dert behandelt werden. Auch hier richtet sich unser Interesse zuerst auf die techni-
schen Voraussetzungen und den materialen Zustand des Bildes, doch müssen zu-
sätzlich die verschiedenen Vorschläge einer alternativen Provenienz der Tafel dis-
kutiert werden, ebenso die zumeist damit einhergehenden Thesen über das Ausse-
hen des angeblich verlorenen Mittelbildes des Aschaffenburger Retabels.
Ein zweiter Ansatzpunkt der vorliegenden Arbeit ist die - in bewußter Opposi-
tion zu der von Walter Karl Zülch aufgestellten Behauptung, daß ein ikonogra-
phisch eigenständiger Typ der Maria Schnee nicht bestehe,8 formulierte - Frage
nach der allgemeinen Ikonographie von Maria-Schnee-Bildern. Da auf diesem
Gebiet fast keine Vorarbeiten existieren, müssen in einem ausführlichen Exkurs
zur Geschichte der Maria-Schnee-Legende, zu ihrer Verbreitung und Rezeption
außerhalb Roms sowie allgemein zur Bildtradition von Schneewunderdarstellun-
gen die im Laufe der Zeit veränderten spezifischen theologischen Inhalte jenseits
der anekdotischen Wundergeschichte erfaßt werden. Darüber hinaus gilt es zu un-
tersuchen, welche inhaltlichen und funktionalen Kategorien Maria-Schnee-Bilder
generell, vor allem aber im Kontext unter diesem Titel geweihter Altäre a priori
immer erfüllen mußten, mit dem Ziel, einen außerhalb des Aschaffenburger Stif-
tungskomplexes gelegenen, aber inhaltlich verbindlich definierten Bezugsrahmen
zu schaffen, in dem die Frage nach dem Mittelbild von Grünewalds Retabel auf
verbreiterter Grundlage neu diskutiert werden kann.
Ausgehend von den Ergebnissen der vorangegangenen Kapitel wird diese Dis-
kussion dann im letzten Teil der Arbeit auf drei Ebenen geführt. Wir fragen dabei
zuerst nach den Gemeinsamkeiten, die Heinrich Reitzmanns Aschaffenburger
Stiftung mit der allgemeinen Entwicklung der Maria-Schnee-Thematik verbinden.
Dabei soll insbesondere geklärt werden, in welchem Kontext der Stifter - und
über diesen vermittelt der Maler - die für das Erscheinungsbild des Retabels kon-
stitutiven Vorbilder rezipiert hat, um so vorab die Bereiche abzustecken, in deren
Grenzen dann auch nach formalen und ikonographischen Kriterien für die Gestal-
tung des Mittelbildes gesucht werden kann. Auf der Grundlage einer detaillierten
ikonographischen Analyse des Bildes ist dann als zweiter Schritt die grundsätzli-
che Eignung der Stuppacher Madonna als Maria-Schnee-Bild zu prüfen, wobei
diese Prüfung zuerst allgemein, danach jedoch unter besonderer Berücksichtigung
der für die Aschaffenburger Altarstiftung als gültig erkannten Kriterien, bil-
dimmanent vorgenommen werden muß. Die ikonographische Weiterentwicklung
sowie der Ausbau der Stiftung am Ort liefern weitere Parameter, an denen die
Entscheidung für oder gegen die Stuppacher Tafel als Mittelbild des Retabels ab-
schließend überprüft werden kann. Vor allem eine in ihrer Bedeutung als literari-
sche Reaktion auf Grünewalds Maria-Schnee-Retabel bislang nicht erkannte Ma-
rienhymne vermittelt mit ihrer bildhaften Sprache eine gute Vorstellung von der
das Mittelbild ursprünglich prägenden Symbolik.
Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse so-
wie deren Einordnung in die allgemeine Grünewaldforschung.
8 Vgl. Zülch 1938, S. 233.
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schen Voraussetzungen und den materialen Zustand des Bildes, doch müssen zu-
sätzlich die verschiedenen Vorschläge einer alternativen Provenienz der Tafel dis-
kutiert werden, ebenso die zumeist damit einhergehenden Thesen über das Ausse-
hen des angeblich verlorenen Mittelbildes des Aschaffenburger Retabels.
Ein zweiter Ansatzpunkt der vorliegenden Arbeit ist die - in bewußter Opposi-
tion zu der von Walter Karl Zülch aufgestellten Behauptung, daß ein ikonogra-
phisch eigenständiger Typ der Maria Schnee nicht bestehe,8 formulierte - Frage
nach der allgemeinen Ikonographie von Maria-Schnee-Bildern. Da auf diesem
Gebiet fast keine Vorarbeiten existieren, müssen in einem ausführlichen Exkurs
zur Geschichte der Maria-Schnee-Legende, zu ihrer Verbreitung und Rezeption
außerhalb Roms sowie allgemein zur Bildtradition von Schneewunderdarstellun-
gen die im Laufe der Zeit veränderten spezifischen theologischen Inhalte jenseits
der anekdotischen Wundergeschichte erfaßt werden. Darüber hinaus gilt es zu un-
tersuchen, welche inhaltlichen und funktionalen Kategorien Maria-Schnee-Bilder
generell, vor allem aber im Kontext unter diesem Titel geweihter Altäre a priori
immer erfüllen mußten, mit dem Ziel, einen außerhalb des Aschaffenburger Stif-
tungskomplexes gelegenen, aber inhaltlich verbindlich definierten Bezugsrahmen
zu schaffen, in dem die Frage nach dem Mittelbild von Grünewalds Retabel auf
verbreiterter Grundlage neu diskutiert werden kann.
Ausgehend von den Ergebnissen der vorangegangenen Kapitel wird diese Dis-
kussion dann im letzten Teil der Arbeit auf drei Ebenen geführt. Wir fragen dabei
zuerst nach den Gemeinsamkeiten, die Heinrich Reitzmanns Aschaffenburger
Stiftung mit der allgemeinen Entwicklung der Maria-Schnee-Thematik verbinden.
Dabei soll insbesondere geklärt werden, in welchem Kontext der Stifter - und
über diesen vermittelt der Maler - die für das Erscheinungsbild des Retabels kon-
stitutiven Vorbilder rezipiert hat, um so vorab die Bereiche abzustecken, in deren
Grenzen dann auch nach formalen und ikonographischen Kriterien für die Gestal-
tung des Mittelbildes gesucht werden kann. Auf der Grundlage einer detaillierten
ikonographischen Analyse des Bildes ist dann als zweiter Schritt die grundsätzli-
che Eignung der Stuppacher Madonna als Maria-Schnee-Bild zu prüfen, wobei
diese Prüfung zuerst allgemein, danach jedoch unter besonderer Berücksichtigung
der für die Aschaffenburger Altarstiftung als gültig erkannten Kriterien, bil-
dimmanent vorgenommen werden muß. Die ikonographische Weiterentwicklung
sowie der Ausbau der Stiftung am Ort liefern weitere Parameter, an denen die
Entscheidung für oder gegen die Stuppacher Tafel als Mittelbild des Retabels ab-
schließend überprüft werden kann. Vor allem eine in ihrer Bedeutung als literari-
sche Reaktion auf Grünewalds Maria-Schnee-Retabel bislang nicht erkannte Ma-
rienhymne vermittelt mit ihrer bildhaften Sprache eine gute Vorstellung von der
das Mittelbild ursprünglich prägenden Symbolik.
Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse so-
wie deren Einordnung in die allgemeine Grünewaldforschung.
8 Vgl. Zülch 1938, S. 233.
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