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Karl W. Hiersemann (Firma); Karl W. Hiersemann
Katalog (Nr. 414): Autographen, Urkunden, Handschriften orts- und familiengeschichtlichen Inhalts: Stammbücher — Leipzig: Karl W. Hiersemann, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.69570#0014
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12 II. Dichter, Gelehrte, Schriftsteller.
M. Pf.
lang in der schwärmerischsten und hingebungsvollsten Weise um ihre Gegen-
liebe bemüht; denn wie eine fixe Idee beherrscht ihn der Gedanke seiner Doppel-
liebe; er darf nur um ein Weib auf Erden werben, die Schwester der Dahin-
geschiedenen, weil nur dies ihm nicht als Untreue gegen die Tote erscheint, weil
er nur so in der Lebenden auch die Tote immer besitzen zu können glaubt. Als
Ersatz für ihre Gegenliebe, die sie ihm nicht schenken kann, nimmt er dankbar
ihre Freundschaft hin, die sie ihm mitleidig gewährt, und lohnt ihr diese in rück-
haltloser Offenheit durch Schilderung seiner bisherigen Lebensschicksale, seine
zahlreichen früheren Liebesaffären nicht ausgenommen.
Die 85 Briefe an Adelheid, die — ebenso wie die 9 Briefe an ihre Mutter, die
Hofrätin Tychsen — niemals aus den Händen der Familie gegeben wurden,
repräsentieren deshalb einen außerordentlich hohen Wert, weil erst 46 von
ihnen im Druck veröffentlicht worden sind, hei es in der Biographie des Dichters
von H. Marggraff 1855, sei es von K. E. Franzos im 16. Bande der „Deutschen
Dichtung“ 1894. Dieser Abdruck erfolgte auf Grund von Abschriften der
Briefe, die sich in dem vom 8. Sept, bis 17. Juli 1816 reichenden Tagebuche
Ernst Schulzes befanden. Eine Vergleichung der Originale mit den im Tage-
buche aufbewahrten Abschriften zeigt vielfache, wenn auch nicht wesentliche
stilistische, Abweichungen, die der Dichter nachträglich vorgenommen hat.
Marggraf erwähnt in der Vorrede der Biographie (S. XI), daß das Tagebuch
sämtliche Briefe Schulzes an Adelheid Tychsen einschließe. Diese Angabe
ist jedoch nicht zutreffend, da die Eintragungen in dem Tagebuche von
Anfang 1814 bis Mai 1815 eine fast Irisjährige Lücke aufweisen, während
gerade aus dem Jahre 1814 vom 22. März bis 15. Sept. 39 besonders interessante
Briefe des Dichters an Adelheid vorhanden sind, die mithin in dem Marg-
graff’schen Buche fehlen. Auch Franzos kennt keinen dieser Briefe.
Die gleichfalls bisher vollständig unbekannten 9 .Briefe des Dichters an die» Mutter
Adelheids, die Hofrätin Tychsen in Göttingen, aus der Zeit v. 22. März bis
19. August 1814 enthalten weiteres wertvolles Material für eine Ergänzung der
Marggraff’schen und Franzos’schen Mitteilungen.
Diese 48 noch unveröffentlichten Briefe aus dem Jahre 1814, also über die Hälfte
der ganzen Sammlung, sind besonders auch deshalb von hohem Interesse,
weil sie aus der Zeit stammen, in welcher der Dichter als Freiwilliger des
Beaulieu’schen Jägerkorps im Kampfe gegen Frankreich an der Niederelbe
teilnahm.
Alle Briefe sind sehr sorgfältig und leicht leserlich geschrieben, diejenigen an
Adelheid sind mit E. Sch. unterzeichnet, während die 9 Briefe an die Hof-
rätin die volle Unterschrift E. Schulze tragen.
63 Schulze, Ernst Konr. Fr., Dichter der „Bezauberten Rose“, geb. 1789
m Celle, gest. ebendort 1817. Original - Manuscript sämmtlicher
20 Gesänge des Epos „Cäcilie“ und verschiedener anderer Gedichte,
von denen mehrere ungedruckt sind, aus den Jahren 1810—17. 2200 —
Das umfangreiche Manuskript des bereits im 28. Lebensj. verstorbenen roman-
tischen Epikers stammt aus dem Nachlasse der Frau von Berlepsch, geb.
Adelheid Tychsen, der Schwester der im Alter von 18 Jahren verstorbenen
und vom Dichter heiß geliebten Cäcilie, und derjenigen, auf welche er nach
dem Verlust seiner ersten Liebe seine Neigung übertrug, ohne Erwiderung zu
finden. Letzterer u. deren Eltern vermachte daher der Dichter seinen noch
vorhandenen handschriftlichen Nachlaß, der in den oben angebotenen und
im folgenden näher beschriebenen Stücken bestand, darunter verschiedene an
Adelheid gerichtete oder sich auf sein Verhältnis zu ihr beziehende Gedichte,
welche bisher nicht zum Abdruck gelangt sind.
Obige wertvolle Sammlung enthält also folgende verbürgt eigenhändige,
zumeist mit seinem Namenszuge unterzeichnete Manuskripte
des Dichters:
1. Cäcilie. Epos in 20 Gesängen, welches in einer Verherrlichung der früh ver-
storbenen Geliebten den Sieg des Christentums über die heidnischen Germanen
schildert und reich ist an patriotischen Anspielungen seiner Zeit. Jeder Ge-
sang bildet im Msk. ein Heft, das erste trägt die Notiz „Angefangen am 17.
Januar 1813“ (Cäcilie war 3. Dez. 1812 gestorben), das letzte am Schlüsse
„Vollendet den 13. Dezember 1815“. Bouterwek schreibt im Vorwort zu s.
Ausgabe der Cäcilie: „Dem Abdruck der Cäcilie ist die Handschrift zum
Grunde gelegt, die der Dichter selbst den Eltern der Geliebten, deren Namen
das Gedicht trägt, übergeben hatte“. Dies ist das vorliegende Manuskript.
2. Gedicht (an Cäcilie Tychsen gerichtet) mit der Überschrift: „Sebastian Bach.
Seiner Verehrerin geweiht. Kühne Seglerin. Fantasie. Wirf ein muthloses
Anker hie! Schiller.“
„Die Macht des Klangs, empor auf Adlerschwingen . . . .“ 6 Blatt.
3. „Du nennst ein Räthsel, nennst verschlossen mich ..." 2 Blatt.
4. „Vergebens senkt mein Geist in der Wissenschaft.
Verborgenes Reich sich, forschet der alten Zeit. . .“
Auch diese beiden sind an Cäcilie Tychsen gerichtet.
5. Recension eines Trauer- und Lustspieles von Karl Thorbecke, mit einer Blu-
menlese aus den beiden Stücken. 4 Bl. in 4». Ungedruckt.
6. „Lilie.“ Eine poetische Erzählung. 20 Blatt (in der Ausg. s. poet. Werke
nicht abgedruckt).

Karl W. Hiersemann in Leipzig, Königstrasse 29. Katalog 414.
 
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