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https://doi.org/10.11588/diglit.3371#0009
Ganz von der Notwendigkeit des fisischen Bedürfnisses frei ist
aber die Verzierung, und wir können sie in diesem Sinne einem
Spiele vergleichen. So wenig jedoch die Konstrukzion bei ihrem
Ernste die Anmuth und Heiterkeit entbehrt, so wenig darf das Spiel
der Verzierung dem Zufall oder der gedankenlosen Willkühr anheim-
gestcllt werden; vielmehr hat es — wie das Spiel der Musik — nur
eine geistigere Notwendigkeit, ein eben so festes Gesez, dem alle
Theile gehorchen müssen. Dieses ist die Uebereinstimmung mit der
Idee, für die Verzierung dasselbe, was für das Bauen der Zwek des
Nuzens. Darf in der Konstrukzion kein Theil müsig, nirgends Ver-
schwendung sein, muss Alles den Zwek erfüllen und eben dadurch
ihn verkünden helfen, so soll auch in der Verzierung jedes Einzelne
entweder für sich, oder durch sein inniges Anschliesen an die Har-
monie des Ganzen bedeutungsvoll sein; so ist auch hier fremder Tand
und Überladung gleich verwerflich, wie dort Zwekwidrigkeit und
Verschwendung.
Wie verhält sich aber die Idee^ an welche sich die Verzierung
anschliesen soll, zu dem Zweke, welchem der Bau-Verband dient? —
Wie das geistige Leben der Gesellschaft zu ihrem äuseren körperlichen
Treiben; sie sind organisch in Eines verbunden, wie die Seele und
der Leib. Die inneren bewegenden Ideen der Menschen drüken sich
im äuserlichen Leben aus. Dem lezteren hat die Konstrukzion durch
zwekmäsige Formen zu dienen. Je richtiger sie diese Aufgabe erfüllt,
je genauer sie sich also dem Leben anpasst, desto sicherer wird sie
den Abdruk der Ideen in sich aufnehmen, die sich in demselben äu-
sern. Die Verzierung hat dagegen die Ideen unmittelbar aufzufassen,
und bildlich darzustellen, was die Konstrukzion niemals soll, obgleich
sie öfters auf diesen Abweg geräth, und Dienerin der Fantasie im un-
aber die Verzierung, und wir können sie in diesem Sinne einem
Spiele vergleichen. So wenig jedoch die Konstrukzion bei ihrem
Ernste die Anmuth und Heiterkeit entbehrt, so wenig darf das Spiel
der Verzierung dem Zufall oder der gedankenlosen Willkühr anheim-
gestcllt werden; vielmehr hat es — wie das Spiel der Musik — nur
eine geistigere Notwendigkeit, ein eben so festes Gesez, dem alle
Theile gehorchen müssen. Dieses ist die Uebereinstimmung mit der
Idee, für die Verzierung dasselbe, was für das Bauen der Zwek des
Nuzens. Darf in der Konstrukzion kein Theil müsig, nirgends Ver-
schwendung sein, muss Alles den Zwek erfüllen und eben dadurch
ihn verkünden helfen, so soll auch in der Verzierung jedes Einzelne
entweder für sich, oder durch sein inniges Anschliesen an die Har-
monie des Ganzen bedeutungsvoll sein; so ist auch hier fremder Tand
und Überladung gleich verwerflich, wie dort Zwekwidrigkeit und
Verschwendung.
Wie verhält sich aber die Idee^ an welche sich die Verzierung
anschliesen soll, zu dem Zweke, welchem der Bau-Verband dient? —
Wie das geistige Leben der Gesellschaft zu ihrem äuseren körperlichen
Treiben; sie sind organisch in Eines verbunden, wie die Seele und
der Leib. Die inneren bewegenden Ideen der Menschen drüken sich
im äuserlichen Leben aus. Dem lezteren hat die Konstrukzion durch
zwekmäsige Formen zu dienen. Je richtiger sie diese Aufgabe erfüllt,
je genauer sie sich also dem Leben anpasst, desto sicherer wird sie
den Abdruk der Ideen in sich aufnehmen, die sich in demselben äu-
sern. Die Verzierung hat dagegen die Ideen unmittelbar aufzufassen,
und bildlich darzustellen, was die Konstrukzion niemals soll, obgleich
sie öfters auf diesen Abweg geräth, und Dienerin der Fantasie im un-