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Abb. 11. Haus Behrens in Darmftadt. 1900 1901. Speifezimmer im Erdgefchoß

etwas abrchüffige Gelände gliedernden Treppen-
(fufen, die dem im Garten Wandelnden einen
gewiffen anmutigen Rhythmus im Sehreiten lug-
gerieren.

Auch im Erdgefchoß ilf ein durch Stufen über-
wundener Niveauunterfchied zwifchen dem etwas
niedriger, auf gleicher Höhe mit der Diele ge-
legenen Mufikzimmer, dem Raum geiftiger Dar-
bietungen, und dem höher gelegenen Speife-
zimmer, dem Raum edler Gefelligkeit, vor-
handen : Der vergeiftigte Zweck diefer Stufen
befteht darin, «dem Verkehr zwifchen beiden
Räumen eine rhythmifche Bewegung zu ver-
leihen.» Den gehobenen fakralen Ton, der fich
in folchen Stellen des Katalogs ausfpricht und
der auch des öfteren noch in Behrens damaligen
literarifchen Äußerungen wie z. B. in feinem
Büchlein über das künftlerifche Problem des

Theaters «Fefte des Lebens und der Kunft»1)
wiederkehrt, können wir heute nicht mehr recht
verfteheni), wenn wir uns auch davon über-
zeugen müflen, daß diefe Feierlichkeit nichts
anderes darfteilte, als die individuelle Form des
heiligen Ernffes, mit dem Behrens feinen archi-
tektonifchen Problemen nachging, fich niemals
von äußerlichen, bloß dekorativen und billigen
Effekten blenden ließ, und auf diefe Weife etwas
an folidefter Gediegenheit und (chöner Koftbar-
keit fo Einzigartiges erreichte, dem fonft nichts,
wie alle gelchmackvollen Kenner verficherten,

') Siehe Nr. 2 der literarifchen Arbeiten des Künltlers.
-) Übrigens (land Behrens mit diefer enthufiaftilchen Rhetorik
in der damaligen Kunftlcbriftdellerei nicht allein: Daß ihn
die Herren Kurt Breyfig und Georg Fuchs darin beträchtlich
überboten, wundert uns natürlich nicht. Aber felblt ein heute
fo realer Schriftfteller wie Karl Scheff ler kennt damals nur eine
Älthetik von lauter metaphyfilchen Superlativen.

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