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Japanische Kunstgegenstände aus bekanntem Mitteldeutschen Besitz: Keramik, Bronzen, Waffen, Schwertstichblätter und Schwertzieraten, Arbeiten in Lack, Schnitzereien in Holz und Elfenbein, Netzke, Inro, Möbel, Wandbilder (Malereien in Lack, in Auflegearbeiten und Kakemonos); Auktion in München in der Galerie Helbing 7. Juni und folgende Tage — München: Helbing, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.55625#0018
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VIII Vorwort.
mehr das Leben, die Kunst wurde dekorativer, glänzender und lenkte allmählich in jene Bahnen,
wo sie mit europäischen Anschauungen Berührungspunkte zeigte. Sie kam unserem, auf derbe,
dekorative Wirkung gerichteten Geschmack näher, und wieviel davon hat nicht schon als Vorbild
für unsere angewandte Kunst gedient, ja die meiste und kräftigste Anregung hat das moderne
Kunstgewerbe von dort empfangen. Wieviel höher aber steht der Reiz einer japanischen Arbeit,
wenn man sie selbst mit dem Besten vergleicht, was bei uns entsteht. Neben der Überlegenheit
der Technik hat jeder Gegenstand noch sein Geheimnis, erzählt seine Geschichte, denn die kleinste,
sinnvoll und zweckmäßig angebrachte Dekoration ist ein Symbol heiteren oder ernsten Inhalts —
Blumen und Vögel, Fabeltiere und Wappenpflanzen verbildlichen ein Gedicht, eine uralte Sage —
oder auch die Erinnerung an große Ereignisse der Vergangenheit.
Aus diesen Epochen nun stammen zum Hauptteil die Bestände der Sammlung — die alle
Gebiete des Kunstgewerbes umfaßt.
In der Metallbearbeitung und dem Bronzeguß hat Japan immer das Größte geleistet, ein
glänzendes Beispiel ist die mit kühner Virtuosität gegossene Vase, die den symbolischen Drachen
auf geistreich barocken Wellen (Nr. 355) zeigt, wie auch Nr. 356, gleich kommt ihr auch die große
Bronze-Tempeltrommel (Nr. 390) mit dem so lebendig aufgefaßten Hahn. Auch die Lackmalerei,
früher schon als eine der edelsten Künste gepflegt, verläßt sie später die Einfachheit der wenigen
feinen Gold- und Silbertöne, die jene alten, vornehmen kleinen Dosen, Schreibkasten, Inros usw.
schmückten und versucht selbst mit der Malerei zu wetteifern. Sie verbindet sich mit farbigem
Material und schwelgt in den reichsten Nuancen, so entstanden jene Prunkstücke einer raffinierten
Technik wie die Lackpanneaus des wunderschön modellierten Pfauenpaars (Nr. 1188), Hahn und Henne
mit der Signatur des Künstlers (Nr. 1189), oder das mit den lustig bewegten Figuren den Raub der
Glocke von Miidera durch den Helden Benkei darstellend. Die Kleinplastik vertreten hauptsächlich
jene zierlichen Schnitzereien in Holz und Elfenbein, Netzkes, die voll von drolligen und lustigen
Geschichten der volkstümlichen Glücksgötter oder dem Leben des kleinen Mannes sind, und die
Keramik vervollständigt das farbenfrohe Bild des immer noch reichen Webens und Lebens einer
Kunstwelt, in deren Schatzkammern wir durch die gegenwärtige Sammlung einen erfreuenden und
für viele gewiß durch lebendige Anregung nutzbringenden Einblick gewinnen.

Cäcilie Graf.
 
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