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Heigelin, Karl Marcell
Lehrbuch der höheren Baukunst für Deutsche (Band 3) — Leipzig, [1833]

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https://doi.org/10.11588/diglit.3372#0062
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denen sein; und arbeitet der Künstler hiebei mit Unbefangenheit und
Geschiklichkeit, so verdient er wahres Lob. Dieses Verfahren — sehr
von demjenigen zu unterscheiden, bei welchem aus allerhand einzel-
nen fremden Broken ein neues unharmonisches Ganzes zusammengetragen
wird — ist ehrenvoller und gröser, als sich oft die selbstische Eitel-
keit gerne gesteht. Der einzelne Meister tritt zurük, sein Werk ist
nur ein Glied in der langen Kette der Leistungen, ein Moment in der
allgemeinen Ausbildung der Kunst. Treffliches ist auf diese Weise zu
Stande gekommen; die griechische Kunst ist davon das glänzendste
Beispiel, aber nicht das einzige.

Einen höheren, freieren Weg betritt der Künstler, indem er nicht
nach einem bestimmten fremden Beispiele sucht, um daraus seinen Ent-
wurf her vorzubilden, sondern zu der Quelle der Kunst niedersteigt,
und aus ihr seine neue klare Erfindung schöpft. Soll er aber auf die
sem Wege glüklich sein, so muss er einen Reichthum an Kunst als
sein Eigenthum beherrschen. — Ohne dieses wird seine Erfindung das
Gepräge der Schwäche und Leerheit tragen, sie wird dem Versuche
eines Laien gleichen. — In seiner Fantasie muss er eine Fülle reiner
Grundformen tragen, welche ^ als solche, einer unbegrenzten Vermeh-
rung und Entwiklung und der mannigfachsten Verbindungen unter ein-
ander fähig sind. — Diese Grundformen werden mit einem sehr un-
passenden Worte „Motife" genannt, welches Wort eigentlich eher der
Aufgabe zukäme —. Jene Grundformen oder Motife sind selbständig,
haben ihre eigenen inneren Bildungs - Geseze, — wovon das lezte
Hauptstük des ersten Bandes eine Darstellung gibt —. Die gesammten
Anforderungen des Programmes dagegen bilden den abstrakten Begriff
des bestimmten Bauwerkes. Von diesem allein kann die Gestalt des
Gebäudes nicht hervorgebracht werden. Der Verstand kann nicht er-
 
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