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Hirschmann, Otto; Goltzius, Hendrick [Ill.]
Hendrick Goltzius als Maler: 1600 - 1617 — Quellenstudien zur holländischen Kunstgeschichte, Band 9: Haag: Martinus Nijhoff, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.62429#0062
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GOLTZIUS.

möchte man doch angesichts des harten, schwerseidenen, in
eckigen Falten sich brechenden Betthimmels am ehesten an
Veronese denken. Auch die Farbe des Vorhanges, dieses
leicht ins Blaue spielende, helle Weinrot mit den weisslichen
Lichtern auf den Faltenbrüchen wäre für jenen Meister
charakteristisch. Allgemein venezianisch ist auf jeden Fall
die Figur der Danae, nicht in der Malweise zwar — sie
ist zu hart, zu dünn und zu rosig gemalt —, als vielmehr
in der Zeichnung, der Geschlossenheit des Umrisses, wie er
unmöglich geistiges Eigentum eines Niederländers dieser
Zeit sein konnte. Wie auf bekannten Vorbildern, wird die
Linie des Oberarms dazu verwendet, die Silhouette zwischen
Busen und der Ausladung der Hüfte zu schliessen, wie diese
Danae überhaupt vom venezianischen Typus der gelagerten
Venus und nicht von Vorbildern des Danaethemas herge-
leitet ist. Die fröhlichen Putten kann man zwar nicht
als spezifisch venezianisch, aber doch als italienische Ele-
mente anführen. Die starke, an vielen Orten stehen gelassene,
fast überall aber noch durchscheinende gelbbraune Unter-
malung verrät ebenfalls den Anschluss an die venezianische
Malerei. — Zu alledem passt auch wiederum vorzüglich,
was uns van Mander über Goltzius’ Verhältnis zu dieser
und zur italienischen Malerei im Allgemeinen überliefert.
Bei seiner Rückkehr aus Italien sei er, Goltzius, erfüllt
gewesen von der „süssen Anmut Raffaels und der eigen-
tümlichen Weichheit Correggios.” Hievon ist aber wenig in
seine Bilder übergegangen, ebensowenig aber eigentlich
auch von den „starken Licht- und Schattengegensätzen
Tizians.” Solche sind wohl da, aber in einer kleinlich poin-
tierenden Weise, in der sich gerade der Niederländer von
dem grosszügigeren Venezianer unterscheidet. Dann aber
berichtet van Mander, dass auch „die schönen, seidenen
Gewänder und die gute Stoffmalerei Veroneses und anderer
Venezianer” auf Goltzius grossen Eindruck gemacht hätten.

1) Das auffallende Motiv der hochgedrückten Schulter geht vielleicht
auf die Figur der Aurora in Michelangelos Medizeergräbern zurück.
 
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