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Das fünfte und letzte der aus Herculaneum stammenden Marmorbilder, das wir in dem dies-
jährigen "Wmckelmanns-Programm besprechen wollen, ist an demselben Tage1) und wahrscheinlich auch
in demselben Zimmer wie die Tragödienscene und der Kentaurenkampf gefunden worden, war indessen
bereits bei seiner Aufdeckung so zerstört, dass sich nach der Versicherung der herkulanensischen Aka-
demiker kaum noch die Umrisse erkennen Hessen. Das vesattissimo disegno" von Camillo Paderni,
das dem Stich des Nicola Billy in den Pittlire d'Ercolano I tav. 3 zu Grunde liegt, leidet denn auch
an starken Missverständnissen, deren eines für die Deutung lange Zeit verhängnissvoll gewesen ist.
H. K. E. Köhler,2) Inghirami3) und selbst noch Thiersch4) haben diesen Stich auf Treue und Glauben
hingenommen und einfach nachstechen lassen. Die schlimmsten Fehler hat zuerst Gerhard in seiner
Beschreibung berichtigt5), und auf ihm fussend brachte bald darauf Jorio6) in der zweiten Auflage
seines Guide die erste in den wesentlichen Punkten exakte, wenn auch nicht stilistisch getreue Publi-
cation, die später von Gerhard7) und neuerdings von Paul Girant8) wiederholt worden ist. Den heutigen
Zustand giebt mit peinlicher Genauigkeit das auf unserer Tafel reproducirte Aquarell von Gillieron
wieder. Bei der kläglichen Erhaltung erschien es indessen hier noch mehr als bisher geboten, die
früheren Original-Publicationen trotz ihrer offenkundigen Mängel gleichfalls zu Rathe zu ziehen. Ich
habe sie deshalb auch in etwas grösserem Massstab auf S. 2 und 3 abbilden lassen. Ausserdem ist
von besonderer Wichtigkeit die sorgfältige Beschreibung Helbigs9), dem wieder Notizen von Heydemann
zu Gebote standen, der das Bild unter besonders günstigen Umständen zu prüfen Gelegenheit hatte.
*) 24. Mai 1749. Vgl. A7otivgemälde eines Apobaten, XIX. Hallisches "Wmckelmanns-Programm S. 2. Kentauren-
kampf und Tragödienscene, XXII. Hallisches "Wmckelmanns-Programm S. 1.
■) Description d'un vase de bronxe et d'un tableau d'Rerculanum, 1810 (Ges. Abb. VI. S. 103, Tat. 12).
3j Galleria omerica I. 1828, Taf. 101.
4) Dissertatio qua probatur veterum artificum opera veterumpoetarum earminibus optirne e.rplicari 1835, tab. III.
5) Neapels antike Bildwerke 1828, S. 430. Die in der Anmerkimg versprochene Zeichnung sollte nachgeliefert
werden (s. Vorrede XXXII), was aber wohl unterblieb, weil bald darauf Jorio die seinige veröffentlichte, die, da sie in
einigen Punkten von Gerhards Beschreibung abweicht, nicht die von diesem erwähnte sein kann.
6) Musee Royal Bourbon, Guide pour la Galerie des Peintures aneiennes. Deuxieme edition. Naples 1830.
7) Abhandl. der Berliner Akademie 1863 = Bilderkreis von Eleusis (Taf. IV 3).
s) Peinture antique p. 211, fig. 119.
9) Wandgemälde der vom Vesuv verschütteten Städte Campaniens S. 327, Nr. 1405.
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Das fünfte und letzte der aus Herculaneum stammenden Marmorbilder, das wir in dem dies-
jährigen "Wmckelmanns-Programm besprechen wollen, ist an demselben Tage1) und wahrscheinlich auch
in demselben Zimmer wie die Tragödienscene und der Kentaurenkampf gefunden worden, war indessen
bereits bei seiner Aufdeckung so zerstört, dass sich nach der Versicherung der herkulanensischen Aka-
demiker kaum noch die Umrisse erkennen Hessen. Das vesattissimo disegno" von Camillo Paderni,
das dem Stich des Nicola Billy in den Pittlire d'Ercolano I tav. 3 zu Grunde liegt, leidet denn auch
an starken Missverständnissen, deren eines für die Deutung lange Zeit verhängnissvoll gewesen ist.
H. K. E. Köhler,2) Inghirami3) und selbst noch Thiersch4) haben diesen Stich auf Treue und Glauben
hingenommen und einfach nachstechen lassen. Die schlimmsten Fehler hat zuerst Gerhard in seiner
Beschreibung berichtigt5), und auf ihm fussend brachte bald darauf Jorio6) in der zweiten Auflage
seines Guide die erste in den wesentlichen Punkten exakte, wenn auch nicht stilistisch getreue Publi-
cation, die später von Gerhard7) und neuerdings von Paul Girant8) wiederholt worden ist. Den heutigen
Zustand giebt mit peinlicher Genauigkeit das auf unserer Tafel reproducirte Aquarell von Gillieron
wieder. Bei der kläglichen Erhaltung erschien es indessen hier noch mehr als bisher geboten, die
früheren Original-Publicationen trotz ihrer offenkundigen Mängel gleichfalls zu Rathe zu ziehen. Ich
habe sie deshalb auch in etwas grösserem Massstab auf S. 2 und 3 abbilden lassen. Ausserdem ist
von besonderer Wichtigkeit die sorgfältige Beschreibung Helbigs9), dem wieder Notizen von Heydemann
zu Gebote standen, der das Bild unter besonders günstigen Umständen zu prüfen Gelegenheit hatte.
*) 24. Mai 1749. Vgl. A7otivgemälde eines Apobaten, XIX. Hallisches "Wmckelmanns-Programm S. 2. Kentauren-
kampf und Tragödienscene, XXII. Hallisches "Wmckelmanns-Programm S. 1.
■) Description d'un vase de bronxe et d'un tableau d'Rerculanum, 1810 (Ges. Abb. VI. S. 103, Tat. 12).
3j Galleria omerica I. 1828, Taf. 101.
4) Dissertatio qua probatur veterum artificum opera veterumpoetarum earminibus optirne e.rplicari 1835, tab. III.
5) Neapels antike Bildwerke 1828, S. 430. Die in der Anmerkimg versprochene Zeichnung sollte nachgeliefert
werden (s. Vorrede XXXII), was aber wohl unterblieb, weil bald darauf Jorio die seinige veröffentlichte, die, da sie in
einigen Punkten von Gerhards Beschreibung abweicht, nicht die von diesem erwähnte sein kann.
6) Musee Royal Bourbon, Guide pour la Galerie des Peintures aneiennes. Deuxieme edition. Naples 1830.
7) Abhandl. der Berliner Akademie 1863 = Bilderkreis von Eleusis (Taf. IV 3).
s) Peinture antique p. 211, fig. 119.
9) Wandgemälde der vom Vesuv verschütteten Städte Campaniens S. 327, Nr. 1405.
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