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Karl W. Hiersemann; Crawford, Alexander Crawford Lindsay of [Bearb.]
Katalog (Nr. 578): Thesaurus scriptorum catholicorum: Sammlung von Handschriften, Drucken und Zeitschriften enthaltend den katholisch-theologischen Teil der "Bibliotheca Lindesiana" von Alex. W. Earl of Crawford-Balcarres, Lord Lindsay — Leipzig: Karl W. Hiersemann, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.59422#0080
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72 II. Liturgia Sacra
Μ. Pf.
314 Bildinitiale R. Pergament-Ausschnitt a. einem italienischen Anti-
phonar; wahrscheinlich Bologna nach 1400. Unter Passepartout. 280 —
Die Darstellung ist ungewöhnlich u. jedenfalls selten. Ein schwarzgekleideten
bärtiger Mönch blickt, dort angelehnt, in einen runden, flachen, durchaus!
unseren Waschfässern gleichen Behälter, in welchem zwei kleine Leichen
liegen, die eine bekleidet, die andre nicht. Das Gold der Umrahmung ist
teilweise verscheuert.
315 Bildinitiale U (von Victime) mit dem auf erstehenden Christus,
8X7 cm gross, mit bordürenartigen Blatt-Ausläufern nach 2 Seiten
hin; nebst einer zweiten grossen Zierinitiale M, 7 qcm gross.
Pgt.-Bl. Fol. Mit lapidarem lat. Text u. ebensolchen Musiknoten.
Aus einem oberitalienischen Antiphonar des XV. Jahrh. Unter
Passepartout. 150 —
316 Christus u. die Fischer. Bildinitiale D 17X15 cm nebst umfassen-
der Bordürenmalerei. Pgt.-Bl. Gr.-Fol. Mit latein. Text u. Musik-
noten. Eingangsblatt eines Prachtgraduale der St. Bassiano-Kirche
zu Lodi, 1405. Hervorragendes Stück. 1200 —
Wie schon die obenauf gemalten Jagdlegenden erkennen lassen, wurde auf glän-
zende Ausstattung dieses ersten Blattes besondere Sorgfalt verwendet. Das:'
eigentliche Bild zeigt die späteren Apostel Petrus u. Andreas als Fischer
auf leichtbewegtem Meer in einer Barke. Links am Ufer steht Christus,
lebhaft zu ihnen sprechend („ihr. sollt Menschenfischer werden“). Der Auf-
fassung wie der Ausführung nach erhebt das Bild Anspruch, im grossen
Zusammenhänge italienischer Renaissance betrachtet zu werden. Der dunkel-
grüne Tapetengrund dient, ohne die Illusion zu stören, dazu, die matter ge-
haltenen Farbentöne des Bildes zu heben. Das Ganze fügt sich vortrefflich
abgestimmt dem pompös ausgestalteten, in kräftigeren Farben angelegten
Buchstabenrahmen ein, der sich mit ganz wenigen Worten nicht beschreiben
lässt. Das merkwürdigste sind in dem linken tiefroten Blattwerk die frei-
bewegten, fast japanisch gemahnenden Goldornamente und oberwärts . die
erwähnten, vorzüglich wiedergegebenen Jagdleoparden; der eine ist an einen
kleinen Baum, der andere am Boden gefesselt. Seit den ältesten Zeiten
haben fürstliche Personen der Mittelmeerländer sich, wie die Bildwerke leh-
ren, solche gezähmte Raubtiere gehalten.
Als Text- u. Notenschreiber nennt sich ein Minoritenbruder; der gleichzeitige
Maler bleibt unbekannt.
317 Christus auf erstehend. Bildinitiale A (von Angelus). Pgt.-Bl.
Fol. Mit lat. Text u. Musiknoten, aus einem norditalienischen
Antiphonar des mittleren XV. Jahrh., nebst 8 sehr mannigfach
behandelten Zierbuchstaben. Unter Passepartout. 180 —
Grösse der Bildinitiale qcm. Aus dem marmornen Sarkophag steigt Chri-
stus mit segnender Gebärde u. der Siegesfahne hervor, in blassen Fleisch-
tönen gehalten, mit ebenso hellem Mantel über dem halb entblössten Körper.
Man würde glauben, die Nachahmung einer Marmorgruppe zu sehen, wenn
nicht die Landschaft da wäre. Auch diese ist in lichten Farben gehalten, so
dass das Ganze an dem kräftiggefärbten Buchstaben mit Goldrahmen eine
höchst wirksame Fassung erhält. Die Ausläufer in Form von Blattornamenten
sind hübsch, aber nicht so charakteristisch wie am Pergamentrande die Grup-
’pen kleiner, mit Federzeichnung umzogenen Goldblättchen und Punkte. Die
acht übrigen Zierbuchstaben, auch in der Ornamentik interessant, zeigen zwei
verschiedene Stilsysteme, eines in Blau u. Rot, das andre in Schwarz, Grün
u. Gelb; beide finden sich öfter nebeneinander.
318 Christus in d. Gloriole u. Adoranten. Bildinitiale G. 11,5X10,5 em,
ohne das bordürenartig auslaufende Blattwerk. Pgt.-Bl. Gr.-Fol.
Mit latein. Text u. Musiknoten aus einem Graduale, das 1405 in
Lodi bei Mailand hergestellt wurde. Unter Passepartout. 900 —
Die Szene verteilt sich ungezwungen in die zwei Buchstabenhälften. Oben der
segnende Christus mit Weltkugel in der Strahlengloriole, unten, wo ein ge-
sonderter Strahlenkreis einsetzt, zweite Gruppe kniender Apostel wie in der
Verklärungsszene, nur dass der eine, trotz des Goldnimbus, Tonsur und geist-
liches Gewand trägt bei unverkennbaren Porträtzügen. — Diese Malerei,
alles andere als Dutzendarbeit, zugleich auch vortrefflich erhalten, verrät in
der Modellierung, der Gewandbehandlung wie dem Ausdruck der Personen
einen gediegenen, über die engen Grenzen seines Gewerbes Jiinausstreb enden
Miniator. Im Ornamentalen, in der Abstimmung u. Verteilung der Farben
besitzt er eine Treffsicherheit, die selbst mit feinerer Pinselführung sich
nicht immer verbindet. Eigentümlich ist die Zeichnung des oberen Augen-
randes, die sich in dieser und der nachfolgenden Generation bei böhmischen
Buchmalern ähnlich wieder findet.

1 Μ. = 1 sh. = $ 0,24 = Schw. fr. 1,25 = Holl. fl. 0,60 = Schw. Kr. 0,90.
 
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