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1 ZUR GESCHICHTE DER MARIA-SCHNEE-STIFTUNG
IN ASCHAFFENBURG

Im Anschluß an Walter Karl Zülchs Quellenpublikationen zum historischen'
Grünewald haben sich besonders Paul Fraundorfer und Anton Kehl um zusam-
menhängende kritische Darstellungen der schriftlichen Überlieferungen zu Leben
und Werk des Mathis Gothard Neithard, genannt Grünewald, bemüht.1 Darüber
hinaus liegen uns gesonderte Publikationen zu den verschiedenen Quellen, spezi-
ell zur Aschaffenburger Maria-Schnee-Stiftung, von Fraundorfer, Adam Gottron
u. a. sowie von Bernhard Saran vor,2 die es uns zusammen mit eigenen Archivre-
cherchen ermöglichen, die Stiftungsgeschichte detailliert nachzuzeichnen.

Mit der Stiftung des Maria-Schnee-Festes durch den Kanoniker Heinrich Reitz-
mann am 26. März 1506 wurde die Feier zum Gedenken an die wunderbare Grün-
dung der römischen Kirche Santa Maria Maggiore an der Aschaffenburger Stifts-
kirche St. Peter und Alexander offiziell und - nach ausgesetzten 100 fl Präsenzgeld
- mit Billigung des Kapitels eingeführt. Das Fest wurde gemäß des liturgischen
Kalenders am 5. August dominicaliter gefeiert.3 Der Festtag leitete sich aus der
Gründungslegende von Santa Maria Maggiore ab, der ältesten westlichen Marien-
kirche, nach der im Jahre 352 in der Nacht vom 3. zum 4. August dem Papst Libe-
rius und dem römischen Patrizier Johannes die Jungfrau Maria im Traum erschie-
nen war und beiden verkündet hatte, daß sie durch frisch gefallenen Schnee die
Stelle anzeigen werde, an der ihr eine Kirche in Rom gebaut werden solle. Kaum
war am nächsten Morgen der Patrizier zum Papst geeilt, um seinen Traum zu be-
richten, wurde auch schon von Boten gemeldet, daß auf dem Esquilin auf wunder-
same Weise Schnee gefallen sei. Daraufhin zogen Liberius und Johannes mit viel

1 Vgl. Zülch 1938; Fraundorfer 1952/53; und Kehl 1964.

2 Vgl. Fraundorfer 1958; Fraundorfer 1981; Gottron/Benzing/Fischer/Riedel
1981; und Saran 1981.

3 Im folgenden werden die Primärquellen entnommenen Zitate in den Anmerkungen nur
in dem Umfang wiedergegeben, wie sie zum Beleg der im Text getroffenen Aussagen
notwendig sind; eine Überprüfung des jeweils vollständigen Wortslautes kann anhand
des Quellenanhangs (= QA) vorgenommen werden.

1506, März 26: „Festum Nivis Marie virginis. Hoc die peragetur festum Nivis beate Marie
virginis dominicaliter iuxta consuetudinem huius ecclesie, sicut aliud festum dominicale in
Matutinis et in missa unacum sequentia deserviendum. (...) Ad quod dominus Heinricus
Reytzmann canonicus adhuc (...) dedit ac legaliter persolvit communibus presenciis cen-
tum fl. in auro, qui venerunt ad cistam communis presentie. Ita admissum est per dominos
de capitulo"; vgl. QA-I.l.; und Fraundorfer 1981, S. 194.

Fraundorfers früherem Hinweis, daß schon der Aschaffenburger Stiftskanoniker Johan-
nes Schuppach im Jahre 1404 einen Teppich mit Szenen der Maria Schnee und der Hei-
ligen Drei Könige gestiftet habe, lag wohl eine Verwechslung zugrunde. In der Quelle ist
lediglich die Rede von einem „brevi thappeto, habens materiam et ymagines beate Marie
virginis et trium regum", d. h. einer einfachen Darstellung der Anbetung der Heiligen
Drei Könige; vgl. Aschaffenburger Stiftsnekrolog, StiA.Ab. 4141, fol. 96; und Fraun-
dorfer 1964, S. 181, Anm. 38.

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