RITTERORDEN UND RITTERLICHE GELÜBDEN 113
des edlen Ritterspieles, trägt symbolische Namen. Der Wappenkönig
selbst heißt Toison d’or, so z. B. Jean Lefevre de Saint Remy, und eben-
so noch Nikolaus von Hames, von dem Bund der niederländischen
Edlen 1565 bekannt. Die Herolde tragen Ländernamen: Charolais,
Zelande. Der Erste der poursuivants heißt Fusil, nach dem Feuerstein
in der Ordenskette, dem Emblem Philipps des Guten. Die anderen
tragen Namen mit romantischem Beigeschmack wie Montreal, oder von
Tugenden wie Perseverance (Ausdauer), oder Namen der Allegorie des
Rosenromans entlehnt, wie z. B. Humble Requeste, Doulce Pensee, Leal
Poursuite. Bei den großen Festen werden solche poursuivants feierlich
durch eine Besprengung mit Wein auf diese Namen durch den Groß-
meister getauft, oder er verändert ihre Namen bei einer Erhebung in
einen höheren Rang1).
Die Gelübde, die der Ritterorden auferlegte, sind nur eine feste
Kollektivform der persönlichen ritterlichen Gelübde, irgendeine Helden-
tat zu vollbringen. Dies ist vielleicht der Punkt, an dem man die Grund-
lagen des Ritterideals am besten in ihrem Zusammenhang sieht. Wer
dazu geneigt wäre, den Zusammenhang von Ritterschlag, Turnier und
Ritterorden mit primitiven Gebräuchen für einen Einfall zu halten,
findet beim ritterlichen Gelübde den barbarischen Charakter so an der
Oberfläche liegen, daß kein Zweifel mehr möglich ist. Es sind echte
„survivals“, wofür Parallelen im altindischen vratam, in der Nasoräer-
schaft der Juden und am unmittelbarsten vielleicht in den Gewohn-
heiten der Normannen aus ihrer Sagenzeit zu finden sind.
Es handelt sich hier jedoch nicht um das ethnologische Problem,
sondern um die Frage, welchen Wert die Gelübde im spätmittelalter-
lichen Geistesleben selbst hatten. Es sind drei Werte möglich. Das
ritterliche Gelübde kann eine religiös-ethische Bedeutung haben, die
es in eine Reihe stellt mit geistlichen Gelübden; sein Inhalt und seine
Bedeutung können auch romantisch-erotischer Art sein, und schließlich
kann das Gelübde zu einem höfischen Spiel entartet sein, ohne mehr
Bedeutung als ein Zeitvertreib zu haben. Tatsächlich sind alle diese
D La Marche, III, p. 201; IV, p. 67; Lefevre de S. Remy, II, p. 292; das
Zeremoniell solch einer Taufe bei Humphrey von Glocesters Herold Nicolas
Upton, De officio militari, ed. E. Bysshe (Bissaeus), London 1654, lib. I, c.
XI, p. 19,
8 Huizinga, Mittelalter
des edlen Ritterspieles, trägt symbolische Namen. Der Wappenkönig
selbst heißt Toison d’or, so z. B. Jean Lefevre de Saint Remy, und eben-
so noch Nikolaus von Hames, von dem Bund der niederländischen
Edlen 1565 bekannt. Die Herolde tragen Ländernamen: Charolais,
Zelande. Der Erste der poursuivants heißt Fusil, nach dem Feuerstein
in der Ordenskette, dem Emblem Philipps des Guten. Die anderen
tragen Namen mit romantischem Beigeschmack wie Montreal, oder von
Tugenden wie Perseverance (Ausdauer), oder Namen der Allegorie des
Rosenromans entlehnt, wie z. B. Humble Requeste, Doulce Pensee, Leal
Poursuite. Bei den großen Festen werden solche poursuivants feierlich
durch eine Besprengung mit Wein auf diese Namen durch den Groß-
meister getauft, oder er verändert ihre Namen bei einer Erhebung in
einen höheren Rang1).
Die Gelübde, die der Ritterorden auferlegte, sind nur eine feste
Kollektivform der persönlichen ritterlichen Gelübde, irgendeine Helden-
tat zu vollbringen. Dies ist vielleicht der Punkt, an dem man die Grund-
lagen des Ritterideals am besten in ihrem Zusammenhang sieht. Wer
dazu geneigt wäre, den Zusammenhang von Ritterschlag, Turnier und
Ritterorden mit primitiven Gebräuchen für einen Einfall zu halten,
findet beim ritterlichen Gelübde den barbarischen Charakter so an der
Oberfläche liegen, daß kein Zweifel mehr möglich ist. Es sind echte
„survivals“, wofür Parallelen im altindischen vratam, in der Nasoräer-
schaft der Juden und am unmittelbarsten vielleicht in den Gewohn-
heiten der Normannen aus ihrer Sagenzeit zu finden sind.
Es handelt sich hier jedoch nicht um das ethnologische Problem,
sondern um die Frage, welchen Wert die Gelübde im spätmittelalter-
lichen Geistesleben selbst hatten. Es sind drei Werte möglich. Das
ritterliche Gelübde kann eine religiös-ethische Bedeutung haben, die
es in eine Reihe stellt mit geistlichen Gelübden; sein Inhalt und seine
Bedeutung können auch romantisch-erotischer Art sein, und schließlich
kann das Gelübde zu einem höfischen Spiel entartet sein, ohne mehr
Bedeutung als ein Zeitvertreib zu haben. Tatsächlich sind alle diese
D La Marche, III, p. 201; IV, p. 67; Lefevre de S. Remy, II, p. 292; das
Zeremoniell solch einer Taufe bei Humphrey von Glocesters Herold Nicolas
Upton, De officio militari, ed. E. Bysshe (Bissaeus), London 1654, lib. I, c.
XI, p. 19,
8 Huizinga, Mittelalter