Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heigelin, Karl Marcell
Lehrbuch der höheren Baukunst für Deutsche (Band 3) — Leipzig, [1833]

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3372#0058
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
54

will, was der Natur der Kunst gänzlich zuwider ist, noch niemals
zu einem guten Ziel geführt hat, niemals dazu führen kann.

Auf die Lehre soll eine Wanderschaft folgen. In dem Grade, wie
jene richtig war, wird diese nüzlich sein. Wir sehen viele Architek-
ten fast gänzlich entblöst von zwekmäsiger Vorbildung ihre Reise nach
Italien antreten, Jahre lang dort verweilen, und dann unfähig für den
Dienst der Kunst und der öffentlichen Wohlfahrt heimkehren. Wer
ohne Kenntnis und Urtheil reist, der wird ein Spiel der Gegenstände,
die ihn durch wahren und falschen Glanz blenden. Die Vorbereitung
für die Reisen besteht in der erworbenen Kunst-Bildung überhaupt;
von besonderem Nuzen aber sind in dieser Beziehung noch kleinere
Ausflüge, welche während der Lehrzeit und nach der Anleitung des
Meisters vorgenommen werden. Auch muss lezterer selbst hinreichend
vieles gesehn und gesammelt haben, um seine Schüler so auszustatten,
dass ihr Aufenthalt im Ausland abgekürzt, und nur auf wesentliche
Dinge verwendet wird.

Der Zwek der Reisen ist: in der Erfindung zu erstarken. Dieser
wird sehr selten erreicht, indem sich viele Künstler begnügen, eine
gewisse Anzahl artiger Bildchen zu sammeln, anstatt die Kunst in hö-
herer Bedeutung zu studiren. Die Arbeit soll sich theilen in Prüfung
fremder Bauwerke und in Aufzeichnung. Der Künstler soll sich die
Aufgabe klar machen, welche dem angeschauten Gebäude zu Grunde
lag, um die Verdienste so wie die Mängel der Leistung beurtheilen
zu können. Während diese Kritik auf die Zwekmäsigkeit gerichtet
ist, soll eine andere Art der Prüfung über den Effekt der Formen und
Verhältnisse im Einzelnen und im Ganzen angestellt werden. Übung
im geometrischen Aufmessen und Abschäzen, und Gewandtheit in der
Perspektive müssen dem Künstler hier zu Gebot stehen. Das Aufzeich-
 
Annotationen