lung der Gräber der legendären Gründer des Stiftes, Herzog Ottos und Königin
Luitgards, im Chor der Kirche.10
1518 war Reitzmann Offizial - Vorsteher der erzbischöflichen kirchlichen Ge-
richtsbehörde - geworden, ein Amt, das ein mindestens zweijähriges Studium der
Theologie oder des Kirchenrechts voraussetzte." Wo er dieses Studium absolviert
hatte - ob möglicherweise während seines Aufenthaltes in Rom -, ist nicht be-
kannt. Er starb mit 67 Jahren am 22. April 1528. Die Inschrift auf einer seinem
Epitaph in der Stiftskirche beigegebenen Bronzeplatte nannte ihn ,freigiebig ge-
gen die Armen, einen Liebhaber des Gottesdienstes und der Frömmigkeit und ei-
nen treuen Diener der Kirche'.12
Nach der Einführung des Maria-Schnee-Festes 1506 bestätigte Reitzmann seine
Stiftung unverändert in seinen Testamenten von 1507,1508 und 1509, allerdings je-
weils mit dem Zusatz, daß, sollte das Stiftskapitel seine Bedingungen, nämlich die
persönliche Anwesenheit der Stiftsherren bei der Messe, nicht akzeptieren und
statt dessen, wie es korrupte Sitte sei, während der Feier außerhalb des Chores
Spazierengehen, die 100 fl Präsenzgeld zu anderen Zwecken verwendet werden
sollten, unter anderem zur Feier eines Jahrgedächtnisses für sich und seine Eltern
in seinem Geburtsort Schaafheim.13
Die Einrichtung des Maria-Schnee-Festes mit all den daran geknüpften materi-
ellen Dotierungen entsprang demnach einem Akt privater Frömmigkeit und war
von Beginn an Teil von Reitzmanns Bemühungen um sein seelgerette nach dem
10 Vgl. Arens 1957; und A. Grimm I, S. 379.
11 Vgl. Fath 1972, S. 101-102. Ein solches Studium war, ähnlich wie eine eheliche Geburt,
das Erreichen des 25. Lebensjahres, der Empfang der höheren Weihen und anderes
mehr, Voraussetzung für die Aufnahme eines Kanonikers in das Stiftskapitel; vgl.
Amrhein 1882, S. 44-45.
12 Die Bronzetafel ist heute getrennt von Reitzmanns Epithaph im nördlichen Seitenschiff
der Stiftskirche neben dem Durchgang zum Kreuzgang angebracht. Ihre Inschrift lautet:
„Venerandus dominus, Henricus Reiczmann, ecclesiae Aschaffenburgensis custos et cano-
nicus, in Christi pauperes largus, divini cultus pietatisque amatoi; ecclesiae fidelis, aetatis
sue annorum 67 dormivit in domino 1528, X. Calendas Maji"; vgl. Amrhein 1882, S. 367.
13 In Reitzmanns Testament von 1507 heißt es: „[Abs. 20] Exspeditis suprascriptis legatis
(...), si centum fl. superfuerint, volo Mos applicari festo gloriosissime virginis Marie de
Nive, quod divina favente gracia superiore anno institui cum proprio historia eo modo, ut
testamentarii dent dictos centum fl. ad cistam communis presentie. (...) [Abs. 23] Et in
eventum, quod domini de capitulo non vellent acceptare ea, que de festo gloriosissime vir-
ginis Marie disposui et presertim, quod non vellent esse coartati manendo in choro ad in-
star misse Corporis Christi, extunc volo et ordino, quod anniversarium michi et parenti-
bus instituetur in Schoffheym." Im Testament von 1509 folgt noch der Zusatz: „[Abs. 32]
(...) Et si domini de capitulo florenos predictos cum ea condictione acceptare noluerint et
forte dicerent, non consuetum fore permanere in choro in festis decani etc. - que consue-
tudo corruptela est, nam in maioribus festis minus extra chorum vagare licet -, extunc
nullatenus dentur pecunie, sed in alios pius usus, ut infra notetur, convertentur etc." Vgl.
die Testamente von 1507 (QA-I.2., Abs. 20; 23), 1508 (QA-I.3., Abs. 29; 30; 37) und 1509
(QA-I.4., Abs. 32; 33; 44); und Fraundorfer 1981, S. 129-148.
Aus den sog. Präsenzgeldern wurden die an der Stiftskirche residierenden Kanoniker
für ihre Anwesenheit bei den Messen im Chor eigens bezahlt.
