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Hubach, Hanns
Matthias Grünewald, der Aschaffenburger Maria-Schnee-Altar: Geschichte, Rekonstruktion, Ikonographie ; mit einem Exkurs zur Geschichte der Maria-Schnee-Legende, ihrer Verbreitung und Illustrationen — Mainz, 1996

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https://doi.org/10.11588/diglit.20308#0018
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Gefolge zu dem angegebenen Platz, wo der Papst dann eigenhändig mit einer
Hacke den Grundriß der zu bauenden Kirche in den Schnee grub.4

Der Stifter der Maria-Schnee-Feier, Heinrich Reitzmann, wurde am 16. Okto-
ber 1462 in Schaafheim bei Aschaffenburg geboren? Von seinen Eltern kennen
wir mit Peter und Adelheid nur die Vornamen, der Vater ist 1483 gestorben.6 In
den Jahren 1494/95 war Heinrich in Rom. Von dort brachte er als Haushälterin die
aus Hermannstadt in Siebenbürgen stammende Katharina, Witwe des römischen
Bäckers Burkhard, samt deren Tochter Euphrosine mit nach Aschaffenburg.

Nach seiner Priesterweihe erhielt Reitzmann am 11. Juli 1497 als Nachfolger
des durch die Beschreibung seiner Pilgerreise ins Heilige Land berühmt geworde-
nen Bernhard von Breydenbach die zehnte Präbende des Aschaffenburger Stiftes.
1514 wurde er magister fabricae, Oberbaumeister, des Stiftes und damit verant-
wortlich für den Baufonds der Kirche und für die Überwachung der auszuführen-
den Bauarbeiten.7 Ihm übergeordnet war dabei lediglich der Stiftskustos Johann
Will, in dessen Amt Reitzmann vom Mainzer Erzbischof Albrecht von Branden-
burg schon zwei Tage nach dem Tode Wills am 11. November 1517 eingesetzt
wurde und das er bis zu seinem Tod 1528 behielt. Als Stiftskustos stand Reitzmann
im Range eines Prälaten. Der Kustos war „der Wächter über die Kirche und das
Kircheninventar und mußte deshalb, was mittelbar oder unmittelbar mit dem
Gottesdienste in Beziehung stand, in Ordnung halten und wenn nöthig, neu be-
schaffen. Paramente, Gefäße, Wachs, Oel, Weißzeug ec. stand unter seiner Ob-
sorge, auch der bauliche Zustand der Kirche selbst. Seine Gehülfen waren der
Ober- und Unterglöckner, der Ober- und Unterbaumeister (die Verwalter des
Ober- und Unterbaufonds). Besondere Aufmerksamkeit mußte der Kustos auf die
Abhaltung der gestifteten Jahrgedächtnisse richten, bei denen stiftungsgemäß eine
größere oder kleinere Anzahl brennender Kerzen am Grabe des Verstorbenen
aufgestellt werden mußte. Zu diesem Zwecke legten die Kustoden die noch vor-
handenen Nekrologien an, welche in der Sakristei auflagen und Tag für Tag die
Stiftungen angaben."8 Ebenfalls in seiner Funktion als Kustos veranlaßte Reitz-
mann eine Neufassung der regula fraternitatis ecclesiae collegiatae Aschaffenbur-
gensis, sammelte Geld für den Bau einer Orgel9 und sorgte für eine Neuaufstel-

4 Vgl. die ausführliche Version dieser Legende im Festoffizium Reitzmanns von 1515 im
QA-II. Die Basilika Santa Maria Maggiore in Rom trägt daher auch noch heute die
Weihetitel „Basilica Liberiana" oder „Santa Maria ad Nives"; vgl. Buchowiecki 1967,
S. 237.

5 Zur Biographie Reitzmanns vgl. Amrhein 1882, S. 123-124; und Gottron/B Enzing/
Fischer/Riedel 1981, S. 225-235.

6 Vgl. QA-I.3., Abs. 37; und QA-I.16., Abs. 67.

7 Der magister fabricae war der Verwalter der fabrica ecclesiae. Als solche bezeichnete
man im Mittelalter den Teil des Kirchenvermögens, aus dem die Baukosten und der Un-
terhalt der Kirchen bestritten wurden. Zum Begriff der .Kirchenfabrik' sowie zu deren
Aufgabe, Funktion und Organisation vgl. Feine 1972, S. 207-208; sowie besonders
Schöller 1989, S. 136-188; und Binding 1993, S. 31-70.

8 Zit. n. Amrhein 1882, S. 51.

9 Vgl. Gottron 1962; und H. Fischer 1986, S. 134-137.

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