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Hugo Helbing <München> [Hrsg.]
Nachlass Kommerzienrat Adolf Steinharter, München: Antiquitäten, alte Möbel, Lüster, Gobelins Teppiche usw. ; Versteigerung in der Galerie Helbing in München, 28. und 29 Mai 1918 — München, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.22744#0007
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ADOLF STEINHARTER f

Adolf Steinharter war am 1. Juli 1853 zu Mönchsdeggingen bei Nördlingen geboren, kam
. aber schon frühzeitig, um sich dem Kaufmannsstande zu widmen, nach München.
Zunächst lernte er bei Sigmund Helbing, dem Vater des K. Kommerzienrats Hugo Helbing,
der neben einem Modewarengeschäft auch Antiquitätenhandel in kleineren Verhältnissen
betrieb. Seiner natürlichen Veranlagung nach fühlte sich Steinharter jedoch von allem
Anfang nach mehr zum Alten denn zu den ,,letzten Neuheiten“ hingezogen und trat, seiner
Neigung folgend und in ihr den Weg zum Erfolge ahnend, im Jahre 1870 bei J. Drey junior,
dem Vater des Hofantiquars Julius Drey, in Stellung.

Instinktive Begabung, von Fleiß, Findigkeit und Vertiefung gestützt, entwickelte
sich rasch zu vielseitiger Kenntnis, die in der Person J. Dreys und den stets auserlesenen
Beständen des Geschäftes wesentliche Förderung erfuhr. So durfte Adolf Steinharter
schon im Jahre 1879, also kaum 26 Jahre alt, es wagen, ein eigenes Geschäft zu gründen.
Die Zeit freilich war ihm äußerst günstig. Die nationale Einigung der Kriegsjahre 1870/71
hatte allseits das Verlangen geweckt, das Nationalgefühl auch künstlerisch auszusprechen.
Dieser Aussprache aber die richtigen Wege zu weisen, erstand im Jahre 1876 als einer
der wichtigsten Marksteine im Kunstleben und Ausstellungswesen Deutschlands und
insonderheit Münchens die große Schau „Unserer Väter Werke“, die Künstlern und Hand-
werkern, Sammlern und Liebhabern mit einem Schlage die Augen erschloß für die unver-
gänglichen Schönheiten nicht so sehr der hohen Künste als der Geräte und Gegenstände
deutscher Vergangenheit. Die Wirkung der Ausstellung auf den Altertumshandel konnte
nicht ausbleiben und Adolf Steinharter war einer der ersten, der sich der Berücksichtigung
guter kunstgewerblicher Erzeugnisse im Handel mit besonderer Liebe und Wärme annahm.
Bei ihm suchte und fand man mit in erster Linie gute Edelmetallarbeiten, Keramiken,
Emails und jene köstlichen Kleinarbeiten, die die Sehnsucht der Sammler wie Zschille,
Campe, Felix, De Ridder u. a., die ständig bei Steinharter ein- und ausgingen, erfüllten.
Mit jenen feinsinnigen Kunstfreunden und mit der Geschichte des seriösen deutschen
Privatsammlers wird denn auch Steinharters Name stets verknüpft bleiben.

Es würde sich erübrigen, besonders zu betonen, daß auch alle bedeutenderen staat-
lichen und städtischen Museen in engster Fühlung mit einem Geschäfte von dem Rufe
und der Bedeutung des Steinharterschen standen, wenn nicht sein opferwilliges Verhältnis
zu den öffentlichen Kunstsammlungen besonders dazu zwänge. Es erfüllte ihn mit be-
rechtigtem Stolze und er frönte damit zugleich einer gerne zu verzeihenden Eitelkeit,
wenn er durch Schenkungen oder günstige Kaufbedingungen Museen, die ihm besonders
nahestanden, in die Lage versetzte, wertvolle Sammlungsstücke in ihren Besitz zu bringen,
die ohne sein Entgegenkommen den heimatlichen Interessen hätten verloren gehen müssen.

Uns mag es gestattet sein, wenigstens einiger hervorragender Werke alter Kunst zu
gedenken, deren Erhaltung für das Bayerische Nationalmuseum seiner opferwilligen Ge-
sinnung zu danken ist. Schon im Jahre 1889 ermöglichte er durch die Forderung eines
selbst für die damaligen Verhältnisse ungewöhnlich niederen Preises die Erwerbung des
 
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