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Luitgards, im Chor der Kirche.10
1518 war Reitzmann Offizial - Vorsteher der erzbischöflichen kirchlichen Ge-
richtsbehörde - geworden, ein Amt, das ein mindestens zweijähriges Studium der
Theologie oder des Kirchenrechts voraussetzte." Wo er dieses Studium absolviert
hatte - ob möglicherweise während seines Aufenthaltes in Rom -, ist nicht be-
kannt. Er starb mit 67 Jahren am 22. April 1528. Die Inschrift auf einer seinem
Epitaph in der Stiftskirche beigegebenen Bronzeplatte nannte ihn ,freigiebig ge-
gen die Armen, einen Liebhaber des Gottesdienstes und der Frömmigkeit und ei-
nen treuen Diener der Kirche'.12
Nach der Einführung des Maria-Schnee-Festes 1506 bestätigte Reitzmann seine
Stiftung unverändert in seinen Testamenten von 1507,1508 und 1509, allerdings je-
weils mit dem Zusatz, daß, sollte das Stiftskapitel seine Bedingungen, nämlich die
persönliche Anwesenheit der Stiftsherren bei der Messe, nicht akzeptieren und
statt dessen, wie es korrupte Sitte sei, während der Feier außerhalb des Chores
Spazierengehen, die 100 fl Präsenzgeld zu anderen Zwecken verwendet werden
sollten, unter anderem zur Feier eines Jahrgedächtnisses für sich und seine Eltern
in seinem Geburtsort Schaafheim.13
Die Einrichtung des Maria-Schnee-Festes mit all den daran geknüpften materi-
ellen Dotierungen entsprang demnach einem Akt privater Frömmigkeit und war
von Beginn an Teil von Reitzmanns Bemühungen um sein seelgerette nach dem
10 Vgl. Arens 1957; und A. Grimm I, S. 379.
11 Vgl. Fath 1972, S. 101-102. Ein solches Studium war, ähnlich wie eine eheliche Geburt,
das Erreichen des 25. Lebensjahres, der Empfang der höheren Weihen und anderes
mehr, Voraussetzung für die Aufnahme eines Kanonikers in das Stiftskapitel; vgl.
Amrhein 1882, S. 44-45.
12 Die Bronzetafel ist heute getrennt von Reitzmanns Epithaph im nördlichen Seitenschiff
der Stiftskirche neben dem Durchgang zum Kreuzgang angebracht. Ihre Inschrift lautet:
„Venerandus dominus, Henricus Reiczmann, ecclesiae Aschaffenburgensis custos et cano-
nicus, in Christi pauperes largus, divini cultus pietatisque amatoi; ecclesiae fidelis, aetatis
sue annorum 67 dormivit in domino 1528, X. Calendas Maji"; vgl. Amrhein 1882, S. 367.
13 In Reitzmanns Testament von 1507 heißt es: „[Abs. 20] Exspeditis suprascriptis legatis
(...), si centum fl. superfuerint, volo Mos applicari festo gloriosissime virginis Marie de
Nive, quod divina favente gracia superiore anno institui cum proprio historia eo modo, ut
testamentarii dent dictos centum fl. ad cistam communis presentie. (...) [Abs. 23] Et in
eventum, quod domini de capitulo non vellent acceptare ea, que de festo gloriosissime vir-
ginis Marie disposui et presertim, quod non vellent esse coartati manendo in choro ad in-
star misse Corporis Christi, extunc volo et ordino, quod anniversarium michi et parenti-
bus instituetur in Schoffheym." Im Testament von 1509 folgt noch der Zusatz: „[Abs. 32]
(...) Et si domini de capitulo florenos predictos cum ea condictione acceptare noluerint et
forte dicerent, non consuetum fore permanere in choro in festis decani etc. - que consue-
tudo corruptela est, nam in maioribus festis minus extra chorum vagare licet -, extunc
nullatenus dentur pecunie, sed in alios pius usus, ut infra notetur, convertentur etc." Vgl.
die Testamente von 1507 (QA-I.2., Abs. 20; 23), 1508 (QA-I.3., Abs. 29; 30; 37) und 1509
(QA-I.4., Abs. 32; 33; 44); und Fraundorfer 1981, S. 129-148.
Aus den sog. Präsenzgeldern wurden die an der Stiftskirche residierenden Kanoniker
für ihre Anwesenheit bei den Messen im Chor eigens bezahlt.
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