges Musikmanu-
skript. Etüde No. 4 aus der berühmten Etüden-Sammlung Op. 10, über-
schrieben „Presto Con f u o c o“. Datiert: „P a r i g i Giug.(?) 6.
1832“. 3 Seiten qu.-4. (auf S. 2—4 eines Bogens mit 12 Noten-Systemen
auf jeder Seite. Im weißen Rande des 2. Blattes ein ganz kleines Stück-
chen herausgeschnitten. — Prachtstück. 950.—
Eine der berühmten Etüden, von denen Leichtentritt sagt: „Sie gehören zu Chopin’s
unvergänglichsten Leistungen und sind schlechthin unvergleichlich. Ein ganz neues
Genre ist hier zum erstenmal aufgestellt und auch sogleich zur Vollendung gebracht
worden, zu einem Höhepunkt, der seitdem nicht mehr erreicht worden ist . . . Chopin
schuf eine große Anzahl Stücke, die als Kunstwerke in die erste Reihe gehören, die eine
vollkommen neue Tonwelt auftun, Klangeffekte aufweisen, von denen vorher kaum einer
etwas geahnt hatte, die eine Umwälzung und kolossale Erweiterung der Technik des
Klavierspiels bedeuten und außerdem als Studienwerke in Wirksamkeit unübertroffen
sind . . .“
Das vorliegende Manuskript enthält die Etüde No. 4, Cis-moll der berühmten Etüden-
sammlung Op. 10, die sich durch ihre kräftige, drängende Bewegung, ihre interessante
Harmonik, ihr leidenschaftliches Gewoge auszeichnet und besonders gegen den Schluß
von großer Wirkung ist.
Chopin hat es für seine Lieblingsschülerin („disciple affectionnee“) Friederike
Müller, spätere Frau Streicher geschrieben. Es stammt direkt aus dem Nachlasse ihrer
Tochter.
Fr. N i e c k s, der Biograph Chopings sagt in seiner Biographie, Dt. Übers. Leipz. 1890.
Bd. II, S. 194 ff: „Fräulein Friedericke Müller, seit vielen Jahren mit dem Wiener Cla-
vierfabrikanten J. B. Streicher (Sohn von Beethovens Freund Andreas Str.) verheiratet,
wird von vielen als Chopins begabteste Schülerin bezeichnet und ist jedenfalls eine der
begabtesten.*) Daß der Meister ihr sein Allegro de Concert Op. 46 gewidmet hat, darf
als ein Beweis seiner Liebe und Achtung für sie gelten. Carl Mikuli legte großes Ge-
wicht auf ihre Unterstützung bei den Vorbereitungen zu seiner Chopin-Ausgabe, da sie
mehrere Jahre bei dem Meister Unterricht gehabt und außerdem viel Gelegenheit gefunden
hatte, ihn zu hören . . .“
*) Sie ist schon in den dreißiger Jahren, mutmaßlich vor ihrem Aufenthalt in Paris,
in Wien öffentlich aufgetreten. (Vgl. Eduard Hanslick „Geschichte des Concertwesens in
Wien“. S. 236). Mit ihrer Verheiratung war ihre künstlerische Laufbahn beendet.

Katalog 58: Interessante Autographen
 
Annotationen