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Hugo Helbing <München> [Hrsg.]
Email-Plaketten vom XVII. bis XIX. Jahrhundert: Sammlung Albert Steiger, St. Gallen ; Plaketten, von kirchlichen Geräten herrührend, Rosenkranz-Anhänger, Wandbilder mit religiösen und weltlichen Darstellungen, Gegenstände und Plaketten weltlicher Art: Bestecke, Spiegel etc., Geldbeutel ... ; Auktion in München in der Galerie Helbing, 3. und 4. Mai 1910 — München, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.20493#0007
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VORWORT.

Die Malerei auf Email erfordert eine große Übung und viel Erfahrung. Aber so groß auch die
Schwierigkeiten der Ausführung sein mögen, die absolute Unveränderlichkeit ihrer Werke, die Solidität und
Dauerhaftigkeit machen sie gesucht und kostbar. Die Emailmalerei widersteht dem Einfluß der Luft, des
Wassers, der Feuchtigkeit, der Hitze und Kälte, dem Staub und allen anderen zerstörenden Einwirkungen,
denen die Ölmalerei und alle anderen Arten von Malereien ausgesetzt sind. Ein auf Email gemaltes
Miniaturporträt z. B. verändert sich nie, es blaßt nicht ab, es dunkelt nicht nach. So wie es aus der Hand
des Künstlers hervorging, so bleibt es für alle Zeiten.

Gemalt wird auf einer meist mit weißem, undurchsichtigem Email überzogenen, gewölbten Kupfer-
oder Goldplatte, die zum Zwecke gleichmäßigerer Abkühlung nach dem Hervorholen der Emailplaketten aus
dem Feuer auf der hintern Seite mit zumeist farbigem, gewöhnlichem Email überzogen ist (contre-email).
Es kann aber auch auf durchscheinendem Emailgrund (email translucide, email transparent) gemalt werden,
in welchem Falle durch Guilloschieren oder Gravieren der Metallunterlage besondere Lichteffekte erzielt
werden, die sich namentlich beim Hin- und Herbewegen des Stückes bemerkbar machen. Bei durchscheinen-
dem Emailgrund (email translucide) ist die verwendete Metaliplatte meistens Gold (siehe Nr. 365, 400—402
u. 842), seltener Silber oder Kupfer (siehe Nr. 434, 443, 582).

Die Emailfarben, die beim Malen zur Verwendung kommen, bestehen, wie der Email-Malgrund,
aus Glasflüssen, die in feinst geriebenem Zustande, mit Lavendel-Essenz gemischt, mit dem Pinsel oder
auch mit eigens dazu zubereiteten ganz kleinen, spachtelähnlichen Instrumenten aufgetragen werden. Die
Kunst des Emailmalers besteht zum Teil darin, seine Arbeit durch einen wohlüberlegten Arbeitsgang für
jedes Feuer so vorzubereiten, daß sie aus dem letzten Feuer als ein vollkommenes Werk hervorgeht. Je
nach der Art der Arbeit und dem Bedürfnisse passieren die gemalten Plaketten zwei bis fünf Feuer, aus-
nahmsweise auch mehr. Es kann dem Emailmaler vorkommen, daß ihm seine Arbeit durch Zufall oder
durch irgendein leidiges Vorkommnis im Feuer mißrät, sich Brandrisse bilden (siehe Nr. 433, 550, 653), die
Platte einsinkt (siehe Nr. 640, 873), Unebenheiten und Rauheiten entstehen und so das Arbeitsergebnis vieler
Tage, ja Wochen, in Frage gestellt ist. Erst wenn glücklich seine Arbeit das letzte Feuer passiert hat, kann
sich der Emailmaler seiner Arbeit in Ruhe wirklich freuen. Dieses Risiko muß natürlicherweise bei der
Preisberechnung seinen Ausdruck finden. Gute Emailmalereien mußten zu allen Zeiten auch gut bezahlt
werden. Hervorragende Künstler forderten sehr hohe Preise für ihre Arbeiten. So erhielt Jacques Charles
de Mailly von der Kaiserin Katharina von Rußland für ein in camayeux ausgeführtes Bild eines drachen-
tötenden St. Georg die enorme Summe von 23000 Rubeln. Der Großmeister aller Emailmaler Jean Petitot
von Genf (geb. 1607, gest. 1691) ließ sich seine Porträts so teuer bezahlen, daß nur vornehme, reiche Per-
sönlichkeiten sich von ihm malen lassen konnten.

Um dem Ubelstande des Einsenkens der Platte im Feuer zu begegnen, haben einzelne Emailmaler
statt des dünnem Kupferbleches mit contre-email, Platten aus starkem Eisenblech verwendet (siehe Nr. 719,
728 u. 729). Zur Hervorbringung gewisser metallischer Effekte wendet der Emailmaler das Aufsetzen kleiner
Stückchen dünner Metallfolien an, sog. Foliepailletten oder „paillons" aus Gold, Silber, Platin, die
meist mit farblosem, durchsichtigem Email (email translucide) überzogen werden (siehe Nr. 400, 434, 439,
441, 580, 581, 857, 865, 866). Eine gegensätzliche Technik weist das Besteck Nr. 227 auf, an welchem die
aus dünnem Silberblech gefertigten Köpfe Gustav Adolfs auf das Email aufgesetzt sind. In gleicher Technik
ist die persische Goldbrosche Nr. 365 hergestellt, an welcher das email translucide prächtig zwischen dem
aufgelegten Golddekor hervorschimmert.
 
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