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Hertel, Carl [Hrsg.]; Schneider, Friedrich [Hrsg.]
Die Katharinen-Kirche zu Oppenheim und ihre Denkmäler — Mainz, 1877

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https://doi.org/10.11588/diglit.18865#0013
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bleiben in höchst gemessenen Schranken. Daneben tritt allerdings eine Erweiterung des Grundrisses durch
das Einschieben von Kapellen in den Winkeln zwischen Chor und Querschiff zu Tag, welche offenbar in
der Absicht gewählt ist, den reichen Choranlagen französischer Bauten einigermassen sich zu nähern.
Vorbild hierzu bot einerseits die Kirche St. Yved zu Braisne (Dep. Aisne, Isle de France), welche zwischen
1180 und 1216 erbaut worden und mit dieser Eigenthümlichkeit bereits auf die Gestaltung der Liebfrauen-
Kirche zu Trier (gegründet 1227) Einfluss dürfte geübt haben; andererseits begegnen wir in der Stadtkirche
zu Ahrweiler, zwischen 1254—1274 erbaut, einem zeitlich und räumlich nahegelegenen Muster, dessen Ein-
wirkung keineswegs ausgeschlossen ist. Hier sind indess die eingeschobenen Kapellen von gleicher Höhe
wie das Chorhaupt und nähern sich insofern mehr dem eigentlichen Chorumgang, während sie in Oppen-
heim wirklich nur kapellenartige Ausbuchtungen von viel geringerer Höhe sind.

Das Aeussere der Chorarchitektur ist von bemerkenswerther Einfachheit. An den unteren
Theilcn des Chorhauptes kommt bis einschliesslich der ersten Schichten der Fenster das Gestein der Gegend,
grober Muschelkalk, zur Verwendung. Die ungefüge Sprödigkeit desselben machte ihn jedoch für die
Zwecke einer mannigfach gegliederten Architektur und gar für ornamentale Theile gänzlich ungeeignet,
so dass man während des Baubetriebes sich für den bunten Sandstein entschied und denselben von nun
an am ganzen Bau verwendete. Die Strebepfeiler sind von dem Sockel und Kaffsims umzogen und steigen,
nur einmal abgetreppt, schlicht bis zum Hauptgesims auf. Unter dem abschliessenden Gesims legen sich
Wasserspeier in ungeheuerlichen Thiergestalten vor. Leider sind sie mannigfach verstümmelt oder fehlen
wie die einst krönenden Fialen gänzlich. Die Chorfenster sind zweitheilig. Das Geläufe ist ganz glatt
aus Schrägen gebildet. Das Stabwerk hat, wie das kleeblattförmige Masswerk im spitzbogigen Fenster-
schluss, volles rundes Profil; zierliche Laubkapitelle schliessen die Stäbe gegen das Masswerk ab. Wo
die Chorkapellen sich einschieben, ist die Fensterarchitektur des Chorhauptes, sowie der Kreuzarme dadurch
beeinträchtigt, und die Lichtöffnungen sind auf etwa ein Drittel ihrer Höhe beschränkt. Während ehedem
Zeltdächer die Kapellen deckten und die belassenen Fenster berücksichtigten, schneiden jetzt die hässlichen
Nothdächcr in die Lichtgaden aufs Störendste ein. Mit jener Unbefangenheit, wie sie öfter an mittelalter-
lichen Bauwerken zu Tage tritt, ist an der nördlichen Chorkapelle jenes Fenster, welches mit dem an-
liegenden Stiegenthurm zusammentraf, zur Hälfte unterdrückt, indem man, ohne am Motiv im Ganzen etwas
zu ändern, einfach die zweite Hälfte dem.Treppenthürmchen opferte; das Fenster ist, obwohl auf Zwei-
theilung angelegt, nur eintheilig ausgeführt, und das Rund des Masswerks mit dem Dreipass mitten durch-
geschnitten.

Das Querschiff folgt in seinem äusseren Aufbau ganz der schlichten Behandlungsweise des Chor-
hauptes. Anordnung der Gesimse und Gliederung der Strebepfeiler ist ganz die gleiche. Auf beiden Seiten,
im Norden wie im Süden, sind in den Stirnseiten bescheidene Eingänge angeordnet. Eine Folge von
schweren Profilen gliedert deren äusseren spitzbogigen Thürrahmen, während auf der Nordseite der innere
gebrochene Bogen aus einem äusserst schweren Birnstabprofil gebildet ist. Auf der Südseite schliesst die
Thüre mit wagrechtem Sturz; das Bogenfeld ist mit Masswerk verziert. Die hohen, schlanken Fenster
 
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