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umhüllt, das sorgsam geordnete von einer Binde zusammengehaltene Haar bezeichnen beide als Frauen
oder Mädchen von einem gewissen Rang. Die eine beugt sich, hinter Silen stehend zu ihm nieder, indem
sie die Linke auf seine Schulter legt und ihm vielleicht mit der Rechten, wenn Heibig und Heydemann
richtig gesehen haben, das schwere Trinkhorn
regieren hilft. So erinnert sie etwas an die dem
Iason den Verjüngungstrank reichende Medea auf
dem bekannten etruskischen Spiegel, den ich des
Vergleichs halber nach Mon. d. List. XI 3 n. 7 1)
hier verkleinert abbilde. Die andere Frauengestalt
steht mit dem Rücken gegen den Esel gelehnt,
dessen Zügel sie mit der Rechten gehalten zu
haben scheint. Ihre Blicke haften mit unverhoh-
lenem Erstaunen auf dem trinkenden Silen. Un-
schwer erräth man, dass die beiden Frauen dem
müden Silen von seinem Esel herabgeholfen, ihm
auch wohl den Schlauch heruntergehoben und nun
sich, die eine mit dem wunderlichen Gast, die
andere mit seinem Reitthier, beschäftigen.
Was sich über den der Situation zu Grunde
liegenden Mythos aus dem Bilde selbst erschliessen
lässt, ist Folgendes. Silen ist von Dionysos und
dessen Thiasos abgekommen, etwa wie damals, als er in die Rosengärten des Midas gerieth. Lange
ist er umhergeirrt und kommt endlich in ein Athena-Heiligthum, wo ihn zwei Priesterinnen oder zwei
Königstöchter — beide Auffassungen sind zunächst gleichberechtigt — in ähnlicher Weise finden und
freundlich aufnehmen, wie die Töchter des Keleos die auf der rcLxqa äyeXaazog am Parthenion-Brunnen
rastende Demeter.
3'Eoxi de Xl&og ov [xeyag, akV boov ■/,a&lCeo&ai f-ir/.QÖv avÖQa- hil xovccol Xtyovoiv, fjvma diö-
vvoog i)ld-ev ig xi)v yTjV, d/t07tavoaad-ai xöv 2lX^v6v. So lesen wir bei Pausanias in der Beschreibung
der athenischen Burg I 23,5. Dass /.uxqov weder mit Schubart und Walz für corrupt zu halten noch
mit 0. Jahn zu tilgen sei, lehrt die einfache Erwägung, dass Silen in einem gewissen Typus als kleines
Männlein erscheint2) und dass sich die Höhe des Sitzes nach der Grösse des Sitzenden bestimmt. Da
hätten wir denn auch litterarisch bezeugt eine Situation, die der auf dem Bilde dargestellten durchaus
J) Vgl. Körte EtrusMsche Spiegel Y 93.
2) Lukian Bacch. 2 'Iva fxt'v xwa Soa/^vv, notaßvii]v, inona/w xtX. und von Bildwerken z. B. die pompejani-
schen Gemälde Heibig 1237. 1239.
umhüllt, das sorgsam geordnete von einer Binde zusammengehaltene Haar bezeichnen beide als Frauen
oder Mädchen von einem gewissen Rang. Die eine beugt sich, hinter Silen stehend zu ihm nieder, indem
sie die Linke auf seine Schulter legt und ihm vielleicht mit der Rechten, wenn Heibig und Heydemann
richtig gesehen haben, das schwere Trinkhorn
regieren hilft. So erinnert sie etwas an die dem
Iason den Verjüngungstrank reichende Medea auf
dem bekannten etruskischen Spiegel, den ich des
Vergleichs halber nach Mon. d. List. XI 3 n. 7 1)
hier verkleinert abbilde. Die andere Frauengestalt
steht mit dem Rücken gegen den Esel gelehnt,
dessen Zügel sie mit der Rechten gehalten zu
haben scheint. Ihre Blicke haften mit unverhoh-
lenem Erstaunen auf dem trinkenden Silen. Un-
schwer erräth man, dass die beiden Frauen dem
müden Silen von seinem Esel herabgeholfen, ihm
auch wohl den Schlauch heruntergehoben und nun
sich, die eine mit dem wunderlichen Gast, die
andere mit seinem Reitthier, beschäftigen.
Was sich über den der Situation zu Grunde
liegenden Mythos aus dem Bilde selbst erschliessen
lässt, ist Folgendes. Silen ist von Dionysos und
dessen Thiasos abgekommen, etwa wie damals, als er in die Rosengärten des Midas gerieth. Lange
ist er umhergeirrt und kommt endlich in ein Athena-Heiligthum, wo ihn zwei Priesterinnen oder zwei
Königstöchter — beide Auffassungen sind zunächst gleichberechtigt — in ähnlicher Weise finden und
freundlich aufnehmen, wie die Töchter des Keleos die auf der rcLxqa äyeXaazog am Parthenion-Brunnen
rastende Demeter.
3'Eoxi de Xl&og ov [xeyag, akV boov ■/,a&lCeo&ai f-ir/.QÖv avÖQa- hil xovccol Xtyovoiv, fjvma diö-
vvoog i)ld-ev ig xi)v yTjV, d/t07tavoaad-ai xöv 2lX^v6v. So lesen wir bei Pausanias in der Beschreibung
der athenischen Burg I 23,5. Dass /.uxqov weder mit Schubart und Walz für corrupt zu halten noch
mit 0. Jahn zu tilgen sei, lehrt die einfache Erwägung, dass Silen in einem gewissen Typus als kleines
Männlein erscheint2) und dass sich die Höhe des Sitzes nach der Grösse des Sitzenden bestimmt. Da
hätten wir denn auch litterarisch bezeugt eine Situation, die der auf dem Bilde dargestellten durchaus
J) Vgl. Körte EtrusMsche Spiegel Y 93.
2) Lukian Bacch. 2 'Iva fxt'v xwa Soa/^vv, notaßvii]v, inona/w xtX. und von Bildwerken z. B. die pompejani-
schen Gemälde Heibig 1237. 1239.