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Antiquariat Emil Hirsch <München> [Hrsg.]
Bibliothek Prof. Dr. Oscar Piloty: Handschriften, schöne Einbände, Inkunabeln, Holzschnittwerke des XV. u. XVI. Jahrhunderts, deutsche Literatur von frühester bis neuester Zeit, Vorzugsdrucke, Kupferwerke des XVIII. Jahrhunderts, Buchillustrationen des XIX. Jahrhunderts, altes Volkslied und altes Kirchenlied, Mystik, Geschichte der Germanistik, Vermischtes aus der Geistes- und Kulturgeschichte ; Versteigerung. Montag den 27., Dienstag, den 28. u. Mittwoch den 29. Mai 1918 — München, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.15542#0012
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Jacopones laudi (Nr. 86), eine kostbare Ausgabe der Confessionen des heiligen
Augustinus (Nr. 67), die deutsche Erstausgabe der Nachfolge Christi von
1486 (Nr. 89), die Opera posthuma von Spinoza (Nr. 1199) und als ganz
raffinierte Raritäten eine Anzahl der fast verschwundenen, wei] fanatisch
verfolgten Bücher des orgiastisch glühenden Denkers Giordano Bruno (Ni.
1173-—1174. 1324—1327) und ein paar Galilei-Schriften (Nr. 1304—-1307)

enthält. Diese und ähnliche „Gewaltige“ umstehen standbildhaft das eigentliche
Korpus der Sammlung, das sich weiterhin ausgestaltet in eine vortreffliche
Auswahl deutscher Dichtwerke des 16. Jahrhunderts, besonders (Nr. 126—140)
Naupengeheuerliches, Reimenweises und Glückhaftes von Fischart, daneben
Murner (Nr. 163—165), auch Einiges von Hans Sachs (Nr. 1015—1019) und
Ayrers durchaus dieser Welt noch zugehöriges Opus Theatricum (Nr. 203) mit
seinen Stoffanklängen an Shakespeare, des 17. Jahrhunderts, stolze, fast einzig
dastehende Reihe simplicianischer Werke (Nr. 221—237) und solcher von Praeto-
rius (Nr. 256—262), der klassischen Zeit, aus der Goethe, die Pracht-Ausgabe'
von Hermann und Dorothea (Nr. 371), die Jubelausgabe der Iphigenie in
einem Dedikationsexemplar vom Kanzler von Müller (Nr. 377), Schiller und
Romantiker, unter diesen sehr vieles, sehr Schönes von E. T. A. Hoffmann
zu nennen wäre und schließlich eine, neben allen letzter Zeit stattgehabten
Auktionen über dieses Gebiet stattlich bestehenden Abteilung neuester Li-
teratur und hervorragender Luxus-Drucke: Doves-Press (Nr. 756—760) (Faust
auf Pergament und auf Papierü), Blätter für die Kunst (Nr. 731), Janus-
Presse (Nr. 810 und 811), Hundert-Drucke (Nr. 803—809) und manches
andere. Dazu eine im Verzeichnis mit Recht den Luxus-Ausgaben bei-
gestellte prächtige Kollektion köstlicher Bodoni (Nr. 734—748).

Wir haben zum Schlusse noch ein Gebiet zu erwäimen, dem er mit eifriger
Liebe, mit innerlichem Drang, mit Verehrung und Kenntnissen sich zugewandt
hatte, die Mystik. Dieser Teil der Bibliothek (Nr. 1065—1215), von kundiger
Hand für den Katalog genau durchgenommen und bearbeitet, 'faßt so viele
Seltenheiten und Überraschungen, daß er des Interesses, ja des sammlerischen
Studiums vorzüglich wert ist, jedenfalls vervollständigt er sie bis in die tieferen
Gründe des Erlebens.

So reich und eigenartig dieser Bücherschatz ist: daß er seinen Besitzer
nicht überdauert, scheint mir recht und füglich. Spezialsammlungen, in denen
wissenschaftliche Vollständigkeit zu erlangen das Leitmotiv war, sollten zu-
sammenbleiben, weil sie ein vom Erwerber abgelöstes selbsteigenes Ganzes
bilden. Eine Bücherei aber, wie diese, aus dem lebendigen Willen, der lebendigen
Sonderart, auch den Zufälligkeiten ihres Besitzers geboren und erwachsen, mag
als solche mit ihm dahinschwinden. Wie sein Gedächtnis in der fortwirkenden
Erinnerung der Seinen und der ihm Gefreundeten wahrhaft weiter besteht,
so ist das Abbild der Sammlung in einem solchen Verzeichnis ein mehr als bloß
schattenhafter Zeuge von ihrer Existenz, ein redendes Denkmal, hinaus auch
über dieses Vergehen.

K. W.

iiiiiiiniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii

VIII
 
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